Arschloch!
verbrannt.
Ich packe meine Utensilien ein und fahre zum vereinbarten Treffpunkt. Nach Roxel, einem sozialstarken Stadtteil mit vielen 30er Zonen, verkehrsberuhigten Bereichen, einer Menge Einfamilienhäusern mit gepflegten Vorgärten und Schildern, die vor dem bösen Hund warnen. Ein gutbürgerlicher Traum, fast so wie der Stadtteil in dem ich aufwuchs. Wenn man die Gegend betrachtet könnte man fast annehmen, dass in diesen Straßen keine Neurotiker, Perverse und Pädophile residieren, so schön sieht das alles aus.
Als ich vor der Haustür eines Mehrfamilienhauses stehe und nach der Klingel suche, ziehe ich mir meine Lederhandschuhe über. Ich klingele einmal wie vereinbart und einen Moment später ertönt der Türöffner und ich drücke die Tür auf. Jemand macht mir höflicherweise Licht. Vielen Dank. Ich begebe mich in die zweite Etage. Die Wohnungstür ist einen Spalt geöffnet. Meine Kamera kommt jetzt zum Einsatz und als ich die Aufnahme starte, sehe ich, dass der Akku schon fast leer ist. So ein Mist. Hoffentlich reicht das. Ich checke den Namen an der Wohnungstür, denn eine Verwechselung hätte katastrophale Folgen auf mein polizeiliches Führungszeugnis. Auf der Klingel steht >Memel<. Ich bin richtig. Das beruhigt mich. Ich ziehe die Edmund-Stoiber-Maske auf. Dann kann es losgehen.
Langsam öffne ich die Wohnungstür und betrete die Wohnung. Am Ende des Flurs sehe ich ein schwaches, rotes Licht aus einem der hinteren Zimmer. Es sieht alles aus wie in einem Puff. Es riecht sogar so. Als hätte sie ihre Muschi wie eine rollige Katze an jeder Wand entlang gezogen. Ich gehe weiter bis ich in der Tür zum Schlafzimmer stehe. Teresa de Vincenzo, die im wahren Leben Helen Memel heißt und aussieht wie Charlotte Roche, begrüßt mich mit einem: „Hattest du keine Sturmmaske?“ Sogar ihre Stimme klingt wie die von Charlotte Roche. So ein bisschen lächerlich.
„Nein, leider nicht. Das war die einzige Maske, die ich auf die Schnelle finden konnte.“ Ich lege meine Tasche auf ihren Schreibtisch, neben ein paar, mit Zahnstochern aufgespießte Avocado-Kerne, die in halbgefüllten Gläsern stecken, stelle mein Stativ auf und montiere meine Kamera.
„Ich will nicht, dass du das filmst!“, sagt sie und steht von ihrem Bett auf. Ich schnappe mir die Gaffatape-Rolle und schreie: „HALT DIE FRESSE! DU HAST ÜBERHAUPT NICHTS ZU SAGEN! VERGEWALTIGUNGEN VON HEUTE SIND SO!“ Sie hat wohl vergessen, dass sie eine Frau und zum Kampfe mit den Männern nicht geschaffen ist. Dann stürze ich mich auf sie. Ungefähr so wie ein Triebtäter, der sich mitten im Wald auf eine Sechsjährige stürzt.
04.04.2005
Nach der Arbeit fahren Daniela und ich in das Zentrum der lebenswertesten Stadt der Welt. Ich brauche ein neues Handy. Die Stadt ist angenehm gefüllt. Nicht zu leer und nicht zu voll. Genau richtig. Ein paar Tussis, die irgendetwas von den >Desperate Housewifes< haben, sitzen in den Cafés und ich werde von einem Typen angequatscht, der Meinungsumfragen macht. Da ich jedoch keine Zeit habe, wimmele ich ihn schnell ab, aber Daniela geht darauf ein. Wir wollen uns im Handy-Laden treffen. Alles klar. Kein Problem. Bis gleich.
Eine Minute später warte ich, ähnlich wie bei einem Anruf bei einer Hotline, auf den nächsten freien Mitarbeiter, der für mich, nur für mich da ist. Ich schaue mich bei den neusten Handymodellen um. Von Daniela ist immer noch nichts zu sehen, was mich ein wenig wundert, denn so viele Meinungen kann die doch gar nicht haben. Gerade sie nicht. Als ich ein neues Modell, bei dem laut Geräteinformation die Bewegung mir gehört, in der Hand halte, wird es plötzlich laut. Ich schaue mich um. Am einem der Beratungsschalter entdecke ich eine Frau in Lumpen. Sie ist dick, ihre Haut ist grau, sie ist aufgeschwemmt, unglaublich hässlich und erinnert mich ein bisschen an Alice Schwarzer. Selbst aus einiger Entfernung kann man erkennen, dass sie eine gescheiterte, kaputte Existenz ist. Sie schreit laut auf.
„Was seid ihr für ein scheiß Laden! Ihr verarscht mich. Ich telefoniere doch überhaupt nicht. Wen soll ich denn anrufen? Die Rechnungsbeträge können nicht stimmen. Ihr nehmt mir die Luft zum Atmen!“
„Aber es steht doch im Computer. Wir erschaffen nicht einfach irgendwelche Verbindungen, um die Rechnungen anzuheben“, sagt der Verkäufer entschuldigend.
„Ich scheiß‘ auf Ihren Computer!!! ICH BIN DOCH NICHT VERRÜCKT!“, schreit sie dem sichtlich überforderten Verkäufer entgegen,
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