Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
»Morgen nacht.«
    Ich war von Merlins Tor zu Owains Truppe gekommen, und das war, als hätte ich einen Sprung von dieser in eine andere Welt getan. Ich blickte zum Mond hinauf und dachte daran, wie Gundleus' langhaarige Männer die Wachen auf dem Tor massakriert hatten; dann dachte ich an die Leute im Moor, denen in der folgenden Nacht das gleiche bevorstand, und wußte, daß ich nichts dagegen tun konnte, obwohl mir klar war, daß man sie aufhalten müßte. Aber das Schicksal ist, wie Merlin uns immer eingepaukt hat, unerbittlich. Das Leben ist nichts als ein Witz der Götter, pflegte Merlin gern zu behaupten, und Gerechtigkeit gibt es nicht. Du mußt lernen zu lachen, hatte er mir einmal erklärt, sonst wirst du dich zu Tode weinen.

    Wir hatten unsere Schilde mit dem Pech der Bootsbauer beschmiert, damit sie so aussahen wie die schwarzen Schilde von Oengus Mac Airerns irischen Stoßtruppen, die mit ihren spitzschnabeligen Langbooten Dumnonias Nordküste heimsuchten. Ein Einheimischer mit tätowierten Wangen führte uns den ganzen Nachmittag lang durch tiefe, üppige Täler, die allmählich zu der großen, öden Hochmoorlandschaft hinaufführten, die gelegentlich durch eine Lücke in den dichten, großen Bäumen zu sehen war. Es waren prächtige Wälder, voller Wild und durchströmt von flinken, kalten Bächen, die vom Hochmoor zur See eilten.
    Gegen Abend erreichten wir den Rand des Moors und stiegen nach Einbruch der Dunkelheit auf einem Ziegenpfad die Hügel empor. Es war ein geheimnisvoller Ort. Hier hatte das Alte Volk gelebt und in den Tälern seine heiligen Steinkreise zurückgelassen. Die Berggipfel krönten wirr
    durcheinanderliegende graue Felsbrocken, und in den Niederungen erstreckten sich trügerische Sümpfe, durch die uns unser ortskundiger Führer sicher geleitete.
    Owain hatte uns erklärt, die Moorbewohner hätten sich gegen König Mordred erhoben und ihre Religion lehre sie, die Männer mit den schwarzen Schilden zu fürchten. Das war eine gute Erklärung, und ich hätte sie wohl auch geglaubt, hätte ich am Abend zuvor nicht sein Gespräch mit Fürst Cadwy belauscht. Außerdem hatte uns Owain Gold versprochen, wenn wir unsere Sache gut machten, und uns eingeschärft, daß dieser Überfall unbedingt ein Geheimnis bleiben müsse, da der Rat uns nicht den Auftrag erteilt habe, derartige Bestrafungen auszuführen. Auf dem Weg zum Moor waren wir tief in den dichten Wäldern auf einen alten Schrein gestoßen, der in einem Eichenhain stand, und dort hatte Owain jeden einzelnen von uns vor den moosüberwachsenen Schädeln in den Nischen der Schreinwände den heiligen Todeseid der Geheimhaltung schwören lassen. Diese uralten, verborgenen Schreine gab es überall in Britannien - was bewies, wie weit verbreitet der Druidenkult vor der Ankunft der Römer gewesen war. Die Landbevölkerung suchte die Schreine auch heute noch auf, um die Hilfe der Götter zu erflehen. An jenem Nachmittag nun hatten wir unter den großen, mit Flechten behangenen Eichen vor den Schädeln gekniet und den Griff von Owains Schwert berührt, und jene Männer, die in die Geheimnisse des Mithras eingeweiht waren, hatten Owains Kuß empfangen. Anschließend zogen wir, von den Göttern gesegnet und aufs Töten eingeschworen, der Nacht entgegen. Der Ort, zu dem wir dann gelangten, war finster und schmutzig. Große Schmelzfeuer spien Funken und Rauch gen Himmel. Zwischen den Feuern und rings um die klaffenden schwarzen Löcher, die erkennen ließen, wo die Männer sich in die Erde gegraben hatten, lagen die Hütten. Die riesigen Holzkohlehalden glichen schwarzen Bergen, und es herrschte ein Geruch im Tal, der mir gänzlich unbekannt war. Für meine erhitzte Phantasie wirkte dieses hoch gelegene Dorf eher wie Arawns Reich, die Anderwelt, denn wie eine menschliche Siedlung.
    Hunde bellten, als wir näher kamen, doch in der Siedlung nahm niemand davon Notiz. Es gab keinen Zaun, nicht mal einen Erdwall, der das Dorf schützte. Dicht neben einigen Reihen von Karren waren Ponys angebunden, die zu wiehern begannen, als wir uns vorsichtig ins Tal hinabschlichen, aber noch immer trat niemand aus den niedrigen Hütten, um nach der Ursache der Unruhe zu forschen. Die Hütten bestanden aus kreisrunden Steinmauern mit Grassodendach, im Mittelpunkt der Ansiedlung lagen jedoch zwei alte römische Gebäude: rechteckig, hoch und fest.
    »Jeder mindestens zwei Mann«, zischte Owain uns zu und wollte damit sagen, daß jeder von uns zwei Männer töten

Weitere Kostenlose Bücher