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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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kakophonisch aufschreienden Harfensaiten hängen und stolperte vornüber, bis Galahad ihm einen Tritt ins Gesicht versetzte. Mit dem Rand meines Schildes verpaßte ich dem Mann einen Schlag in den Nacken, um gleich darauf einen Schwerthieb zu parieren. Überall im Palast waren Schreie zu hören, alle Gänge füllten sich mit beißendem Rauch, aber die angreifenden Männer verloren das Interesse an der Beute, die sie in der Bibliothek vermuteten, und plünderten lieber anderswo im Palast auf dem Berg, wo ihnen kein Widerstand geleistet wurde.
    »Merlin ist hier?« fragte mich Galahad ungläubig.
    »Sieh doch selbst.«
    Galahad wandte sich um und starrte zu der hochgewachsenen Gestalt hinüber, die Bans zum Untergang verdammte Bibliothek so verzweifelt durchwühlte. »Das ist Merlin?«
    »Ja.«
    »Woher wußtest du, daß er hier ist?«
    »Ich wußte es nicht«, antwortete ich. »Na, komm nur her, du Bastard!« Das galt einem riesigen Franken mit ledernem Umhang, der eine Streitaxt mit zwei Schneiden trug und sich als Held beweisen wollte. Er stimmte seinen Kriegsgesang an, als er angriff, und sang noch immer, als er starb. Die Axt bohrte sich in den Boden neben Galahads Füßen, als der seinen Speer aus der Brust des Toten zog.
    »Ich hab's! Ich hab's!« rief Merlin plötzlich hinter uns. »Silius Italiens, natürlich! Er hat nicht achtzehn Bücher über den Zweiten Punischen Krieg geschrieben, sondern nur siebzehn. Wie konnte ich nur so dumm sein! Du hast recht, Derfel, ich bin ein alter Narr! Ein gefährlicher Narr! Achtzehn Bücher über den zweiten aufgeblähten Krieg? Jedes kleine Kind weiß, daß
    es nie mehr als siebzehn waren! Ich hab's! Komm her, Derfel, vergeude nicht meine kostbare Zeit! Wir können hier nicht die ganze Nacht lang rumlungern!«
    Wir eilten in die verwüstete Bibliothek zurück, wo ich den riesigen Arbeitstisch als provisorische Barriere gegen die Tür rammte, während Galahad die Läden der Westfenster aufstieß. Als ein neuer Schwarm Franken durch den Raum der Harfenistin hereingestürmt kam, riß sich Merlin das dicke Holzkreuz vom Hals und schleuderte den Eindringlingen, die vorübergehend von dem schweren Tisch aufgehalten wurden, diese eher unwirksame Waffe entgegen. Als das Kreuz zu Boden fiel, war das Vorzimmer plötzlich von einer riesigen Stichflamme erfüllt. Ich dachte, daß das tödliche Feuer durch Zufall entstanden sei, daß die Wand des Raumes gerade dann eingestürzt war und die Flammen hereingelassen hatte, als das Kreuz aufschlug, aber Merlin behauptete, es sei sein Werk gewesen. »Das gräßliche Ding mußte doch zu etwas nütze sein«, sagte er von dem Kreuz, dann kicherte er über die schreienden, brennenden Feinde. »Laßt euch rösten, ihr Würmer, laßt euch rösten!« Eilig stopfte er die kostbare Schriftrolle ins Oberteil seines Gewandes. »Hast du nie Silius Italicus gelesen?« fragte er mich.
    »Nie davon gehört, Lord«, gab ich zurück, während ich ihn zum offenen Fenster zog.
    »Er hat epische Gedichte geschrieben, mein lieber Derfel, epische Gedichte.« Er widerstand meinem panischen Zerren und legte mir die Hand auf die Schulter. »Ich möchte dir einen Rat geben.« Sein Ton war ernst. »Meide die epischen Gedichte. Ich spreche aus Erfahrung.«
    Auf einmal hätte ich am liebsten geweint wie ein Kind. Es war eine so große Erleichterung, wieder in seine weisen, listigen Augen zu blicken. Es war, als hätte ich meinen Vater wiedergefunden. »Ihr habt mir gefehlt, Lord«, stieß ich hervor.
    »Nun werd nicht gleich sentimental!« fuhr Merlin mich an. Er eilte zum Fenster, während ein fränkischer Krieger schon durch die Flammen in der Türöffnung sprang und unter trotzigem Gebrüll über die lange Tischplatte schlidderte. Die Haare des Mannes rauchten, als er seinen Speer nach uns warf. Mit meinem Schild schlug ich die Speerspitze beiseite, stieß mit dem Schwert zu, versetzte dem Mann einen Tritt und stieß abermals zu. »Hierher!« schrie Galahad aus dem Garten unterm Fenster. Ich verabreichte dem sterbenden Franken einen letzten Hieb, dann sah ich, daß Merlin zu seinem Arbeitstisch zurückgekehrt war. »Schnell, Lord!« rief ich ihm zu.
    »Die Katze!« erklärte Merlin. »Ich kann die Katze nicht zurücklassen. Sei nicht so hektisch!«
    »O ihr Götter, Lord!« schrie ich ihn an, aber Merlin kroch schon unter den Tisch, um die verängstigte graue Katze hervorzuholen, die sich in seine Arme kuschelte, als er endlich über die Fensterbrüstung in einen von

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