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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauricio Borinski
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Schweißfüßen zu pulen, kleine Stücke abzureißen und dann an ihnen zu schnüffeln und zu schmecken.
    Weil ich dann nicht weiß, was ich machen soll, setze ich mich in ein Internetcafé und kontaktiere Anne über einen meiner erfundenen Avatare.
    dr. no: 18.21.17
fräulein mayday. was haben Sie am wochenende unternommen?
    mayday: 18.21.25
ach, wissen Sie, ich habe nur zuhause rumgesessen. mich treibt nichts in die noble gesellschaft von heute. am vergangenen wochenende hat jemand aus meinem beruflichen umfeld eine spendengala veranstaltet, aber ich hatte keine lust, dort hin zu gehen. ich kann es nicht ausstehen, gespräche über das wetter, film, fussball, fernsehen und ficken zu führen und vor all den dingen zu hören. das habe ich doch schon alles unter der woche. das benötige ich nicht noch am wochenende, schließlich ist die hälfte meiner mir unterstellten kollegen närrisch, andere sind allzu gerissen, ein paar recht sanftmütig und einfältig und wieder andere, die schöngeistig tun. bei allen ist die hauptbeschäftigung: die liebe, danach kommt das gebrabbel über den geschlechtsakt, über betäubungsmittelabusus und über technogewummer, gefolgt von der üblen nachrede und der zotenreißerei.
    dr. no: 18.23.09
meine liebe, Sie sprechen mir aus der seele. aber mich interessiert doch eher die galaveranstaltung. die probleme auf der arbeit sollen auf der arbeit bleiben. es ist das vergnügen, das mich interessiert.
    mayday: 18.23.24
es war eine spendengala. der gastgeber ist ein widerlicher typ. und trotzdem waren alle dort. es ist momentan gesprächsthema nummer eins. wie schön der abend doch war, mit seiner ganzen verlogenheit und aufgesetzten fröhlichkeit, dank cocktails ohne crush-eis.
    Aha.
    So denkt sie also über mich und meine Party. Das merke ich mir.
    mayday: 18.23.40
ich glaube fest daran, dass der gastgeber höchst unehrenhaft ist und sich auf kosten der masse bereichert. er würde damit nicht aus dem rahmen fallen. Sie brauchen nur die tageszeitung aufzublättern.
    dr. no: 18.23.51
das böse lauert überall, meistens natürlich in der dunkelheit. doch
ich bin der meinung, nur wenn böses existiert, wovon wir ja genug kennen, erst dann existiert auch das gute.
    mayday: 18.23.55
das stimmt, aber es steht in keinerlei verhältnis zueinander! leider muss ich nun schluss machen. sonst würde ich Ihnen mehr vom guten schein und bösen sein berichten. ich will früh ins bett. ich habe mir ein neues kissen zugelegt. es soll gegen kopfschmerzen helfen. das kann ich nur hoffen, denn morgen geht es zur arbeit.
    Auch ich beende meine Sitzung im Internetcafé und versuche von der nächsten Telefonzelle aus erneut meine türkische Putzfrau zu erreichen. Sie nimmt nach dem vierten Klingeln ab.
    „Hey Mounia, ich bin‘s noch mal.“
    „Was ist? Ich sauge gerade deinen Dreck weg. Und davor habe ich die ganzen Flaschen eingesammelt, den Müll zusammengefegt, das Geschirr gespült. Und das Bad muss ich auch noch wischen!“
    „Das Problem ist, dass der Lohn von den Spenden bezahlt werden muss.“
    „Ja und, was kümmert mich das?“
    Ich bin erstaunt über ihre Gleichgültigkeit. „Wenn du den vollen Stundenlohn nimmst, dann kommt nur noch ein Drittel des gespendeten Betrags in Thailand an! Willst du das?“
    „Nein, das will ich nicht, aber ich brauche mein Geld.“
    „Aber die Menschen in Thailand brauchen es noch viel dringender!“
    „Du hast recht, aber ich bin jetzt schon seit drei Stunden zugange, noch lange nicht fertig und umsonst mache ich den Dreck bestimmt nicht weg!“
    „Wie sollen wir das dann machen?“
    „Ich spende eine Stunde putzen! Was sagst du dazu?“
    In Thailand verrecken Menschen und sie ist bereit, eine Stunde, also acht Euro zu spenden. Eine Stunde! Nur eine Stunde. Was soll ich denn davon halten?
    „Wieso nicht zwei?“
    „Also jetzt hör‘ mir mal zu. Ich verzichte auf eine bezahlte Stunde, oder nichts! Das ist mein letztes Angebot!“
    Zähneknirschend willige ich ein.
    „Wenn du das mit deinem Gewissen vereinbaren kannst?“
    „Natürlich kann ich das! Ich spende doch was.“
    „Aber du könntest mehr spenden!“
    „Nein, kann ich nicht!“, sagt sie und legt auf.
    Ich hänge den Hörer ein, laufe weiter durch die Fußgängerzone und entdecke in einem Schaufenster ein neues Handy, über das ich schon eine Menge im Internet erfahren habe. Das könnte gut zu mir passen. Und da ich vor ein paar Tagen die peinliche Erfahrung gemacht habe, dass Anne und ich

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