Arthur & George
bringen.
Auf dem Bahnhof von Wyrley berichtete Markew, der Anwalt habe sich schroff geweigert zu warten. Daher nahmen Campbell und Parsons den nächsten Zug – den um 9 : 53 – nach Birmingham.
»Merkwürdige Familie«, sagte der Inspektor, als sie zwischen Bloxwich und Walsall über den Kanal fuhren.
»Sehr merkwürdig.« Der Sergeant kaute eine Weile auf seiner Lippe herum. »Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Sir, eigentlich machten die Leute doch einen ganz ehrlichen Eindruck.«
»Ich weiß, was Sie meinen. Daran sollten sich die kriminellen Elemente ein Beispiel nehmen.«
»Wie meinen Sie das, Sir?«
»Nie mehr lügen als unbedingt notwendig.«
»Schön wär’s.« Parsons lachte in sich hinein. »Trotzdem, in gewisser Weise können sie einem leidtun. Dass das so einer Familie passieren muss. Ein schwarzes Schaf, wenn ich so sagen darf.«
»Aber gewiss dürfen Sie das.«
Kurz nach 11 Uhr erschienen die beiden Polizisten in der Newhall Street 54 . Es war eine kleine, aus zwei Zimmern bestehende Kanzlei mit einer Sekretärin, die vor der Tür des Solicitors Wache hielt. George Edalji saß untätig hinter seinem Schreibtisch und sah krank aus.
Campbell achtete darauf, ob der Mann eine plötzliche Bewegung machte, und sagte: »Wir wollen Sie hier nicht durchsuchen, aber Sie müssen mir Ihre Pistole aushändigen.«
Edalji sah ihn verständnislos an. »Ich habe keine Pistole.«
»Und was ist das?« Der Inspektor zeigte auf einen langen, glänzenden Gegenstand, der vor Edalji auf dem Schreibtisch lag.
Die Antwort des Solicitors klang zutiefst erschöpft. »Das, Inspector, ist der Schlüssel zu einem Eisenbahnabteil.«
»War nur ein Scherz«, erwiderte Campbell. Doch im Stillen dachte er: Schlüssel. Vor Jahren der Schulschlüssel von Walsall, und nun wieder einer. Mit dem Burschen stimmt doch etwas nicht.
»Ich benutze ihn als Briefbeschwerer«, erläuterte der Anwalt. »Sie werden sich sicher erinnern, dass ich eine Autorität auf dem Gebiet des Eisenbahnrechts bin.«
Campbell nickte. Dann erklärte er ihm, alles, was er von nun an sage, könne gegen ihn verwendet werden, und nahm ihn fest. In einer Droschke zu der Arrestzelle in der Newton Street sagte Edalji zu den Beamten: »Das alles überrascht mich nicht. Ich habe es schon seit geraumer Zeit erwartet.«
Campbell warf Parsons einen Blick zu, und dieser machte sich umgehend eine Notiz über diese Bemerkung.
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George
In der Newton Street nahm man ihm sein Geld, seine Uhr und ein kleines Taschenmesser ab. Man wollte ihm auch sein Taschentuch abnehmen, damit er sich nicht damit erdrosseln könnte. George wandte ein, das Tuch sei zu diesem Zweck gänzlich ungeeignet, und durfte es behalten.
Er wurde für eine Stunde in eine helle, saubere Zelle gesteckt und dann mit dem 12 : 40 – Zug von New Street nach Cannock gebracht. Abfahrt Walsall 13 : 08 , dachte George. Birchills 13 : 12 . Bloxwich 13 : 16 . Wyrley & Churchbridge 13 : 24 . Cannock 13 : 29 . Die beiden Polizisten sagten, sie würden ihm während der Fahrt keine Handschellen anlegen, wofür George dankbar war. Dennoch senkte er den Kopf und legte eine Hand vor die Wange, als der Zug in Wyrley einfuhr; es war ja möglich, dass Mr Merriman oder der Gepäckträger die Uniform des Sergeants erkannte und die Geschichte herumerzählte.
In Cannock wurde er in einem Einspänner zur Polizeiwache gefahren. Dort nahm man seine Körpermaße und seine Personalien auf. Seine Kleider wurden auf Blutflecken untersucht. Ein Beamter forderte ihn auf, die Manschettenknöpfe abzunehmen, und inspizierte die Ärmelaufschläge. Er fragte: »Haben Sie dieses Hemd gestern Nacht auf dem Feld getragen? Offenbar haben Sie sich umgezogen. Es ist kein Blut darauf.«
George gab keine Antwort. Er sah keinen Sinn darin. Wenn er die Frage mit nein beantwortete, würde der Beamte erwidern: »Dann geben Sie also zu, gestern Nacht auf dem Feld gewesen zu sein. Welches Hemd haben Sie denn nun getragen?« George fand, er habe sich bisher vollkommen kooperativ verhalten; von nun an würde er nur dann auf Fragen eingehen, wenn sie notwendig und nicht suggestiv waren.
Sie steckten ihn in eine winzige Zelle mit wenig Licht und noch weniger Luft, in der es roch wie in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt. Es gab nicht einmal Wasser zum Waschen. Seine Uhr hatte man ihm abgenommen, doch seiner Schätzung nach war es etwa halb drei. Vor vierzehn Tagen, dachte er, vor vierzehn Tagen erst hatten Maud und ich gerade im Belle
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