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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Geschenk sah, eine kleine Brosche aus emailliertem Silber, die ein Tier darstellte, das fast wie ein Hase aussah, aber kürzere Beine und Ohren hatte. Sie hatte sich unter den Schätzen in Sansums Schrein befunden, und Arthur hatte den Wert der Brosche gewissenhaft durch Münzen aus seiner Börse ersetzt.
    »Er wünschte, er hätte Euch etwas Besseres schicken können«, richtete ich ihr Arthurs Botschaft aus, »aber leider müssen wir unseren wertvollsten Schmuck heutzutage den Sachsen geben.«
    »Es gab eine Zeit«, erwiderte sie verbittert, »da bekam ich seine Geschenke aus Liebe, nicht aus schlechtem Gewissen.«
    Ailleann war immer noch eine bemerkenswerte Frau, obwohl ihre Haare inzwischen von Grau durchzogen und ihre Augen von Resignation matt geworden waren. Sie war in ein langes blaues Wollgewand gekleidet, die Haare hatte sie über den Ohren zu Schnecken aufgerollt. Sie betrachtete das seltsame Emailletier. »Was glaubt Ihr, was das ist?« fragte sie mich.
    »Ein Hase ist es nicht. Ist es eine Katze?«
    »Sagramor sagt, es heißt Kaninchen. Er hat sie in Kappadokien gesehen, wo immer das auch sein mag.«
    »Ihr müßt nicht alles glauben, was Sagramor erzählt«, schalt mich Ailleann, während sie sich die kleine Brosche ans Gewand heftete. »Ich habe Schmuck für eine Königin«, setzte sie hinzu, während sie mich in den kleinen Innenhof ihres römischen Hauses führte, »aber ich bin immer noch Sklavin.«
    »Hat Arthur Euch nicht die Freiheit geschenkt?« fragte ich entsetzt.
    »Er hat Angst, ich würde nach Armorica zurückkehren. Oder nach Irland. Und ihm dadurch die Zwillinge nehmen.« Sie zuckte die Achseln. »Am selben Tag, da die beiden großjährig werden, wird Arthur mir die Freiheit schenken, und wißt Ihr, was ich dann tun werde? Ich werde genau hier bleiben.« Sie bot mir einen Sessel an, der im Schatten eines
    Klettergewächses stand. »Ihr seht älter aus«, stellte sie fest und schenkte strohfarbenen Wein aus einer mit
    Weidengeflecht umwickelten Flasche ein. »Wie ich hörte, hat Lunete Euch verlassen?« fragte sie, als sie mir einen Hornbecher reichte.
    »Wir haben, glaube ich, einander verlassen.«
    »Sie soll jetzt Isis-Priesterin sein«, sagte Ailleann spöttisch.
    »Ich höre eine Menge aus Durnovaria und wage nur die Hälfte davon zu glauben.«
    »Zum Beispiel?« fragte ich neugierig.
    »Wenn Ihr es nicht wißt, Derfel, dann werde ich es Euch auch nicht erzählen.« Sie trank einen Schluck Wein und verzog angewidert das Gesicht. »Arthur ebenfalls. Der will immer nur gute Nachrichten hören, niemals schlechte. Er glaubt sogar, daß etwas Gutes in den Zwillingen steckt.«
    Es schockierte mich, daß eine Mutter so von ihren Söhnen sprach. »Davon bin ich auch überzeugt«, behauptete ich. Sie warf mir einen belustigten Blick zu. »Die Knaben sind heute nicht besser, Derfel, als sie früher waren, und gut waren sie wahrhaftig nie. Sie ärgern sich über ihren Vater. Sie finden, sie müßten Prinzen sein, und benehmen sich wie Prinzen. Es gibt keinen Ärger in der Stadt, den sie nicht selber anzetteln oder unterstützen, und wenn ich versuche, sie zu bändigen, nennen sie mich eine Hure.« Sie zerdrückte ein Stückchen Kuchen und warf die Krümel ein paar aufdringlichen Spatzen hin. Im Hintergrund fegte ein Diener mit Reiserbesen den Hof, bis Ailleann dem Mann befahl, sich zu entfernen. Dann fragte sie mich über den Krieg aus, und ich versuchte meinen Pessimismus im Hinblick auf Gorfyddyds riesiges Heer zu verbergen. »Könnt Ihr nicht Amhar und Loholt mit Euch nehmen?« fragte mich Ailleann nach einer Weile. »Es wäre möglich, daß sie recht gute Soldaten sind.«
    »Ich bezweifle, daß ihr Vater sie für alt genug hält«, wandte ich ein.
    »Falls er überhaupt über sie nachdenkt. Er schickt ihnen Geld. Ich wünschte, er würde es nicht tun.« Sie befingerte ihre neue Brosche. »Die Christen in der Stadt behaupten alle, daß Arthur dem Untergang geweiht sei.«
    »Noch nicht, Lady.«
    Sie lächelte. »Noch lange nicht, Derfel. Die Menschen unterschätzen Arthur. Sie sehen seine Güte, hören seine Freundlichkeit, lauschen seinen Worten von Gerechtigkeit, und keiner von ihnen, nicht einmal Ihr, erkennt, was wirklich in ihm brennt.«
    »Und das wäre?«
    »Ehrgeiz«, antwortete sie kurz. Sie überlegte eine Sekunde.
    »Seine Seele«, fuhr sie fort, »ist ein Wagen, der von zwei Pferden gezogen wird: Ehrgeiz und Gewissen. Ich aber sage Euch, Derfel, das Pferd namens Ehrgeiz geht im

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