Armegeddon Rock
nicht?« fragte Sandy, ein bißchen verwirrt von dem Gedanken, den Inhalt seines ersten Romans mit einem Deputy in den Wäldern von Maine auf dem Weg zum Schauplatz eines Mordes durchzukauen.
»Weil Ihr Held ein Arschloch ist. Worum geht’s? Er hat endlich ’n anständigen Job, er macht etwas Geld, hat zum ersten Mal in seinem Leben Verantwortung, und er schmeißt alles hin. Für was? Nicht mal er weiß es. Wenn ich mich richtig erinnere, hört es damit auf, daß er eine Straße entlangläuft und sich fragt, wohin sie führt. Es kümmert ihn nicht mal, daß er arbeitslos ist, daß er jeden im Stich gelassen hat, der sich auf ihn verlassen hat.«
»Aber darum geht’s doch«, sagte Sandy. »Es kümmert ihn wirklich nicht. Es ist ein Happy-End. Er ist frei. Endlich. Er hat aufgehört, sich zu verkaufen.«
»Möchte wissen, wie lang das gedauert hat«, sagte Parker.
»Was meinen Sie damit?«
»Wann haben Sie das Buch geschrieben?«
»Ich hab damals so ’69 rum damit angefangen, aber ich bin nicht dazu gekommen, es fertigzuschreiben, bis ich vor sieben Jahren vom Hog weggegangen bin.«
»Na gut«, sagte Parker, »dieses ganze Getue von wegen frei sein war damals ganz schön, aber ich würd’ gerne wissen, wie’s auf die Dauer damit steht. Wie gefällt Ihrem Burschen die Armut, nachdem er sie zehn Jahre genossen hat? Wo schneit er heutzutage mal eben so rein? Ich schätze, er kriegt jetzt nicht mehr so oft ’ne Frau ins Bett wie in Ihrem Buch. Ich möchte diesen Heini in den Achtzigern sehen, mein Freund. Ich halte jede Wette, daß er sich wieder verkauft.«
»Touché«, sagte Sandy mürrisch. »Na schön, der Roman ist ein bißchen naiv. Was soll ich sagen? Er war eine Reflektion seiner Zeit und seines sozialen Kontexts. Sie hätten dabeisein müssen.«
Parker warf ihm einen schnellen Blick zu. »Ich bin ungefähr so alt wie Sie.«
»Vielleicht hing es davon ab, auf welcher Seite der Barrikade Sie standen.«
»Ich war auf keiner Seite. Ich war drüben in Vietnam und hab auf mich schießen lassen, während Sie und Ihre Charaktere sich zugeknallt und durch die Betten geschlafen haben.« Der Deputy lächelte immer noch, aber in seiner Stimme schwang eine leichte Bitterkeit mit, die Sandy auf die Nerven ging.
»Sie waren da nicht wegen mir, mein Freund«, sagte Sandy. Das Thema war ihm unangenehm; er wechselte es. »Reden wir über diese Lynch-Geschichte. Wer hat’s getan?«
Parker hatte ein warmes Lachen. »Sie kommen direkt zur Sache. Zum Teufel, wir wissen nicht, wer’s getan hat.«
Sie waren vor einiger Zeit von der Hauptstraße abgebogen und schlängelten sich auf einer schmalen, unbefestigten Straße durch dichten Baumbestand. Im Licht des späten Nachmittags war alles orange- und rostfarben. Der Wagen fuhr holprig, aber Sandy breitete das Notizbuch auf seinem Knie aus und starrte auf einige seiner Fragen hinab. »Sie glauben, der Mörder ist von hier?« fragte er.
Parker lenkte den Wagen geschickt um eine scharfe Biegung. »Das ist zweifelhaft. Lynch ist ziemlich für sich geblieben. Soviel sollte Ihnen diese verdammte Straße sagen. Er mochte seine Zurückgezogenheit, glaube ich. Oh, ich vermute, es gab einige Spannungen zwischen Lynch und denen, die mit ihm zu tun hatten. Ich meine, er war nicht gerade anpassungsfähig. Aber keiner hatte irgendeinen Grund, loszugehen und ihn umzubringen, geschweige denn, es so zu tun… na ja, wie es gemacht wurde.«
»Ihm das Herz rauszuschneiden, meinen Sie?« sagte Sandy und machte sich eine Notiz. Die Bewegung des Wagens verwandelte seine Handschrift in Gekritzel.
Parker nickte. »Das hier ist Maine. So was macht man in New York. Oder vielleicht in Kalifornien«, fügte er nachdenklich hinzu.
»Haben sie’s gefunden?«
»Die Mordwaffe?«
»Das Herz.«
»Nein. Keins von beiden.«
»Na schön«, sagte Sandy. »Also war’s niemand von hier. Irgendeinen Verdacht dann? Ihr müßt doch gegen jemanden Ermittlungen anstellen.«
»Na ja, wir beschäftigen uns mit ein paar Theorien. Nichts scheint aber so recht zu passen. Zuerst dachten wir, vielleicht war es ein Raubüberfall. Mag sein, daß Lynch im Musik-Busineß kein Land mehr sah, aber er war immer noch höllisch reich. Davon abgesehen gibt es keinen Hinweis, daß irgendwas mitgenommen wurde.«
»Sie vergessen das Herz«, sagte Sandy.
»Ja«, meinte Parker zurückhaltend. »Das andere, woran wir denken, ist, daß vielleicht Drogen irgendwie eine Rolle spielten. Lynch ist ein paarmal vorbestraft, das
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