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Artikel 5

Artikel 5

Titel: Artikel 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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wärmte meine Schulter. Er roch nach Holz und ein bisschen nach Seife. Mein ganzer Körper kribbelte.
    Ich strich mit der Wange über seinen Hals. Seine Haut zu spüren jagte schmerzliche Wogen der Sehnsucht durch mich hindurch. Niemand ließ mich empfinden, wie Chase es tat. Er war mein Fels in der Brandung und zugleich die Brandung selbst, und so fühlte ich mich in seiner Gegenwart fast immer gleichermaßen sicher und bang. Nichts auf Erden war für mich so verwirrend und so überwältigend wie seine Nähe. Konnte er das spüren? Wusste er es?
    »Ich habe die Briefe gesehen«, gestand ich. »Die, die ich dir geschrieben habe. Ich habe sie im Rucksack gesehen.«
    Sein Kopf ruckte hoch, und seine Augen nagelten mich an Ort und Stelle fest. Sofort überdeckte Ärger seinen qualvollen Versuch, sich zu öffnen, und sein Blick durchbohrte mich mit einer Glut, die ich nicht nachvollziehen konnte.
    Und dann erlosch sie.
    »Es tut mir leid. Das hätte ich nicht tun sollen«, sagte er.
    Er wich einen Schritt zurück. Dann noch einen. Schob die Hände in die Taschen und atmete so flach, als gäbe es nicht genug Luft in diesem Raum.
    Es tat ihm leid, dass er mich berührt hatte. Er bedauerte es sogar. Ich kam mir so klein und unwert vor und war zugleich so wütend, dass er mich als so bedeutungslos einstufen konnte, während ich mich um ihn sorgte.
    Na schön, ich war nicht unbedeutend, ich war wichtig. Vielleicht nicht für ihn, aber für jemanden war ich wichtig.
    Ich wusste nicht gleich, wie ich reagieren sollte. Tränen brannten in meinen Augen, aber ich durfte sie nicht vergießen. Schließlich reckte ich stolz das Kinn vor und bemühte mich, mit ruhiger Stimme zu sprechen.
    »Du solltest ein bisschen schlafen, Chase. Du siehst müde aus. Ich bleibe auf und halte Wache. Du musst dir keine Sorgen machen.«
    Damit wandte ich mich ab und setzte mich, immer noch voll bekleidet, auf das Bett. Er rührte sich lange nicht. Dann, endlich, legte er sich mit dem Messer in der Hand auf den Boden. Er machte sich nicht einmal die Mühe, den Schlafsack zu öffnen.
    Auf seiner Brust stemmte ich mich auf die Ellbogen und blickte auf sein Gesicht herab. Seine Finger strichen um mein Kinn und spielten mit meinem Haar.
    »Du wirst mich doch nicht vergessen, oder?« Ich versuchte, ganz locker zu tun, vielleicht würde er dann nicht merken, wie sehr ich mich vor morgen fürchtete.
    Kurz sah ich ein Zucken in seinen Augenwinkeln. Dann setzte er sich auf, und ich hockte auf den Knien. Seine Hände glätteten mein T -Shirt und zogen es sittsam herab.
    »Nein«, sagte er. Dann verdüsterte sich seine Miene. »Ich glaube, ich kann dich gar nicht vergessen.«
    Sein schwerer, langsamer Atem und sein ernster Ton holten die Realität zurück, aber ich wollte sie nicht sehen. Ich wollte nicht, dass er ging. Und wenn ich jetzt den Mund öffnen würde, dann würde ich ihn bitten zu bleiben. Ihn bitten und damit sein Leben ruinieren.
    Meine Augen brannten. In meiner Kehle hatte sich ein riesiger Kloß festgesetzt. Ich wandte mich ab, hielt den Atem an und bemühte mich, das Beben meiner Schultern zu unterdrücken, aber er sah es doch, und als er meinen Arm berührte, riss ich mich los, denn das tat noch mehr weh als die Tatsache, dass er nicht wütend war, weil er gehen musste. Dass er lieb und nett war, um es mir leichter zu machen.
    Ich hasste die MM . Meine Mutter hatte recht: Sie nahmen uns alles, was gut war.
    Die Unsicherheit war zu groß für mich. Was, wenn ich ihn nie wiedersah? Alles schien sich meiner Kontrolle zu entziehen. Und dann kam mir die verrückte Idee, er käme vielleicht schneller heim, wenn ich diesen Abschied beschleunigte. Es wäre so schmerzhaft, als würde ich ein Pflaster grob abreißen, aber er käme wieder zurück.
    »Ich will dir jetzt auf Wiedersehen sagen«, erklärte ich, und nun klang meine Stimme brüchig. »Ich habe es mir anderes überlegt. Ich will nicht bis morgen warten.« Ich konnte ihn nicht ansehen. Ja, ich war feige. Na und?
    Ich spürte seine Berührung, spürte, wie er mein Haar zur Seite schob, wie seine Lippen über mein Ohr strichen.
    »Ich werde dich nicht vergessen«, sagte er noch einmal leise zu mir.
    Ich sackte kläglich gegen seine Brust. Er zog mich an sich. Seine Arme umfingen meinen Körper; seine Knie erhoben sich zu beiden Seiten von mir. Ich fühlte, wie er einatmete, wie er die Lippen auf meinen Nacken drückte.
    »Ich verspreche, ich komme zurück, ganz egal, was passiert.« Obwohl er im

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