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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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zu leben? Nein!«, antwortete er dann unwillig. Aber was waren das schon für Sorgen, wo sein Hof wuchs und gedieh. Das, worüber sie sprachen, lag zum Glück in weiter Ferne.
    Mit der Zeit erlernte er von Elda, dem Verwalter und schließlich seinem Onkel Ingoumer, der ihn oft besuchte und zu dem er sich als einzigen noch lebenden Blutsverwandten seiner Sippe besonders hingezogen fühlte, die Landwirtschaft. Obwohl Ingoumer ganz anders war als sein Vater, erinnerte er ihn dennoch an Segimer, und deshalb tat ihm seine Nähe gut.
    Fast fünf Jahre ohne Krieg hatten das Land aufblühen lassen, und Elda nannte Arminius immer öfter liebevoll spöttisch ›mein Bauer‹. In diesem Jahr fuhren sie eine reiche Ernte ein, und am nächsten Tag planten sie, ein Schwein zu schlachten, was immer mit einem Fest einherging.
    Da traf ein Bote der Usipeter ein. »Herr«, berichtete er atemlos, »die Truppen des Germanicus am Rhenus meutern.«
    »Aus welchem Grund?«, fragte Arminius.
    »Es heißt, Augustus sei tot.«
    Arminius musste sich setzen und starrte mit leeren Augen vor sich hin. Er konnte es nicht fassen. Seit seiner Geburt hatte der Princeps geherrscht, er konnte sich an keine Zeit seines Lebens erinnern, in der Rom und Augustus nicht eins gewesen waren. Ein Beben würde durch die Welt gehen, er spürte es bereits. »Gibt es einen Nachfolger?«
    »Ja, Tiberius.«
    Natürlich. Wie konnte er auch fragen? Kein anderer kam in Betracht. Seltsam, er empfand echte Trauer um den Mann, der ihn zum Ritter erhoben und gegen den er gekämpft hatte. Aber die Zeiten kamen und gingen und mit ihnen die Fürsten und Feldherren. Nur wenige gibt es unter ihnen, die wahre Größe besitzen, dachte Arminius. Varus hatte sie nicht, auch Marbod nicht, Tiberius vielleicht, Segestes nicht und Germanicus. Ja, was war mit Germanicus?
    »Ist das gut oder schlecht, dass der Mann in Rom tot ist?«, fragte ihn seine Tochter.
    »Ich weiß es nicht.«
    Elda, die vom Eintreffen eines Boten erfahren hatte, trat aus dem Haus. Als sie Arminius so nachdenklich sah, fragte sie besorgt: »Schlechte Nachrichten?«
    »Ich weiß es nicht. Der Kaiser ist tot.«
    Als sei Augustus ein naher Verwandter, schlug sie vor Schreck die Hände vor das Gesicht. »Das bedeutet Krieg!«
    Ihre Worte verwirrten ihn. »Erst einmal müssen sie die Truppen beruhigen, die meutern nämlich.«
    Das Argument berührte sie nicht. »Sie werden die Wut ihrer Truppen gegen uns schleudern!«
    Wieder einmal staunte Arminius über die intuitive Klugheit seiner Frau.
    »Du bist der König der Krieger. Du musst die Stämme nächst des Rhenus warnen und das Thing einberufen!«
    Er wehrte sich mit aller Gewalt gegen das Ansinnen seiner Frau, denn er hatte sich Hals über Kopf in den Frieden verliebt, in die gute Zeit des Säens und Erntens, des Mehrens des Besitzes.
    Elda packte ihn bei den Schultern und rüttelte ihn durch. »Was ist, Arminius? Bist du faul geworden? Du bist kein Bauer, du bist ein Fürst, ein Krieger!«, fuhr sie ihn an.
    Sie hatte ja nur allzu recht, leider. Er hob seine Tochter hoch, umarmte sie und drückte sie an sich, um dem Gefühl Ewigkeit zu verleihen. Als sei sie ein Sohn, beauftragte er sie: »Pass gut auf deine Mutter auf.« Dabei sah er ironisch lächelnd zu Elda hinüber.
    Diese begegnete seinem Blick mit einer fast grimmigen Heiterkeit: »Da kann mir ja nichts mehr passieren! Von der Obhut meines Mannes in die Obhut meiner Tochter.«
    Mit einem langen Kuss versiegelte er ihren Mund. Dann rief er Ansar zu: »Hol meine Waffen! Und du«, befahl er dem Boten: »reitest zu deinem Stamm und warnst ihn. Sie sollen Späher aufstellen und sich darauf vorbereiten, in den Wald zu fliehen. Richte das allen Stämmen aus, deren Gebiete auf deinem Wege liegen, den Angrivariern, den Chauken, Batavern und den Brukterern. Sie sollen die Nachricht weiter verbreiten. Je eher alle Bescheid wissen, umso besser. Ich reite zu den Chatten und Marsern! Und du, Elda, ihr bringt die Ernte ein. Dass mir kein Halm und kein Korn verloren gehen!«
    »Du weißt doch, wenn der Bauer aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse im Speicher!«, antwortete sie schnippisch.
    Er nahm die geliebte Frau zum Abschied noch einmal in den Arm und fühlte nur, dass er nicht gehen wollte. Diesen ganzen Besitz, den Ruhm und die Macht hätte er in diesem Augenblick dafür hergegeben, um als kleiner Bauer mit seiner Familie zu leben. Arminius hasste das alles, was ihn jetzt von zu Hause und von seiner kleinen Familie

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