Heute Morgen, ganz in der Früh, als die Läden noch geöffnet waren, habe ich mir einen praktischen Gurt zum Umhängen zugelegt, in dem eine breite Geschmackspalette an Klopfern steckte. Doch inzwischen ist der Bombengürtel leer. Das einzige, was noch übrig ist, sind die roten Kerzen, die aussehen wie Dynamitstangen.
Das Schwarze Schaf platzt bereits am Nachmittag aus allen Nähten. Die Klimaanlage ist überfordert, es ist heiß und stickig. Es stinkt nach Menschenmasse. Ich zwänge mich durch die Menge hässlicher Kreaturen bis hin zur Toilette, auf der es nach Kotze riecht und man beim Pinkeln in Pisse steht. Ich stelle mich an ein Pissoir und suche nach einer Öffnung im Kaftan. Da es die nicht gibt, muss ich einmal unter ihn greifen, erst dann kann ich die Knöpfe meiner Hose öffnen. Ein satter Strahl hellen Urins ergießt sich in das weiße Pissoir und ich entdecke mein Spiegelbild auf der Spülung. An dem Turban erkenne ich wie ich schwanke. Mann, bin ich stramm. Von links ertönt ein Würgen und ein Kerl, der irgendetwas von Oli P. hat und als Wikinger verkleidet ist, lehnt sich an ein Pissoir neben mir und übergibt sich. Ein paar Tropfen landen auf meinen Schuhen. Ich schüttele den letzten Tropfen von der Eichel, schließe die Knöpfe, werfe den Kaftan wieder über meine Hose und torkele rüber zur Theke. Ich bestelle mir einen Wodka Redbull, scanne den Laden nach ficktauglichen Bräuten ab und begebe mich auf die Tanzfläche. Irgendwann tanze ich zu deutschen Schlagerhits.
„Und dann die Hände zum Himmel, komm lasst uns fröhlich sein. Wir klatschen zusammen und keiner ist allein!“
Ich tanze noch lange weiter und gröle laut zu Udo Jürgens und Costa Cordalis und was weiß ich wozu. Es ist unglaublich, was für beschissene Texte man irgendwoher aus seinem Gehirn hervorholt, wenn man total besoffen ist.
09.02.2005
Ich weiß nicht mehr ganz genau, was ich gemacht habe. Nur das Video, das ich gedreht habe, das bereits fertig geschnitten unter dem Namen >drunk girl turns me on< abgespeichert ist, kann mir Auskunft über meine Taten geben, aber das erfasste selbst im Rohzustand leider nicht den kompletten Zeitraum von acht Uhr abends bis zwei Uhr morgens. Ob ich mich mit der Aktion straffällig gemacht habe, weiß ich nicht. Angeblich war sie 19 Jahre alt, aber bei den Gören heutzutage kann man nie wissen. Die haben ja schon Silikontitten, wenn sie in die Grundschule kommen.
10.02.2005
Michael teilt mir gleich zu Beginn meiner Arbeit mit, dass Bertolt Brecht genau heute vor 107 Jahren in Augsburg geboren wurde.
„Aha!“, sage ich, begebe mich an meinen Schreibtisch und schalte meinen Rechner an. Bertolt Brecht? Wer ist Bertolt Brecht?
12.02.2005
Als ich zur Mittagspause einen Blick auf das Schwarze Brett werfe, entdecke ich einen Aushang der Marketingabteilung. Für das Katalog-Update, das im März erscheint, wird ein Mitarbeiter gesucht, der kurz über den Job hier in unserer Firma berichtet. Da trage ich mich doch gleich mal ein.
14.02.2005
Nachdem ich mir auf dem Klo einen auf Daniela runtergeholt habe, setze ich mich wieder an meinen Arbeitsplatz und checke meine E-Mails. Die Marketingabteilung hat mir geschrieben. Da bin ich ja gespannt, was die zu berichten hat.
VON:
[email protected] AN:
[email protected] BETREFF: Interview
Hallo Moritz,
Wir haben uns entschieden, dich mit in den Katalog hineinzubringen. Dafür musst du das Formular, das sich im Anhang befindet bitte so schnell wie möglich ausgefüllt wieder an mich zurück schicken. In der nächsten Woche machen wir noch ein paar Fotos für das Update. Ich werde mich bei dir melden, wenn du an der Reihe bist. Wenn du weitere Fragen bezüglich des Interviews haben solltest,
dann melde dich.
Gruß
Michael
Mitarbeiter Interview Update 01/2005.doc 38 kb
Ich lade die Datei auf meinen Rechner und mache mich, obwohl sich mehrere Kunden in der Warteschleife befinden, sofort über den Fragenkatalog her.
Ein paar Minuten vor Feierabend schicke ich meine Antworten zurück an Michael, rauche in aller Ruhe eine Zigarette, mache pünktlich Schluss und fahre dann zu meiner Tiefenreinigung und Rückenbehandlung in einem thailändischen Beauty-Center. Mit diesem Wellness Abend habe ich den gesamten Spendenbetrag unters Volk gebracht. Doch nach den anstrengenden letzten Tagen, dem ganzen Stress vor, während und nach der Spendenparty, habe ich dieses Happy End auch verdient.
20.02.2005
„Hi Moritz! Komm rein!“,