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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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Bestes geben! Ich werde …«
    Der Avatar des Kurators trat aus dem Schiff. »Bevor ich es vergesse, Exekutor. Vor einigen Wochen erfuhren wir von unserem Missionar auf Kattinga, dass die Großen Familien des Dutzends einen Ascar auf Sie angesetzt haben. Es könnte einen Zusammenhang mit Ihrem Tod auf Heraklon geben. Seien Sie doppelt vorsichtig.« Der hagere, ältere Mann winkte und verschwand. Sofort schloss sich die Luke.
    Ein Ascar?, dachte Rahil. Nach all der Zeit? Nach fast einem Jahrhundert? Für einen Moment sah er das Gesicht seines Vaters vor sich, Zorn in den grauen, kalten Augen, aber sein Vater lebte längst nicht mehr. Auf den Welten des Dutzends gab es nicht die Möglichkeit, ein Bewusstseinsimage anfertigen und einen neuen Körper erschaffen zu lassen.
    Eine dünne Falte bildete sich mitten in seiner glatten Stirn. Bevor ich es vergesse? Maint-Kuratoren vergaßen nichts. Es sei denn, man zerstörte ihre Speicher. Und selbst in dem Fall gab es genug redundante Verzweigungen, um wichtige Informationen – und dies war eine wichtige Information – zu bewahren.
    Eine Sekunde war verstrichen, mehr nicht. Sammaccan schien Rahils Zögern nicht einmal bemerkt zu haben.
    »Zur Pilotenkanzel«, sagte Rahil und ging mit langen Schritten. Eine leichte Vibration, für gewöhnliche taktile Sinne kaum wahrnehmbar, wies ihn darauf hin, dass der Shifter durch den Ätmosphärenschild fiel, der die Startmulde vom All trennte.
    Sammaccan folgte ihm und versuchte an seiner Seite zu bleiben. »Was muss ich tun? Wie gehen wir vor? Bekomme ich einen offiziellen Status? Ich meine, einen ganz offiziellen? Kann ich als Missionar nach Hrkln zurückkehren? Was meine Mutter dazu sagen wird! Und all die anderen …« Es folgte ein Wort, das die Kommunikationssysteme der Rüstung mit »Xanthippen« übersetzten.
    Rahil antwortete nicht und fällte ein erstes Urteil, auf der Grundlage von Körpersprache, Ausdrucksweise und allgemeinem Verhalten. Sammaccan, Polymorpher von Heraklon, war ein dummer, eingebildeter, unreifer Narr.
    »Ich werde es ihnen allen zeigen!«, fuhr der junge Reptilienmensch voller Eifer fort, als sie die Pilotenkanzel betraten. »Ich werde ihnen zeigen, was in mir steckt! Ich werde auf den Stufen des Mutterhauses stehen, in dieser Uniform der Ägide, nein, in einer noch schöneren, mit vielen Abzeichen und glänzenden Medaillen, und mein Ruhm wird heller strahlen als die Sonne am Himmel, und die Mütter werden sich vor mir verbeugen …« Er unterbrach sich, schnappte nach Luft und rief: »Es frisst uns!«
    Rahil saß bereits im Sessel des Piloten und vergewisserte sich, dass sie auf Kurs waren und alle Systeme des Shifters wie vorgesehen funktionierten. Vor ihnen wuchs das Kickout der Leskovar, eine riesige goldene Blume, die sich anschickte, eine kleine silberne zu verschlingen.
    »Es ist ein Transitfraktal«, sagte Rahil und fragte sich, wie viel, beziehungsweise wie wenig, dieser Idiot, der sein Helfer sein sollte, von der Ägide und allem anderen wusste. »Es bringt uns nach Heraklon.«
    Die zentrale Öffnung des Fraktals nahm den Shifter auf und schickte ihn mit einem Vielfachen der Lichtgeschwindigkeit durch den M-Raum. Rahil Tennerit, zum vierten Mal von den Toten wiederauferstanden, schloss die Augen, blendete die Stimme des Polymorphen aus und dachte an die Mission auf Heraklon und seinen Tod auf jener Welt. Es gab, so wurde ihm klar, bei dieser Sache auch eine sehr persönliche Komponente: Er wollte sein letztes Leben zurückhaben – die Erinnerungen daran – und den Mörder finden, der es ihm genommen hatte.
    Nur hunderttausend Kilometer über dem Kickout, das sich zusammenzufalten begann, kroch ein kleines Kontinuumschiff der Krion, dunkel wie die Nacht zwischen den Sternen, aus einer Raumfalte, in der es sich verborgen hatte. Es schenkte der sich langsam um ihre eigene Achse drehenden Station der Ägide ebenso wenig Beachtung wie dem Planeten Ganska und seinen Monden, führte ein nicht länger als eine Nanosekunde dauerndes Datengespräch mit dem Polarisator der Leskovar und glitt dann dem Fraktal entgegen, das es ebenso aufnahm wie zuvor die silberne Blume des Shifters.

Feinde ringsum!
Dicht wie wetterschwarze Wolken
Drängen sie gegen mich heran.
    Der erste Feind
    4
    Die Schmiede im Zentrum des Ägide-Shifters war eine silbergraue Säule, die sich langsam drehte, während sie von den Systemen des Instrumentenraums neue Energie empfing. Sie gehörte zum einfachen monochromen Typ mit fester,

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