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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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dritte in einer Serie von Morden angesehen werden, die überall im Staat Virginia begangen wurden. Wie immer werden die Bürger dringend aufgefordert, sich aus den evakuierten Gebieten fernzuhalten und die Moralstatuten zu befolgen.«
    Ich krallte die Hände zusammen, um sie am Zittern zu hindern.
    Die MM legte ihren eigenen Mord an einem Widerstandskämpfer dem Sniper zur Last, wer immer er auch sein mochte.
    Mary Jane plapperte etwas darüber, wie gefährlich es in diesem Land geworden und wie dankbar sie für die Existenz des FBR sei. Ich wollte ihr die Wahrheit ins Gesicht schreien, wusste aber, dass ich das nicht tun konnte. Als das Radio erneut meine Aufmerksamkeit fesselte, erstarrte ich vollends.
    »… dem in dieser Woche fahnenflüchtig gewordenen ehemaligen FBR -Soldaten Jennings nur mit größter Vorsicht nähern, da er bewaffnet und gefährlich sein könnte. Informationen über den Aufenthaltsort dieses Kriminellen können jederzeit der Krisenstelle gemeldet werden. Das waren die Abendnachrichten mit Felicity Bridewell.«
    Den größten Teil dieses Beitrags hatte ich verpasst. Was hatten sie gesagt? Mary Jane hatte während des Berichts beinahe ununterbrochen geredet.
    Ich konnte sie nicht anschauen; sie würde mir die Wahrheit am Gesicht ablesen. Und wenn wir jetzt flüchteten, würden die Loftons wissen, dass wir uns schuldig gemacht hatten. Also konzentrierte ich mich auf das Fenster und starrte die Tränenspuren an, die der Regen auf der Scheibe hinterlassen hatte. Als Chase die Hand auf mein Kreuz legte, hätte ich beinahe aufgeschrien.
    »Das Essen war toll, nicht wahr, Elizabeth?«, sagte er mit einem dumpfen Lächeln. Ich wusste, es war nur Theater, dennoch empfand ich die Berührung als tröstlich. Sie half mir, meine Rolle weiterzuspielen.
    »Köstlich«, bestätigte ich. Die Muskeln in meinen Beinen traten bereits in Aktion.
    Die nächsten Minuten schienen wie im Tran zu vergehen. Plötzlich fand ich mich mit Chase in einem Gästezimmer wieder, das gegenüber von Ronnies Kinderzimmer lag. An der Wand hing ein Amish-Quilt; das komplizierte Muster aus farbigen Vierecken brachte mich zum Schielen.
    Chase öffnete das Fenster, das jedoch vergittert war. Um Diebe fernzuhalten. Um Verbrecher festzuhalten.
    Ich atmete tief durch.
    »Ich glaube nicht, dass sie Bescheid wissen«, sagte ich unsicher. Chase schüttelte den Kopf. Nun, da er nicht mehr schauspielern musste, war er sehr ernst. »Vielleicht hat Patrick gar nicht gehört, wie ich draußen deinen Namen genannt habe.«
    »Der war mit anderen Dingen beschäftigt.« Chase schloss vorsichtig das Fenster. Eine Falte zeigte sich zwischen seinen Brauen, und er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte ich. »Ich will nicht bis morgen warten.«
    »Vor dem Haus steht ein Van, und dann ist da noch das Motorrad, aber wir können die Straßen während der Ausgangssperre nicht benutzen.« Sein Ton klang bedeutungsschwer. »Wir marschieren los, sobald sie schlafen.«
    Während Chase sich wusch, schlich ich auf Zehenspitzen den Gang hinunter. Meine Neugier war geweckt worden, als ich Mary Jane und Ronnie nicht mehr hatte hören können. Zeit für die Gutenachtgeschichte, so nahm ich an. Das schien mir recht normal zu sein. Ebenso wie die Tatsache, dass Patrick noch im Wohnzimmer war. Er hatte die Füße hochgelegt und sich eine Brille aufgesetzt. Ich musste meine Verbitterung hinunterschlucken, weil mich der Anblick an daheim erinnerte und daran, wie meine Mutter und ich während der Ausgangssperre auf dem Sofa gesessen und gelesen hatten.
    Mein Herzschlag beruhigte sich langsam wieder. Alles schien normal zu sein. Nicht, dass ich das hätte beurteilen können.
    Als ich wieder ins Gästezimmer schlüpfte, fand ich Chase auf der Bettkante sitzend vor, die Ellbogen auf den Knien, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Er saß so still da, dass ich dachte, er würde schlafen.
    Einen Augenblick musterte ich ihn, unfähig, den Blick abzuwenden.
    Es schien, als hätte ihn irgendetwas abgelenkt, als er sich gerade hatte umziehen wollen. Er trug immer noch Jeans und Stiefel, aber sein sauberes Hemd lag unberührt neben ihm auf dem Bett. Dank des Generators funktionierte das elektrische Licht, dennoch hatte er eine Kerze entzündet, um die Schatten zu bekämpfen, und die harten Linien an seinem Kinn und seinem Hals traten im flackernden Schein der Flamme noch stärker hervor. Aus diesem Blickwinkel fielen mir etliche

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