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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauricio Borinski
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der immer noch versucht, sie zu beruhigen. Plötzlich greift die Frau nach der Tastatur und zieht mit aller Kraft an ihr. Einen Augenblick später lässt sie die Tastatur fallen. Sie hängt am Anschlusskabel fest und baumelt vor der Verkaufstheke knapp über dem Boden. Ich suche instinktiv nach meinem Handy und will die Szene filmen, aber die Kamera an meinem Handy funktioniert nicht. Von wegen, nehmen Sie die besonderen Ereignisse des Lebens auf. Ein paar Tasten der Tastatur fallen auf den Laminatboden. Dann rennt die Frau direkt auf mich zu, greift nach einem Handy, einem Gerät, das auch in einer meiner Vitrinen steht und nie funktionierte. Wir stehen uns gegenüber, wie Cowboys an High Noon, bewaffnet mit neuester Kommunikationstechnologie. Ich bin wie angewurzelt und bete darum, dass mich diese Frau mit ihren vom Nikotin gefärbten Fingern bloß nicht berührt. Es läuft mir eiskalt den Rücken runter. Ich sehe, dass graue Haare aus ihrem Kinn sprießen. Sie riecht nach Zigaretten, Alkohol und Urin. Nach Bahnhofskneipe. Ekel überkommt mich.
    „Du, du gehörst doch bestimmt zu diesen Arschlöchern!“, schreit sie mich an, aber ich kann nicht reagieren und mein Blick fällt auf das kleine Schildchen, auf dem die Funktionen des Handys aufgelistet sind. Polyphone Klingeltöne, ah, und eine Bluetooth-Schnittstelle. Aha. Wie viele Farben hat das Display? 56.444. Aha. Das ist ja toll.
    Die Frau schreit: „ARSCHLOCH!“ und wirft das Handy auf den Boden. Da es jedoch Diebstahl gesichert ist, baumelt es in der Luft. Dann kommen – Gott sei Dank - ein paar Verkäufer und führen die Frau weg in eine abgelegene Ecke, in der sie in aller Ruhe auf die Polizei warten. Die Frau flucht laut, doch verstehen kann ich es nicht. Keinen Schimmer, in welcher Sprache sie die Mitarbeiter und alle Anwesenden beschimpft. Englisch oder Französisch oder Portugiesisch oder Arabisch oder Russisch oder Türkisch oder Kisuaheli oder was weiß ich. Sie greift nach einer blauen Kaffeetasse mit aufgedrucktem Firmenlogo, die auf einer Theke steht und schmeißt sie gegen eine Wand. Es klirrt laut. Damit hat ihr Geleitschutz nicht gerechnet. Ich ebenfalls nicht. Voll die Action. Neue Kunden, unter ihnen Daniela, schauen sich nach der Quelle des Geräuschs um. Kaffee läuft an der Wand hinunter. Ein Verkäufer, der irgendetwas von Jim Carrey hat, hält die Frau mit beiden Händen fest. Er muss sich gewaltig anstrengen. Dann kommen zwei Polizisten durch die Eingangstür und als sie ins Blickfeld der Verrückten geraten, wird sie von einer Sekunde auf die andere handzahm. Die Polizisten kümmern sich um die geistig verwirrte Frau. Sie rufen einen Krankenwagen.
    „Was ist denn hier passiert?“, fragt Daniela, als ein Verkäufer mich anspricht.
    „Erzähle ich dir gleich “, antworte ich und wende mich mit meinem Anliegen an den freundlichen Mitarbeiter, der sich vorhin mit der Verrückten auseinandersetzen musste.
    Da ich den Kaufbeleg nicht dabei habe, kann ich das alte Handy nicht umtauschen, aber ich entschließe mich einfach dazu, ein neues Gerät zu kaufen. Während der Mitarbeiter meine Daten aufnimmt, wird die Verrückte aus dem Laden geführt und ich erzähle Daniela die Geschichte.
    „Das solche Leute überhaupt rumlaufen dürfen!“, ist das Letzte, was sie zu meiner Geschichte sagt. Dann unterschreibe ich den neuen Vertrag, bezahle und wir verschwinden aus dem Laden.
    Als ich zuhause ankomme und auf meinem schwarzen Ledersofa sitze, sehe ich mir die RTL-Nachrichten an. Meine Füße schmerzen und ich ziehe meine Adidas Superstar aus, die mir einen satten Schweißfuß bescheren. Die Belüftung des Schuhs ist für meinen Fuß leider nicht ausreichend. Innerhalb kürzester Zeit duftet mein Wohnzimmer, das sanft beleuchtet ist, nach Käse. Allerbeste Qualität. In den Nachrichten werden heute wieder die Arbeitslosenzahlen vorgestellt. Im März gab es nur noch 5,17 Millionen Menschen, die einem guten Steuerzahler wie mir auf der Tasche lagen.
    18.04.2005
    „Ich muss dir mal was zeigen!“, sage ich zu Michael, greife nach meinem USB Stick und laufe zu ihm rüber.
    „Was denn?“, fragt Michael.
    „Ich habe wieder ein cooles Video gefunden!“
    „Alles klar. Dann zeig mal her!“
    Ich stecke den USB ein, öffne die Datei per Doppelklick dann spielt der Windows Media Player die auf drei Minuten geschnittene Aufnahme meines letzten Dates ab.
    „Der trägt ja eine Maske von Eddie Stoiber!“
    „Ja!“
    „Ist das ist eine

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