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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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sie schwere Wunden zu versorgen hatten, und Trauernde. Letztere machten ihm den Tod ihrer Männer, Brüder und Väter nicht zum Vorwurf, den machte er sich nur selbst, denn der Feldherr durfte der Frage nicht ausweichen, ob er nicht eine List übersehen hatte, die Leben erspart hätte.
    In der Nacht aber, als sich endlich Ruhe auf die kleine Burg des Fürsten gesenkt hatte, nahm er Elda behutsam in den Arm, um seine Tochter nicht zu wecken, und liebte seine Frau zärtlich und sanft. Und plötzlich erinnerte er sich wieder, was ihm gefehlt hatte, begriff er, was für ein Vieh er doch die letzten Wochen über gewesen war.

    Velleius Paterculus brachte die Frauen und Kinder sicher an den Rhenus zurück. Zum ersten Mal erfuhren seine gereizten Nerven, die dem Zusammenbruch nahe gewesen waren, eine gewisse Beruhigung, als er in der Stadt der Ubier feststellte, dass Lucius Asprenas die Truppen aus Mogontiacum an den Rhenus geführt und mit dieser Machtdemonstration die links des Flusses siedelnden Germanen wirksam vor Erhebungen jedweder Art gewarnt hatte. Auch war er klug genug gewesen, sich nicht verleiten zu lassen, den Rhenus zu überschreiten und sich in den Kampf zu stürzen. So blieb in der ganzen Katastrophe die westliche Germania den Römern erhalten.
    Aber was Asprenas und auch Caecus nicht zu begreifen vermochten, war der unfassliche Verrat des Arminius, denn sie hatten den jungen Ritter germanischen Blutes ins Herz geschlossen. Aber wie hätte ihnen das auch gelingen können, wo nicht einmal Velleius, der in die Ereignisse verstrickt und eng mit dem abtrünnigen Germanenführer befreundet war, sich diese Niedertracht erklären konnte?
    Drei Pferde ritt Velleius Paterculus zuschanden, um die Nachricht nach Rom zu bringen. In Wahrheit aber trieb ihn nicht das Verlangen, Augustus Meldung über die Katastrophe zu erstatten, sondern er floh, wollte nur Zeit und räumliche Entfernung zwischen sich und den Untergang der Legionen bringen. Sein Ritt glich der Flucht aus der Wirklichkeit, die er nicht mehr verstand. Eines Tages, so nahm er sich fest vor, würde er darüber schreiben und der Nachwelt berichten, was im Teutoburger Wald geschehen war und wie es dazu kommen konnte. Und der Held der Geschichte würde, das stand fest, nicht Arminius sein. Auch nicht Varus. Unbemerkt schob er dem unglücklichen Mann, der sich in sein eigenes Schwert gestürzt hatte, die ganze Verantwortung auch für sein eigenes Versagen zu. Ja, so war es, Varus trug an allem Schuld, Varus hatte die Germanen zu hart bedrängt, und dann fanden diese widerspenstigen und gereizten Leute noch einen Führer in einem verräterischen und ehrgeizigen römischen Offizier. Ach, Barbaren würden immer Barbaren bleiben und nie Römer werden, man kannte sich nicht aus mit ihnen, nicht mit den fremden Regungen ihres Herzens. Aber wer würde der Held seiner Geschichte werden, fragte sich Velleius, als er über die Alpen nach Hause preschte. Wer? Augustus, Germanicus oder Tiberius? Seltsam, aber als die Türme und Kuppeln von Rom vor ihm auftauchten und er sich erinnerte, wie die Stadt in der Nachmittagsgeschäftigkeit pulsierte, hatte er plötzlich eine Vision, die besagte, dass Augustus längst Geschichte war. Tiberius würde sein Held sein! Nicht der eitle Germanicus, nein, der erfahrene, der kluge Staatsmann und Feldherr, der ihn schon als Knabe dadurch geehrt hatte, dass er ihn in die Liebe einführte.

    Der Kaiser, Germanicus und Tiberius befanden sich im Speisezimmer und hielten eine cena ab, wie es dem Geschmack des Augustus entsprach, eher schlicht mit ein paar Vorspeisen und einer gegarten Ente in Honigsauce als Hauptgang. Dazu etwas rätischen Wein, fruchtig, wie ihn Tiberius liebte. An den Wänden des Gartenhauses, das als eines der Speisezimmer im Häuserkomplex des Augustus auf dem Palatin diente, standen Becken mit glühenden Holzkohlen, denn der Oktober des Jahres 9 hatte in Rom empfindlich kühl begonnen und kündete von einem langen, für römische Verhältnisse kalten Winter, der möglicherweise sogar Schnee bringen würde. Als der Kaiser sich auf das Speisesofa legte, hatte Tiberius im Stillen spöttisch zur Kenntnis genommen, dass Augustus unter der Toga bereits Wollzeug trug.
    »Was meinst du, Tiberius, wollen wir unseren jungen Helden tatsächlich in den Osten schicken?«, fragte Augustus und steckte sich eine Weintraube in den Mund, die er mit der Zunge zerdrückte, um die süßen Spritzer der Frucht auf den Geschmacksknospen in allen

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