Armegeddon Rock
Information haben will. Warum ist das so geheim?«
»Seit die Nachricht von Lynchs Tod in den Zeitungen erschienen ist, haben wir schon drei Clowns gehabt, die angerufen haben, um ein Geständnis abzulegen. Wir werden noch mehr kriegen. Wir wissen, daß die Geständnisse Schwindel sind, weil keiner von denen ein paar Schlüsselfragen beantworten kann, die wir ihnen stellen. Ich will Ihnen eine dieser Fragen geben, und auch die Antwort.«
»Na schön«, sagte Sandy neugierig.
»Wir fragen sie, was auf der Anlage lief. Die Antwort…«
»Mein Gott«, unterbrach Sandy. »Die Nazgûl, stimmt’s?« Er platzte ohne nachzudenken damit heraus. Irgendwie wußte er plötzlich, daß es so sein mußte.
Deputy Davie Parker starrte ihn an, einen sehr merkwürdigen Ausdruck auf seinem langen Pferdegesicht. Seine Augen schienen nur ein winziges bißchen härter zu werden. »Das ist wirklich interessant«, sagte er. »Wie wär’s, wenn Sie mir mal erzählen, woher Sie das ganz zufällig wissen, Blair?«
»Ich… ich wußte es einfach, in dem Moment, als Sie dazu ansetzten, es zu sagen. Es mußte so sein. Lynch war ihr Manager. Das Album… ich würde alles drauf wetten, es war Music to Wake the Dead, stimmt’s?«
Parker nickte.
»Hören Sie sich den ersten Titel darauf an. Im Text geht’s irgendwo darum, jemandem das Herz rauszuschneiden. Es wirkte so… ich weiß nicht, so…«
»Passend«, sagte Parker. Er hatte ein leises, argwöhnisches Stirnrunzeln aufgesetzt. »Ich hab mir die Platte angehört, und mir ist diese Textstelle auch aufgefallen. Hat mich zum Nachdenken gebracht. Bei Manson und seinem Verein, da gab’s doch auch eine Verbindung zu einem Album, oder nicht?«
»Das Weiße Album der Beatles. Manson glaubte, die Musik würde zu ihm sprechen und ihm sagen, was er tun sollte.«
»Yeah. Darüber weiß ich ’n bißchen was. Bin losgegangen und hab mir ’n paar Bücher in der Bücherei im Ort geholt. Aber Sie wissen ’ne Menge mehr, Blair. Deshalb hab ich gedacht, Sie könnten vielleicht eine Hilfe sein. Wie steht’s damit? Könnte das hier noch so ’ne Manson-Sache sein?«
Sandy zuckte die Achseln. »Manson sitzt im Gefängnis. Einige von der Familie sind noch auf freiem Fuß, aber größtenteils in Kalifornien. Warum sollten sie nach Maine kommen, um Jamie Lynch kaltzumachen?«
»Was ist mit anderen Sekten von Spinnern? Wie Manson, nur anders?«
»Weiß ich nicht«, gab Sandy zu. »Ich hab schon lange keinen Kontakt mehr zu dieser abgedrehten Szene, deshalb kann ich wirklich nicht sagen, was sich da vielleicht abspielt. Aber die Nazgûl… es müßten welche in unserem Alter sein, würde ich meinen, wenn sie sich ihre fixen Ideen von den Nazgûl holen. Das ist eine Gruppe aus den Sechzigern, und sie haben sich schon vor mehr als einem Jahrzehnt aufgelöst. Music to Wake the Dead war ihr letztes Album. Sie haben seit West Mesa kein Stück mehr gespielt oder aufgenommen.«
Parkers Augen verengten sich. »Das ist noch so was sehr Interessantes, was Sie gerade gesagt haben, mein Freund. Nur weiter. Was ist West Mesa?«
»Sie machen Witze«, sagte Sandy.
Parker schüttelte den Kopf.
»Zum Teufel«, sagte Sandy, »West Mesa ist berühmt. Oder berüchtigt. Haben Sie nie die Berichte im Fernsehen gesehen? Sie haben sogar eine Dokumentation gemacht.«
»In der entmilitarisierten Zone war der Empfang ziemlich schlecht«, sagte Parker.
»Sie sind kein Rockfan, soviel ist mir klar. West Mesa war ein Rockkonzert, eins der drei, von denen jeder gehört hat. Woodstock war die Morgendämmerung, Altamont war der Einbruch der Dunkelheit, und West Mesa war die pure, schwarze, alptraumhafte Mitternacht. Sechzigtausend Leute draußen bei Albuquerque, im September 1971. So klein wie so was nun mal ist. Die Nazgûl waren die Headliner. Mitten in ihrem Auftritt blies jemand ihrem Leadsänger Patrick Henry Hobbins mit einem Hochdruckgewehr den Schädel weg. Acht weitere Leute starben in der Panik, die darauf folgte, aber es wurde nicht mehr geschossen, nur diese eine Kugel. Sie haben den Killer nie erwischt. Er verschwand in der Nacht. Und die Nazgûl haben nie wieder gespielt. Music to Wake the Dead war bereits aufgenommen, und sie haben das Album ungefähr drei Wochen nach West Mesa rausgebracht. Selbstredend hat es ein Heidengeld gemacht. Lynch und die Plattenfirma haben jede Menge Druck auf die drei überlebenden Nazgûl ausgeübt, mit einem Erinnerungsalbum für Hobbins nachzustoßen oder ihn zu ersetzen oder die
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