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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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beeinträchtigt.
    »Komm mit uns, Vater!« bat Galahad.
    »Ich habe zu tun«, entgegnete Ban verdrossen. Er tauchte seine Feder ins Tintenhorn und begann zu schreiben. »Siehst du denn nicht, daß ich beschäftigt bin?«
    Ich stieß die Tür auf, die zur Bibliothek führte, durchquerte das leere Vorzimmer und öffnete die Tür der Bibliothek. Der bucklige Priester stand vor einem der Regale mit Schriftrollen. Der polierte Holzboden war mit Manuskripten übersät. »Euer Leben gehört mir!« schrie ich zornig, voll Groll darüber, daß
    ein so häßlicher alter Mann mir diese Verantwortung aufgebürdet hatte, wo es in der Stadt doch so viele andere Leben zu retten galt. »Also kommt mit! Sofort!« Der Priester ignorierte mich. Hastig zog er ein Pergament nach dem anderen aus den Regalen, riß Schleifen und Siegel ab und warf einen Blick auf die ersten Zeilen, um sie sofort zu Boden zu werfen und eine andere Rolle herauszuholen. »Nun kommt schon!« fuhr ich ihn an.
    »Wartet!« antwortete Celwin, der schon wieder ein Pergament herauszog, wegwarf und nach dem nächsten griff. »Noch nicht!«
    Ein lautes Krachen hallte durch den Palast, Jubelrufe brandeten auf und wurden von Angstschreien übertönt. Galahad stand an der äußeren Tür zur Bibliothek und flehte seinen Vater an, mit uns zu kommen, aber Ban winkte seinen Sohn davon, als wären ihm dessen Worte lästig. Dann wurde die Tür aufgestoßen, und drei schwitzende Frankenkrieger kamen hereingestürzt. Galahad lief ihnen entgegen, konnte das Leben seines Vaters aber nicht mehr retten, und Ban machte nicht einmal den Versuch, sich zu wehren. Der erste Franke versetzte ihm einen Schwerthieb, aber ich glaube, der König von Benoic war schon an gebrochenem Herzen gestorben, bevor ihn die Klinge des Feindes berührte. Als der Franke dem König den Kopf abschlagen wollte, starb er durch Galahads Speer, während ich mich mit Hywelbane auf den zweiten Mann stürzte und seinen verletzten Körper herumschwang, um den dritten aufzuhalten. Der Atem des sterbenden Franken stank genauso nach Ale wie der Atem eines Sachsen. Draußen vor der Tür war Rauch zu sehen. Galahad stand jetzt neben mir und tötete mit seinem Speer den dritten Mann, doch draußen liefen immer mehr Franken durch den Korridor. Ich riß mein Schwert aus dem Toten und wich ins Vorzimmer zurück. »Nun kommt schon, alter Narr!«
    schrie ich dem starrköpfigen Priester über die Schulter hinweg zu.
    »Alt ja, Derfel, aber ein Narr? Niemals.« Der Priester lachte, und irgend etwas an diesem säuerlichen Lachen veranlaßte mich herumzufahren; und da sah ich, fast wie im Traum, daß
    der Buckel verschwand, während der Priester seinen langen Körper zu voller Größe aufrichtete. Er ist ja gar nicht häßlich, dachte ich. Ganz im Gegenteil, er war wundervoll und majestätisch und so von Weisheit erfüllt, daß ich mich, obwohl ich mich an einem Ort des Todes befand, der nach Blut stank und von den Schreien der Sterbenden widerhallte, sicherer fühlte, als ich mich je im Leben gefühlt hatte. Er lachte mich noch immer aus, hocherfreut, mich so lange an der Nase herumgeführt zu haben.
    »Merlin!« stieß ich hervor, und ich muß gestehen, daß mir die Tränen in die Augen traten.
    »Gib mir noch fünf Minuten«, verlangte er, »versuch sie so lange aufzuhalten.« Er kramte immer noch in den Schriftrollen, riß ihnen die Siegel ab und warf sie nach einem flüchtigen Blick zu Boden. Die Augenklappe, die nur Teil seiner Tarnung gewesen war, hatte er abgenommen. »Versuch sie
    aufzuhalten«, wiederholte er und eilte an ein anderes Regal voll noch nicht überprüfter Handschriften. »Du bist gut im Töten, habe ich gehört. Also sei jetzt bitte besonders gut.«
    Galahad schob die Harfe und den Schemel der Harfenistin in die äußere Türöffnung, und dann verteidigten wir beiden den Durchgang mit Speer, Schwert und Schild. »Wußtest du, daß
    er hier ist?« fragte ich Galahad.
    »Wer?« Galahad rammte seinen Speer in einen runden Frankenschild und riß ihn zurück.
    »Merlin.«
    »Merlin ist hier?« Galahad war aufrichtig erstaunt. »Ich hatte keine Ahnung.«
    Ein schreiender Franke mit lockigem Haar und Blut im Bart ging mit seinem Speer auf mich los. Ich packte die Waffe unmittelbar hinter der Spitze und benutzte sie, um ihn in mein Schwert zu ziehen. Ein weiterer Speer wurde an mir vorbeigeworfen und bohrte sich mit seiner Stahlspitze in den Oberbalken der Tür hinter mir. Ein Mann blieb mit den Füßen in den

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