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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
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und kühle Luft wehte herein. Es hatte aufgehört zu regnen, und nur noch einige wenige Wolken zogen über den Abendhimmel, an dem der Gasriese Cambronne seine bunten Bänder zeigte. Vier der anderen Monde waren zu sehen, groß wie Planeten. Unter dem Riesen am Himmel lag die Stadt Meemken, wie eingezwängt zwischen dem Meer auf der einen Seite und den Bergen auf der anderen. Es brannten nicht viele Lichter in der Stadt – nicht annähernd so viele wie in den Städten, die Emilys Würfel Jazmine und Rahil gezeigt hatte –, aber Meemken wirkte friedlich nach dem Sturm am Nachmittag.
    Rahil fühlte die Hand seines Vaters auf der Schulter, kalt und hart. Emilys Hand war immer sanft und warm gewesen.
    »Dies ist unsere Stadt«, sagte Coltan Jaqiello Tennerit. »Dies ist unsere Welt. Regiert wird sie von den Räten und Komitees in Dymke, aber die Großen Familien bestimmen ihre Entscheidungen. Und unsere Familie wird bald nach Dymke zurückkehren. Vielleicht schon im kommenden Jahr. Dann werden die Tennerits wieder in der alten Zitadelle wohnen.«
    Rahil erinnerte sich daran, was Emily über Recht und Gesetz erzählt hatte, aber er schwieg weiterhin.
    Die auf seiner Schulter liegende Hand wurde schwerer.
    »Ich arbeite daran, dort einen Platz für dich zu schaffen, Sohn, für dich und deine Schwester. Eines Tages werdet ihr die Geschicke der ganzen Welt bestimmen. Ich versuche, sie vor der Ägide zu schützen, damit ihr sie bekommt. Verstehst du, Junge?«
    Rahil hörte die Worte und verstand, was sein Vater wollte. Und er verstand noch etwas mehr.
    »Jazmine und ich, wir werden sie nicht wiedersehen, oder?«
    »Wen meinst du?«
    »Emily.«
    »Nein, Sohn, ihr werdet sie nicht wiedersehen«, sagte Coltan Tennerit. »Sie ist … von uns gegangen.«
    Rahil hatte es geahnt. Als ihn Ruben aus dem kleinen Zimmer über dem Lagerhaus am Hafen geführt und er noch einmal zu ihr zurückgesehen hatte … Eine Stimme tief in seinem Innern hatte ihm gesagt, dass er Emily zum letzten Mal sah. »Was meinst du mit › von uns gegangen ‹ ?«
    »Ich habe sie zur Ägide zurückgeschickt«, sagte Coltan glatt. »Es ist besser so, glaub mir, Sohn. Eines Tages, wenn du meinen Platz einnimmst, wirst du dankbar sein.«
    Rahil sah aus dem Fenster und zu den Sternen, die Cambronne am dunklen Himmel umgaben. Eines Tages verlasse ich diesen Ort, dachte er. Eines Tages werde ich bei euch sein.
    9
    Etwas brannte in Rahil, und gleichzeitig fröstelte er, denn ihm war kalt, in Herz und Seele.
    »Ich habe sie nie wiedergesehen«, murmelte er, noch immer halb in den Bildern der Vergangenheit gefangen.
    »Exekutor?«, ertönte eine Stimme aus der Welt jenseits seiner Gedanken und Erinnerungen. »Exekutor Rahil Tennerit? Hören Sie mich? Es ist dringend erforderlich, dass Sie eine Entscheidung treffen. Der Disruptor hat uns fast erreicht.«
    Der Disruptor? Aber ihnen blieben doch fünfeinhalb Stunden, bis er auf kritische Distanz herankam, und das Gespräch mit dem Instruktor des Instruktionsprogramms konnte nicht mehr als einige objektive Sekunden gedauert haben.
    Die Stimme erklang erneut. »Bitte lassen Sie das, Sammaccan. Die Rüstung nützt Ihnen überhaupt nichts.«
    Rahil öffnete die Augen und stellte fest, dass er in einem Sessel lag, dessen Polster ihn wie eine sanfte Hand umfassten. Zwei Meter entfernt im Instrumentenraum des Shifters stand Sammaccan in Gestalt des jungen, zierlich gebauten Mannes und schien zu versuchen, in die Rüstung zu schlüpfen, die in seinen Händen nicht wie Kleidung aussah, sondern wie ein großer rosaroter Hautlappen.
    Rahil sah an sich herab. Er war nackt – nicht nur Herz und Seele froren nach dem Blick in die Vergangenheit, auch der Körper.
    Sammaccan steckte beide Hände in die Rüstung, aus deren Kapillaren klare Nährflüssigkeit tropfte. Der Maint-Avatar neben ihm schüttelte den fast haarlosen Kopf. »Sie können mit dem Empirion nichts anfangen. Es ist auf Körper und Geist des Exekutors abgestimmt.«
    »Was … macht er hier?«, brachte Rahil hervor. Er spürte die Aktivität der Femtomaschinen, aber der neue Körper blieb schwach, wie nach einer großen Anstrengung.
    »Ich habe ihn hierhergeholt.« Der Avatar näherte sich dem Sessel. »Leider fehlt mir die physische Komponente, Exekutor. Ich brauchte seine Hände.«
    »Um mir die Rüstung auszuziehen?«
    »Ja, Exekutor. Ich sah keine andere Möglichkeit, Sie zu wecken. Sie befanden sich in einem komaartigen Zustand, und ich vermute, dass die Rüstung

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