Arschloch!
auf jeden Fall anwesend bist, schließlich war es deine Idee“, antwortet meine Mutter und greift in ihre Handtasche. Sie holt ein kleines Geschenk hervor und reicht es mir. Ich öffne es und einen Moment später halte ich einen kleinen durchsichtigen Beutel in der Hand. Der Inhalt hat irgendetwas von Lakritz oder Weingummi, aber die Formen sind nicht immer gleich. Zudem fühlt es sich nicht wie Weingummi an. Es ist leicht. Ich weiß nichts damit anzufangen und ich glaube, dass ein dickes Fragezeichen auf meiner Stirn erscheint.
„Das ist Pinguinkacke!“
„Pinguinkacke?“, frage ich erstaunt, denn ich habe niemals damit gerechnet, in einem italienischen Restaurant antarktische Pinguinkacke in meinen deutschen Händen zu halten.
„Die habe ich in einer alten Walfangstation gekauft. Ist das nicht irre?“
„Ist ja klasse!“, sage ich. Ich nehme das Etikett genauer unter die Lupe und lese das Gütesiegel durch und tatsächlich: Original Pinguinkacke! Was gibt es in der Walfangstation noch zu kaufen? Bartwalhaare? Robbennasen? Möwenschnäbel?
„Das war Inges Idee. Ich habe deinem Bruder auch einen Beutel mitgebracht, aber er kann heute nicht hier sein, weil er mit Fieber im Bett liegt. Der arme Kerl und das bei diesem Wetter!“
„Er liegt mit Fieber im Bett?“
„Ja, er hat mich heute Morgen angerufen und mir mitgeteilt, dass es ihm nicht gut geht und er lieber zuhause bleibt, um sich auszukurieren!“
„Aha!“
„Ist das nicht toll? Die verkaufen Pinguinkacke!“, krächzt Inge.
„Schick‘ ihm das Geschenk doch per Post zu. Er wird sich bestimmt freuen“, schlägt sie meiner Mutter vor.
„Das ist eine super Idee!“, sage ich bestätigend. „Dann hat er mal etwas anderes als nur Rechnungen in seinem Briefkasten.“ Ich packe die 200g Pinguinscheiße in meine Bag, dann stoßen wir gemeinsam an. Ein paar Minuten später kommt das Essen.
„Wie läuft dein Studium?“, fragt meine Mutter während Mario, der Kellner ihr Wein nachschenkt.
„Es läuft gut!“, sage ich nachdem ich das erste Stück der Pizza gegessen habe. Sie schmeckt wunderbar.
„Und wie lange brauchst du noch?“
„Ich weiß nicht genau. Ich muss noch ein paar Scheine machen. So drei bis vier Semester noch. Das Vordiplom habe ich schon geschafft.“
„Das weiß ich ja“, sagt sie und trinkt einen Schluck Wein, der ihr aber nicht schmeckt, also lässt sie ihn zurückgehen. „Und weißt du denn schon, was du danach machen möchtest?“
„Ich glaube, ich mache danach noch meinen Doktor!“
„Das ist ja toll. Wie dein Vater und dein Onkel!“
„Ja!“, sage ich und denke an einen depressiven Akademiker mit einer Frau, zwei Kindern und mehreren Affären.
„Arbeitest du immer noch als Kellner?“
„Klar!“, sage ich energisch. Obwohl ich in meinem ganzen Leben noch nicht einmal als Kellner gearbeitet habe. Außer auf meiner Spendenparty. Wieso auch? Kriege doch genug Geld in meinen Arsch geblasen.
„Studieren und Arbeiten ist hart!“, sage ich und esse ein weiteres Stück der Pizza.
„Dein Onkel hat das auch gemacht!“
„Ja, ja!“, sage ich und schlucke die Pizza runter.
„Ach, übrigens Moritz. Ich habe die Rückmeldung für das nächste Semester letztens für dich bezahlt.“
„Ja, ist ja super!“
Als nur noch ein kleines Stück der Pizza auf dem Teller liegt, auf dem ein gezeichneter Pizzabäcker zu sehen ist, der gerade eine Pizza in den Steinkohleofen schiebt, sehe ich auf meiner Uhr, dass es höchste Zeit ist, endlich zu verschwinden und wieder zurück in die lebenswerteste Stadt der Welt zu fahren. Nicht, dass ich einen Termin hätte oder so, soweit ich weiß, läuft nicht mal eine Ebay-Auktion aus, aber vielleicht ist es nachvollziehbar, wenn man nicht allzu lange bei seinen Eltern, speziell in meinem Fall, bei meiner Mutter und ihren beknackten Bekannten bleiben will.
„Ach, herrjee!“, sage ich und schnappe mir das letzte Stück der geilen Pizza. Will ja nichts verschenken.
„Was ist denn?“, fragt Erik, der seinen Monolog über seine neue Mercedes Limousine bloß meinetwegen unterbricht. Seine Karre schluckt bloß 15 Liter.
„Ich muss los, verdammt! Ich habe ganz vergessen, dass ich noch einen Freund im Krankenhaus besuchen wollte.“
„Wer ist denn im Krankenhaus?“, fragt meine Mutter besorgt.
„Mirko Schwein! Kennst du den noch?“
„Mirko Schwein? Nee, der sagt mir nichts“, antwortet sie.
„Ein alter Schulkamerad von mir. Er wurde von einem Auto angefahren und
Weitere Kostenlose Bücher