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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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nicht vergessen werden durfte.
    »Darel wird sich um Sie kümmern.« Ruben sprach ruhig und fast ohne Betonung, aber in seiner Stimme lag die Härte von Stahl. Es wunderte Rahil nicht, dass Mowder Jazmine und ihn in Ruhe gelassen hatte, nachdem Ruben bei Mowders Vater gewesen war. »Sie werden keinen Widerstand leisten.«
    »Glauben Sie?«, erwiderte Emily, und für einen Moment bemerkte Rahil in ihrem Gesicht einen Hauch von Trotz.
    »Ja, das glaube ich.«
    »Ich genieße Immunität.«
    »Immunität?«, wiederholte Ruben mit kaltem Spott. »Ein Kin dermädchen? Offizielle Missionare der Ägide genießen Immunität, aber keine Kindermädchen. Nicht bei uns, Emily . Darel?«
    Der kleinere, breitschultrige Mann trat näher.
    »Schaff sie weg«, sagte Ruben leise und führte Rahil und Jazmine zur Tür. Dort zog er Jazmine den Würfel aus der Hand. »Das nehme ich …«
    »Aber …«
    »Kommt, euer Vater wartet auf euch.«
    Rahil warf Emily einen letzten Blick zu, und er spürte, dass es kein gewöhnlicher Abschied war. Etwas zerriss hier, etwas, das er nicht festhalten konnte, und es machte ihn sehr traurig.
    »Emily hat nichts getan«, sagte er, als sie die Treppe hinuntergingen.
    »Euer Vater meint es gut mit euch«, erwiderte Ruben. »Wartet, bis ihr größer werdet. Dann versteht ihr alles.«
    Rahil griff nach der Hand seiner Schwester. Er hatte das Gefühl, in den letzten Minuten etwas größer geworden zu sein. Er begann zu verstehen, und was er verstand, gefiel ihm nicht.
    Später am Abend, nach dem Essen, bei dem kaum jemand ein Wort gesprochen hatte, betrat Rahil voller dunkler Ahnungen das Arbeitszimmer seines Vaters. Dort erwartete ihn eine seltsame Szene. Der Würfel, den Ruben Jazmine weggenommen hatte, lag auf dem roten Schreibtisch, und dahinter saß Coltan Jaqiello Tennerit, umgeben von den Anlagen einer Orbitalstation, die größer war als die größten Städte von Caina. Eine selt same Sehnsucht lag in seinem Gesicht, fast wie Hunger, und verschwand so schnell, dass Rahil nicht ganz sicher war, sie wirklich gesehen zu haben.
    »Du wolltest mich sprechen, Vater?«
    »Ja«, sagte der Mann am Tisch. »Komm. Komm zu mir.«
    »Das ist Jazmines Würfel«, sagte Rahil, als er sich dem roten Schreibtisch näherte. »Emily hat ihn ihr geschenkt.«
    Coltan Tennerit warf einen letzten Blick auf die Orbitalsta tion, von der sich gerade ein großes, aus vielen unterschiedlichen Segmenten bestehendes Raumschiff entfernte, und berührte den Würfel. Das von ihm geschaffene Bild verschwand.
    »Er stammt von der Ägide«, sagte Rahils Vater. »Ihr wisst, was ich von solchen Dingen halte.«
    »Du sammelst Dinge von der Ägide.« Rahil hörte den Zorn in seiner Stimme und staunte darüber. »Ich habe sie selbst gesehen. Sie liegen drüben im Nebenhaus, in dem Raum, zu dem außer dir nur Ruben Zutritt hat.«
    Coltan stand langsam auf, seine grauen Augen kalt wie immer oder vielleicht noch etwas kälter. Er war schlank und ein ganzes Stück kleiner als Ruben, aber größer als Darel. Wie so oft trug er einen dunklen Anzug, der an eine Uniform erinnerte, mit silbernen Spangen an den Schultern. »Woher weißt du das?«
    »Vor ein paar Tagen bin ich Ruben gefolgt, heimlich«, sagte Rahil. Es klang fast herausfordernd. »Ich habe ihn beobachtet.«
    »Hat dich Emily auf diese Idee gebracht?«
    In der Stimme seines Vaters hörte Rahil plötzlich eine Schärfe, die ihm Angst machte, und er schüttelte schnell den Kopf. Auf keinen Fall wollte er Emily zusätzliche Probleme bereiten; sie steckte schon in genug Schwierigkeiten.
    »Es sind Studienobjekte«, sagte Coltan langsam und kam hinter dem Tisch hervor. »Wie auch dieser Würfel. Die Techniker und Wissenschaftler der Familie werden alles genau untersuchen. Die Ägide, Rahil. Darüber wollte ich mit dir reden. Ich weiß nicht, was Emily euch erzählt hat, aber ich sage dir dies: Die Ägide ist schlecht für uns. Sie versucht, uns zu beeinflussen, uns ihren Willen aufzuzwingen, und manchmal benutzt sie dabei solche Geräte.« Er zeigte auf den Würfel, dessen Flächen kleine Bilder zeigten, die darauf warteten, vergrößert zu werden und Geschichten zu erzählen.
    Rahil schwieg. Es gab viel, das er hätte sagen können, und der Zorn in ihm wollte , dass er es sagte. Aber die Vernunft warnte davor und setzte sich durch.
    »Komm, mein Junge, ich möchte dir etwas zeigen.«
    Rahil ließ sich von seinem Vater zum Fenster auf der anderen Seite des Zimmers führen. Coltan öffnete es,

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