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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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kurzes graues Haar sonderbar gelblich wirkte. Er trug seine römische Rüstung und saß an einem Tisch, der mit vielen Pergamenten bedeckt war. Agricola war ein strenger Mann, der mich nur flüchtig begrüßte, mir jedoch ein Kompliment über meine Männer machte. »Sie sind sehr zuversichtlich. Aber das sind die Feinde auch, und von denen gibt es weitaus mehr, als es Krieger auf unserer Seite gibt.«
    Sein Ton war grimmig.
    »Wie viele?« wollte ich wissen.
    Meine Direktheit schien Agricola zu verletzen, aber ich war nicht mehr der Knabe von damals, der Gwents Kriegsherrn zum erstenmal sah. Inzwischen war ich selber ein Lord und befehligte Männer; ich hatte das Recht zu erfahren, welches Risiko meine Männer erwartete. Aber vielleicht war es gar nicht meine Direktheit, die Agricola reizte, sondern die Tatsache, daß er nicht an die Übermacht des Feindes erinnert werden wollte. Letztlich nannte er mir jedoch die Zahlen.
    »Nach den Berichten unserer Spione«, sagte er, »hat Powys sechshundert Speerkämpfer aus dem eigenen Land
    zusammengezogen. Gundleus hat weitere zweihundertfünfzig aus Siluria mitgebracht, vielleicht auch mehr. Ganval aus Elmet hat zweihundert Mann geschickt, und die Götter allein wissen, wie viele herrenlose Männer zu Gorfyddyds Banner geströmt sind, um einen Anteil an der Beute zu bekommen.«
    Herrenlose Männer waren Vagabunden, Exilanten, Mörder und Wilde, die sich einem Heer nur wegen der Beute anschlossen, die sie in der Schlacht machen konnten. Diese Männer waren gefürchtet, denn sie hatten nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Ich bezweifelte, daß wir viele von ihnen auf unserer Seite hatten - nicht nur, weil man erwartete, daß wir besiegt wurden, sondern weil sowohl Tewdric als auch Arthur strikt gegen diese herrenlosen Kreaturen waren. Seltsamerweise waren jedoch viele von Arthurs besten Reitern früher einmal solche Männer gewesen. Krieger wie Sagramor hatten in den römischen Heeren gekämpft, die von den heidnischen Eroberern Italiens zerschlagen wurden, und nur Arthurs jugendlichem Genie war es gelungen, diese herrenlosen Söldner zu einer Kriegshorde
    zusammenzuschmieden.
    »Es kommt noch schlimmer«, fuhr Agricola finster fort. »Das Königreich Cornovia hat Männer zur Verfügung gestellt, und erst gestern hörten wir, daß Oengus Mac Airem von Demetia mit einer Kriegshorde seiner Schwarzschilde eingetroffen ist - ungefähr einhundert Mann. Ein weiterer Bericht meldet, daß
    sich auch Gwynedds Männer Gorfyddyd angeschlossen haben.«
    »Landwehr?« fragte ich.
    Agricola zuckte die Achseln. »Fünf-bis sechshundert. Vielleicht sogar tausend. Aber die werden erst kommen, wenn die Ernte eingebracht ist.«
    Allmählich wünschte ich, ihn nicht gefragt zu haben. »Und wie steht es bei uns, Lord?«
    »Nun, da Arthur gekommen ist…« Er hielt inne.
    »Siebenhundert Speere.«
    Ich schwieg. Kein Wunder, dachte ich, daß die Menschen in Gwent und Dumnonia ihre Schätze vergraben und einander zuflüstern, Arthur solle Britannien verlassen. Wir standen einer gewaltigen Übermacht gegenüber.
    »Ich wäre dankbar«, schloß Agricola bissig, als wäre Dankbarkeit etwas, was seinem Gefühlsleben völlig fremd war,
    »wenn Ihr diese Zahlen nicht verbreiten würdet. Uns laufen ohnehin schon genug Männer davon. Wenn es noch mehr werden, können wir unser eigenes Grab schaufeln.«
    »Von meinen Männern wird keiner weglaufen«, behauptete ich.
    »Nein«, räumte er ein, »noch nicht.« Er stand auf und holte sein römisches Kurzschwert von der Zeltstange herunter, an die er es gehängt hatte. Im Zelteingang blieb er stehen, um finster zu den feindlichen Hügeln hinüberzublicken. »Die Männer sagen, daß Ihr ein Freund von Merlin seid.«
    »Das bin ich, Lord.«
    »Wird er kommen?«
    »Ich weiß es nicht, Lord.«
    Agricola stöhnte. »Ich wünschte, er käme. Irgend jemand muß
    diesem Heer Vernunft beibringen. Die Befehlshaber sind heute abend alle nach Magnis bestellt. Zum Kriegsrat.« Er sagte es so bitter, als wüßte er, daß solche Kriegsräte mehr Streit als Kameradschaft produzieren. »Bei Sonnenuntergang. Seid pünktlich.«
    Galahad begleitete mich. Nimue blieb bei meinen Männern, denn ihre Nähe verlieh ihnen Zuversicht. Ich war froh, daß sie nicht mitkam, denn der Kriegsrat wurde durch ein Gebet von Bischof Conrad aus Gwent eröffnet, der unsere Chancen höchst pessimistisch einzuschätzen schien, denn er flehte seinen Gott an, uns Kraft zu verleihen, um unseren

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