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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Die Insel stand unter dem Schutz von Crom Dubh, dem finsteren, verkrüppelten Gott, und es gab Leute, die behaupteten, am Ende der Insel liege Cruachans Höhle, das Tor zur Anderwelt. Angstgelähmt starrte ich hinüber, bis mir Owain die Hand auf die Schulter legte. »Du brauchst dir keine Gedanken über die Toteninsel zu machen, Junge«, versicherte er mir. »Du hast einen wachen Kopf auf den Schultern.« Damit ging er weiter nach Westen. »Wo werden wir heute übernachten?« rief er Lwellwyn zu, dem Schatzamtsschreiber, dessen Maultier die gefälschten Berichte dieses Jahres trug.
    »Bei Fürst Cadwy von Isca«, antwortete Lwellwyn.
    »Ach ja, Cadwy! Ich mag Cadwy. Was haben wir dem häßlichen Gauner voriges Jahr abgeluchst?«
    Lwellwyn brauchte nicht seine Kerbhölzer zu Rate zu ziehen, sondern zählte sofort die Häute, Felle, Sklaven, die Menge der Metallbarren, getrockneten Fische, die Menge an Salz und gemahlenem Getreide auf. »Zumeist hat er jedoch in Gold bezahlt«, ergänzte er.
    »Er gefällt mir immer besser!« verkündete Owain. »Worauf werden wir uns einigen, Lwellwyn?«
    Lwellwyn schätzte den Betrag auf die Hälfte dessen, was Cadwy im vergangenen Jahr bezahlt hatte, und das war genau der Betrag, auf den man sich vor der Abendmahlzeit in Fürst Cadwys Halle einigte. Es war ein großartiges Anwesen, von den Römern erbaut, mit einem Säulenportikus, der ein langgestrecktes, bewaldetes Tal bis zur Mündung des ExeFlusses überblickte. Cadwy war ein Fürst der Dumnonii, des Stammes, der unserem Land den Namen gegeben hatte, und als Fürst gehörte Cadwy zum zweithöchsten Rang des Königreichs. Könige gehörten zum höchsten Rang, danach kamen Fürsten wie Gereint und Cadwy oder Vasallenkönige wie Melwas von den Belgern, und schließlich Häuptlinge wie Merlin, obwohl Merlin von Avalon außerdem Druide war und dadurch außerhalb der Rangleiter stand. Cadwy, der sowohl Fürst als auch Häuptling war, regierte einen weitverzweigten Stamm, der alles Land zwischen Isca und der Grenze zu Kernow besiedelte. Es hatte eine Zeit gegeben, da waren alle Stämme Britanniens voneinander abgegrenzt, und ein Mann der Catuvellauner hätte ganz anders ausgesehen als ein Mann der Belger, aber die Römer hatten uns alle ziemlich gleich gemacht. Nur einige Stämme, wie etwa der von Cadwy, hatten sich ihre unverwechselbare Erscheinung bewahrt. Die Männer seines Stammes, die sich den anderen Briten für überlegen hielten, tätowierten sich zum Zeichen ihrer Erhabenheit das Gesicht mit den Symbolen ihres Stammes und ihrer Sippe. Jedes Tal hatte seine eigene Sippe, gewöhnlich nicht mehr als ein Dutzend Familien. Die Rivalität zwischen den Sippen war stark, aber nichts im Vergleich zur Rivalität zwischen Fürst Cadwys Stamm und dem übrigen Britannien. Die Hauptstadt des Stammes war Isca, eine römische Stadt mit festen Mauern und Steinhäusern, die denen in Glevum in nichts nachstanden. Cadwy jedoch zog es vor, außerhalb der Stadt auf seinem eigenen Anwesen zu residieren. Die meisten Stadtbewohner lebten nach römischer Art und verzichteten auf Tätowierungen, außerhalb der Wälle jedoch, in den Tälern von Cadwys Land, auf denen die Hand der Römer niemals besonders schwer gelastet hatte, trug jeder Mann, jede Frau und jedes Kind die blauen
    Tätowierungen auf den Wangen. Darüber hinaus war es zwar ein sehr reiches Land, aber Fürst Cadwy hatte es sich in den Kopf gesetzt, es noch reicher zu machen.
    »In letzter Zeit mal auf dem Moor gewesen?« fragte er Owain an jenem Abend. Es war eine warme, angenehme Nacht, und die Abendmahlzeit war auf dem offenen Portikus serviert worden, der auf Cadwys Ländereien hinausging.
    »Noch nie«, antwortete Owain.
    Cadwy stieß einen grunzenden Laut aus. Ich hatte ihn bei Uthers Hohem Rat gesehen, hier aber hatte ich zum erstenmal Gelegenheit, den Mann, dessen Aufgabe es war, Dumnonia vor Überfällen aus Kernow oder dem fernen Irland zu schützen, näher zu betrachten. Der Fürst war ein kleiner, kahlköpfiger Mann mittleren Alters, schwer gebaut, mit Stammeszeichen auf Wangen, Armen und Beinen. Er trug britische Kleidung, liebte aber seine römische Villa mit ihren gepflasterten Böden, den Säulen und dem kanalisierten Wasser, das in Steinrinnen durch den mittleren Hof und bis auf den Portikus hinauslief, wo es ein kleines Fußwaschbecken bildete, bevor es über einen Marmordamm in den Bach weiter unten im Tal floß. Cadwy, fand ich, führte ein schönes Leben. Er fuhr reiche

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