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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Unterleib. Mein Schwert benutzte ich diesmal nicht, denn ich fand, daß Hywels Klinge für diesen Nachtangriff nicht geeignet sei. Es endete sehr schnell. Urplötzlich war die Siedlung leer bis auf die Toten, die Sterbenden und ein paar Männer, Frauen und Kinder, die versuchten, sich zu verstecken. Wir töteten alle, die wir fanden. Wir töteten ihre Tiere, wir verbrannten die Karren, mit denen sie die Holzkohle aus den Tälern heraufholten, wir schlugen die Grasdächer ihrer Hütten ein, wir zertrampelten ihre Gemüsegärten, und dann durchsuchten wir die Siedlung nach Schätzen. Von oben kamen ein paar Pfeile herab, die aber keinen von uns trafen.
    In der Hütte des Häuptlings fanden wir einen Behälter mit römischen Münzen, Goldbarren und Silberbarren. Es war die größte Hütte, über sechs Meter im Durchmesser, und in der Hütte fiel das Licht unserer Feuerbrände auf den toten Häuptling, der mit gelblichem Gesicht und aufgeschlitztem Bauch dalag. Eine seiner Frauen und zwei seiner Kinder lagen tot in seinem Blut. Ein drittes Kind, ein Mädchen, lag unter einem blutgetränkten Fell, und ich glaubte zu sehen, daß ihre Hand zuckte, als einer unserer Männer über sie stolperte; aber ich tat so, als wäre sie tot, und ließ sie in Ruhe. Ein anderes Kind schrie in der Nacht, als es in seinem Versteck gefunden und von einem Schwert in Stücke gehackt wurde.
    Gott möge mir verzeihen, Gott und seine Engel mögen mir verzeihen, aber ich beichtete die Sünden dieser Nacht nur einem einzigen Menschen. Sie war kein Priester und besaß
    auch nicht die Macht, mir die christliche Absolution zu erteilen. Im Fegefeuer oder vielleicht auch in der Hölle werde ich diesen toten Kindern gewiß begegnen. Meine Seele wird ihren Vätern und Müttern als Spielball dienen, und diese Strafe habe ich verdient.
    Aber hatte ich denn eine Wahl? Ich war jung; ich wollte leben; ich hatte einen Eid geleistet; ich folgte meinem Anführer. Ich tötete keinen Menschen, der mich nicht angriff, aber was gilt das angesichts jener Sünden? Meine Kameraden schienen das nicht für eine Sünde zu halten: Sie töteten nur Angehörige eines anderen Stammes, ja, eines anderen Volkes, und das genügte ihnen als Rechtfertigung. Ich aber war auf dem Tor aufgewachsen, wo Menschen aller Rassen und aller Stämme zusammenlebten, und obwohl Merlin selbst ein
    Stammeshäuptling war und jeden, der sich Brite nennen durfte, hitzig in Schutz nahm, lehrte er niemals Haß auf andere Stämme. Seine Lehren hatten mich untauglich für das gedankenlose Abschlachten von Fremden gemacht, die umgebracht wurden, nur weil sie Fremde waren.
    Aber dennoch, ob nun untauglich oder nicht, ich habe getötet, und Gott möge mir dies vergeben, wie auch die vielen anderen Sünden, die viel zu zahlreich sind, um sie alle aufzulisten. Vor Tagesanbruch rückten wir ab. Das Tal lag
    rauchgeschwängert, blutgetränkt und schaurig da. Das Moor stank nach dem Gemetzel, und eine unheimliche Stille hatte sich herabgesenkt. Owain schenkte mir einen Goldbarren, zwei Silberbarren und eine Handvoll Münzen, und ich - Gott möge mir vergeben - behielt den Henkerslohn.

    Der Herbst bringt Schlachten, denn während des Frühlings und Sommers tragen zahllose Schiffe immer neue Sachsen an unsere Ostküste, und diese Neuankömmlinge versuchen sich im Herbst dann eigenes Land zu verschaffen. Es ist das letzte Aufflammen des Krieges, bevor der Winter das Land umschließt.
    In diesem Herbst des Jahres, in dem Uther gestorben war, kämpfte ich zum erstenmal gegen die Sachsen. Kaum waren wir vom Eintreiben der Steuern im Westen zurückgekehrt, da hörten wir von sächsischen Raubüberfällen im Osten. Owain unterstellte uns dem Kommando seines Hauptmanns Griffid ap Annan und schickte uns Melwas, dem König der Belger und Vasall Dumnonias, zu Hilfe. Melwas' Aufgabe war es, unsere Südküste gegen eindringende Sais zu verteidigen. In den Sachsen war in jenem grimmen Jahr von Uthers Totenfeuer neue Angriffslust erwacht, Owain blieb auf Caer Cadarn zurück, denn im Rat von Dumnonia herrschte heftiger Streit über die Frage, wer für Mordreds Erziehung zuständig sei. Bischof Bedwin verlangte, der König müsse in seinem Haushalt aufwachsen, aber die Nicht-Christen, die die Mehrheit im Rat bildeten, wollten ebensowenig, daß Mordred zum Christen erzogen wurde, wie Bedwin und seine Anhänger wollten, daß der Königsknabe als Heide aufwuchs. Owain, der behauptete, alle Götter gleichermaßen zu verehren, machte

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