Arthur & George
auch mit Spuren bei einer hölzernen Fußgängerbrücke in der Nähe des Pfarrhauses. Er habe Mr Edaljis Stiefelabsatz in die feuchte Erde gedrückt und beim Herausziehen des Stiefels festgestellt, dass die Abdrücke zusammenpassten.
Danach bestätigte Sergeant Parsons, dass er die zwanzig Hilfspolizisten befehligt habe, die zur Verfolgung der Verstümmelerbande eingesetzt worden seien. Er erklärte, bei der Durchsuchung von Edaljis Schlafzimmer habe man eine Schachtel mit vier Rasiermessern entdeckt. Eins davon habe feuchte, braune Flecken sowie ein, zwei an der Klinge klebende Haare aufgewiesen. Der Sergeant habe das Edaljis Vater gezeigt, der daraufhin die Klinge mit dem Daumen abgewischt habe.
»Das ist nicht wahr!«, rief der Pfarrer und sprang auf.
»Sie dürfen ihn nicht unterbrechen«, sagte Inspector Campbell, noch ehe die Laienrichter reagieren konnten.
Sergeant Parsons setzte seine Aussage fort und schilderte den Moment, als der Angeklagte in die Arrestzelle in der Birminghamer Newton Street verbracht wurde. Edalji habe sich zu ihm umgedreht und gesagt: »Ich nehme an, das habe ich Mr Loxton zu verdanken. Den mach ich noch fertig.«
Am nächsten Morgen schrieb die Birminghamer Daily Gazette über George:
Er ist 28 Jahre alt, wirkt aber jünger. Sein Anzug war ihm zu klein und hatte ein schwarz-weißes Karomuster. Mit seiner dunklen Gesichtsfarbe, den großen, dunklen Augen, den wulstigen Lippen und dem kleinen, runden Kinn sieht er kaum wie ein typischer Solicitor aus. Er ist eine durch und durch asiatische Erscheinung und von einer Gleichmütigkeit, die ihn keine über ein schwaches Lächeln hinausgehende Gefühls regung zeigen ließ, während die Vertreter der Anklage diese unerhörte Geschichte aufrollten. Sein betagter Hindu-Vater und die weißhaarige englische Mutter waren im Gerichtssaal anwe send und verfolgten den Prozess mit rührendem Interesse.
»Ich bin achtundzwanzig, wirke aber jünger«, sagte er zu Mr Meek. »Das könnte daran liegen, dass ich siebenundzwanzig bin. Meine Mutter ist keine Engländerin, sondern Schottin. Mein Vater ist kein Hindu.«
»Ich habe Ihnen davon abgeraten, die Zeitungen zu lesen.«
»Aber er ist kein Hindu.«
»Für die Gazette ist das kein großer Unterschied.«
»Aber Mr Meek, wenn ich Sie nun als Waliser bezeichnen würde?«
»Das wäre nicht ganz unrichtig, da meine Mutter walisisches Blut in den Adern hatte.«
»Oder als Iren?«
Mr Meek lächelte nur, ohne gekränkt zu sein, und sah dabei vielleicht sogar ein wenig irisch aus.
»Oder als Franzosen?«
»Aber, aber, Sir, jetzt gehen Sie zu weit. Jetzt wollen Sie mich provozieren.«
»Und ich bin gleichmütig«, fuhr George nach einem weiteren Blick in die Gazette fort. »Ist das nicht gut so? Sollte ein typischer Solicitor nicht gleichmütig sein? Und doch bin ich kein typischer Solicitor. Ich bin ein typischer Asiate, was immer das heißen mag. Was ich auch bin, ich bin typisch, darauf läuft es wohl hinaus. Wenn ich aufbrausend wäre, so wäre ich dennoch ein typischer Asiate, nicht wahr?«
»Gleichmütig ist doch gut, Mr Edalji. Und zumindest hat man Sie nicht als unergründlich bezeichnet. Oder als verschlagen.«
»Was würde das heißen?«
»Oh, voll von teuflisch böser List. Teuflisch vermeiden wir gern. Diabolisch auch. Mit gleichmütig wird sich die Verteidigung abfinden.«
George lächelte seinem Anwalt zu. »Ich möchte mich entschuldigen, Mr Meek. Und ich danke Ihnen für Ihre vernünftige Einstellung. Ich fürchte, ich werde mehr davon brauchen.«
Am zweiten Verhandlungstag machte William Greatorex, ein vierzehnjähriger Schüler der Walsall Grammar School, seine Aussage. Es wurden mehrere Briefe mit seiner Unterschrift im Gerichtssaal verlesen. Er bestritt sowohl die Urheberschaft an als auch jegliche Kenntnis von diesen Schriftstücken und konnte sogar nachweisen, dass er auf der Isle of Man gewesen war, als zwei der Briefe aufgegeben wurden. Er sagte, er fahre gewöhnlich jeden Morgen mit dem Zug von Hednesford nach Walsall, wo er zur Schule gehe. Andere Jungen, die regelmäßig mit ihm führen, seien Westwood Stanley, Sohn des bekannten Knappschaftsältesten; Quibell, Sohn des Pfarrers von Hednesford; Page, Harrison und Ferriday. Alle diese Jungen waren in den eben verlesenen Briefen namentlich erwähnt worden.
Greatorex erklärte, er kenne Mr Edalji seit drei oder vier Jahren vom Sehen. »Er ist oft im selben Abteil mit uns nach Walsall gefahren. Bestimmt ein Dutzend Mal,
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