Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
das, was im Wasteland als Reittier benutzt wurde, an der Stange vor einer der verrufeneren Kneipen von Covenant festmachte. Es war kein Zufall, dass das auch Kittys Lieblingslokal war.
»Daniel«, begrüßte Kitty ihn in ihrem freundlichsten Tonfall. »Bist du inzwischen zur Vernunft gekommen, oder bist du immer noch ein Idiot?«
»Zur Vernunft bin ich schon vor Jahren gekommen, Kitty.« Daniel trat von seinem Reittier weg. »Ajani hat mir das Leben gegeben, das ich verdiene. Und dir würde er alles schenken.«
»Außer dem, worauf es ankommt«, verbesserte Kitty ihn.
Daniel zuckte mit den Achseln.
»Bist du allein?«, fragte sie und sah sich auf der Straße um, die sich rasch leerte. Keiner von Ajanis anderen Lakaien schien in Sicht zu sein, aber das hieß noch nicht, dass sie – oder Ajani in Person – nicht in der Nähe waren.
»Der Boss ist nicht hier, aber wenn du mit ihm reden willst, könnte ich …«
»Nein«, unterbrach sie ihn. Bevor sie weitersprechen konnte, stürzte sich Daniel auf Jack, und die beiden gingen mit den Fäusten aufeinander los.
Kitty seufzte. Daniel hatte einmal zu ihren Leuten gehört, und sie hatte ihm vertraut und ihn gemocht, aber er war gegangen, als Kitty die überstürzt eingegangene Beziehung zwischen ihnen beendet hatte. Wie sie es sah, waren sie Freunde gewesen, die manchmal miteinander ins Bett gingen. Leider stellte sich heraus, dass Daniel glaubte, mehr für sie zu empfinden. Außerdem war er da gewesen, um die Arrivals auszuspionieren.
Jack fühlte sich also doppelt provoziert: Zum einen in seiner extremen Fürsorglichkeit ihr gegenüber und zum anderen, weil er Verrat nicht tolerierte. Im Ergebnis konnten sich die beiden Männer nicht mehr über den Weg laufen, ohne dass die Fäuste flogen. Kurz nachdem Daniel fortgegangen war, hatten sie einander einige Male getötet. Aber inzwischen zog Daniel seine Waffe nicht mehr, und Jack brachte es natürlich nicht fertig, ihn zu erschießen, weil er wusste, dass Daniel nicht zurückschießen würde. Ihr Bruder war so ehrenhaft, dass es schon an Dummheit grenzte. Sie nicht.
»Du hast zehn Minuten Zeit, Jack, wenn er dann noch aufrecht steht, erschieße ich ihn.«
Daniel war ein guter Boxer. Früher einmal hatte sie ihn gern in Aktion gesehen. Seit er zu einem von Ajanis Spitzenleuten aufgestiegen war, zeigte er sich jedoch zu einer Art kreativer Gewalt fähig, die ihr Unbehagen bereitete. Im Moment allerdings kämpfte er fair – und gut.
Kitty zog den Revolver, den sie an der linken Hüfte trug, und klappte die Trommel auf. Sie schüttelte zwei Kugeln heraus und ersetzte sie durch Francis’ mit Gift gefüllte Patronen.
»Dachte, du hättest zehn Minuten gesagt, Kitty.« Daniel warf ihr einen Blick zu und grinste. »Falls Edgar dir erzählt, dass Minuten so kurz sind, sollte ich dich vielleicht daran erinnern …«
»Pass auf dich auf, Danny.« Sie spannte den Abzug und warf ihrem einstigen Bettgefährten ein Grinsen zu.
»Wenigstens ist Edgar meiner Schwester würdig«, knurrte Jack und prügelte noch heftiger auf Daniel ein.
Als Jack einen weiteren Schlag anbrachte, taumelte Daniel zurück. Er wischte sich das Blut vom Mund und sah Kitty in die Augen. »Ich glaube nicht, dass du das tun wirst.«
Jack schüttelte den Kopf und brummte etwas, aber das Krachen ihrer Waffe verhinderte, dass sie es hörte.
Die Kugel traf Daniel in den Oberschenkel. Auf einen Wastelander hätte Kitty nicht so beiläufig geschossen, aber Daniel war – wie alle Mitglieder von Ajanis Gruppe – unsterblich. Selbst wenn er an der Verletzung starb, würde er wieder aufwachen. Im Gegensatz zu den Arrivals, die sich auf Jacks Seite schlugen, blieben Ajanis Leute grundsätzlich nicht tot.
Sie spannte die Waffe erneut und überlegte, wohin sie diesmal schießen sollte. Aber bevor sie feuern konnte, schaltete sich Jack ein. »Katherine! Das reicht jetzt.«
Kitty verdrehte die Augen. »Nur, weil du nicht mehr auf ihn schießt, heißt das nicht, dass ich es nicht kann.«
»Und das ist der andere Grund, aus dem Ajani dich will. Du bist blutrünstig.« Daniel riss sich das Hemd herunter, um seine Wunde zu verbinden. Er sah immer noch gut aus, und er wusste das auch. »Möchtest du mir ein wenig helfen?«, fragte er, und bei dem Klang der vertrauten Wärme in seiner Stimme musste sie sich eines Lächelns erwehren.
»Fahr zur Hölle.«
»Sind wir das nicht schon?«, gab Daniel leise zurück.
Als weder Kitty noch Jack antworteten, sah Daniel
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