Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig
nicht? Dann sehe ich keinen Grund für einen Krieg.«
Mit dieser Zusicherung mußten wir uns zufriedengeben. Der Krieg hing, wie es schien, von Gorfyddyds Antwort ab. Um sie einzuholen, begab sich Galahad am folgenden Morgen auf den Ritt gen Norden.
Ich begleitete Galahad. Er hatte nicht gewollt, daß ich mitkomme, denn er behauptete, das werde lebensgefährlich für mich sein, aber ich redete auf ihn ein wie nie zuvor. Außerdem diskutierte ich mit Arthur und führte dabei an, daß
mindestens ein Dumnonier dabeisein sollte, wenn Gorfyddyd offenbarte, was er mit unserem König vorhabe, und Arthur setzte sich bei Galahad für mich ein, bis dieser schließlich doch nachgab. Immerhin waren wir Freunde, obwohl Galahad um meiner eigenen Sicherheit willen darauf bestand, daß ich als sein Diener mitreiste und auf meinem Schild sein Zeichen trug. »Du hast kein Zeichen«, sagte ich.
»Jetzt habe ich eins«, entgegnete er und ordnete an, daß
unsere Schilde mit einem Kreuz geschmückt wurden. »Warum nicht?« fragte er mich. »Ich bin schließlich Christ.«
»Es wirkt irgendwie unecht«, sagte ich. Denn ich war daran gewöhnt, auf den Schilden der Krieger Bullen, Adler, Drachen und Hirsche zu sehen, nicht aber irgendein langweiliges Stück religiöser Geometrie.
»Mir gefällt es«, gab er zurück, »und außerdem bist du jetzt mein ergebenster Diener, Derfel, daher interessiert mich deine Meinung nicht. Nicht im geringsten.« Er lachte und wich dem Knuff aus, den ich ihm auf den Arm versetzen wollte. Leider sah ich mich gezwungen, nach Caer Sws zu reiten. In all den Jahren, die ich mit Arthur verbrachte, hatte ich mich nicht daran gewöhnen können, auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen. Mir schien es immer am natürlichsten, mich ganz hinten auf ein Pferd zu hocken, doch dabei war es praktisch unmöglich, das Tier mit den Knien zu lenken; um das zu tun, mußte man nach vorn rutschen, bis man unmittelbar hinter dem Halsansatz saß, während die Beine hinter den Vorderbeinen des Pferdes in der Luft baumelten. Schließlich hakte ich einen Fuß in den Sattelgurt, um wenigstens ein bißchen Halt zu haben, eine Position, die Galahad offenbar beleidigte, der stolz auf seine Reitkunst war. »Reit vernünftig«, pflegte er zu sagen.
»Aber ich weiß nicht, wo ich die Füße lassen soll!«
»Das Pferd hat vier davon. Wie viele brauchst du noch?«
Wir ritten nach Caer Lud, Gorfyddyds Hauptfestung in den Hügeln an der Grenze. Da die Stadt auf einem Hügel in einer Flußschleife lag, nahmen wir an, daß die Stadtwachen weniger mißtrauisch sein würden als jene, die die Römerstraße im Lugg Vale bewachten. Dennoch nannten wir nicht den wahren Grund für unseren Besuch in Powys, sondern behaupteten, landlose Männer aus Armorica zu sein, die Einlaß in Gorfyddyds Land begehrten. Als die Wachen vernahmen, daß Galahad ein Prinz war, bestanden sie darauf, ihn zum Befehlshaber der Stadt zu begleiten. Sie führten uns durch die Stadt, in der es von Bewaffneten wimmelte, deren Speere vor jeder Tür steckten und deren Helme sich unter den Bänken der Schenken türmten. Der Befehlshaber war ein überforderter Mann, der eindeutig die Verantwortung haßte, welche die Verwaltung einer Garnison, die wegen des unmittelbar bevorstehenden Krieges über die Maßen angeschwollen war, mit sich brachte. »Als ich Eure Schilde sah, Lord Prinz, wußte ich, daß Ihr aus Armorica sein müßt«, sagte er zu Galahad. »In den Augen von uns Provinzlern wirkt Euer Symbol sehr fremdländisch.«
»Aber ehrenwert in den meinen«, sagte Galahad ernst und vermied es, mich anzusehen.
»Aber gewiß doch, gewiß«, lenkte der Befehlshaber ein. Sein Name war Halsyd. »Und selbstverständlich seid Ihr willkommen, Lord Prinz. Unser Großkönig heißt alle …«
Verlegen hielt er inne. Er hatte sagen wollen, daß Gorfyddyd alle landlosen Krieger willkommen heiße, doch diese Worte grenzten zu sehr an eine Beleidigung, wenn sie dem enteigneten Prinzen eines armoricanischen Königreichs gegenüber geäußert wurden, »… heißt alle tapferen Männer willkommen«, schloß der Befehlshaber statt dessen. »Ihr habt doch nicht etwa vor, hier bei uns zu bleiben?« Er befürchtete, daß wir uns als zwei weitere hungrige Mäuler erweisen würden, und es fiel ihm schon schwer, die Garnison so, wie sie war, zu versorgen.
»Ich möchte nach Caer Sws reiten«, verkündete Galahad.
»Mit meinem Diener.« Er deutete auf mich.
»Mögen die Götter Euren Weg
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