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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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einen Kompromißvorschlag, indem er sich selbst zur Verfügung stellte. »Obwohl es wirklich keine Rolle spielt, an welchen Gott ein König glaubt«, erklärte er uns, bevor wir abmarschierten, »denn ein Herrscher sollte kämpfen lernen, nicht beten.« Also überließen wir ihn seiner Sache, während wir auszogen, um Sachsen zu töten.
    Griffid ap Annan, unser Hauptmann, war ein hagerer, finsterer Mann, der vermutete, Owain wolle im Grunde nur verhindern, daß Mordred bei Arthur aufwuchs. »Nicht, daß Owain gegen Arthur ist«, setzte er eilfertig hinzu, »doch wenn der König Arthur gehört, dann gehört ihm Dumnonia auch.«
    »Ist das so schlimm?«
    »Für dich und mich, Junge, wäre es besser, wenn das Land Owain gehört.« Zur Verdeutlichung seiner Worte fingerte Griffid an den Goldtorques an seinem Hals herum. Alle nannten mich Junge oder Kleiner, aber nur, weil ich der Jüngste in der Truppe und im richtigen Kampf gegen andere Krieger noch nicht erfahren genug war. Außerdem glaubten sie, daß es ihnen Glück bringe, wenn ich in ihren Reihen kämpfte, weil ich der Todesgrube eines Druiden entkommen war. Wie alle Soldaten waren auch Owains Männer sehr abergläubisch. Jedes Zeichen wurde besprochen und erwogen, jeder Mann trug eine Hasenpfote oder einen Blitzstein mit sich herum, jeder Handgriff wurde ritualisiert, damit niemand den rechten Stiefel vor dem linken anzog oder im eigenen Schatten Speerspitzen schliff. Es gab auch eine Handvoll Christen in unseren Reihen, und ich hätte erwartet, daß sie nicht in ständiger Furcht vor Göttern, Geistern und Gespenstern lebten, doch sie erwiesen sich als nicht weniger abergläubisch als wir anderen.
    König Melwas' Hauptstadt Venta war eine arme, kleine Grenzsiedlung. Die Werkstätten dort hatten schon lange geschlossen, und die Mauern ihrer großen römischen Gebäude trugen dicke Brandspuren aus jenen Zeiten, da die Stadt von Sachsen geplündert worden war. König Melwas fürchtete, daß seine Stadt abermals überfallen würde. Die Sachsen, erklärte er, hätten einen neuen Führer, der äußerst versessen auf Land und in der Schlacht furchterregend sei.
    »Warum ist Owain nicht gekommen?« fragte er pikiert. »Oder Arthur? Sie wollen mich zugrunde gehen lassen, nicht wahr?«
    Er war ein dicker, argwöhnischer Mann mit dem schlechtesten Atem, den ich je bei einem Menschen erlebt habe. Melwas war König eines Stammes, nicht eines Landes, und daher zweitrangig, obwohl jeder, der ihn zu Gesicht bekam, eher vermutet hätte, daß er ein Leibeigener wäre, und zwar ein äußerst mürrischer obendrein. »Ihr seid aber nicht sehr zahlreich«, beschwerte er sich bei Griffid. »Gut, daß ich das Aufgebot erhöht habe.«
    Das Aufgebot war Melwas' Landwehr, in der jeder gesunde Mann seines Stammes dienen mußte, obwohl eine ganze Anzahl von ihnen sich schon davor gedrückt und die meisten der reicheren Stammesangehörigen stellvertretend Sklaven geschickt hatten. Dennoch war es Melwas gelungen, eine Streitmacht von über dreihundert Mann zusammenzustellen, in der jeder seine Lebensmittel und Waffen selbst mitbringen mußte. Einige aus diesem Aufgebot waren ehemalige Krieger und kamen mit prächtigen Kampfspeeren und sorgfältig gepflegten Schilden, die meisten aber besaßen keinerlei Ausrüstung, und einigen standen nur Fechtstöcke oder geschliffene Hacken als Waffen zur Verfügung. Die Streitmacht wurde von einer Menge Frauen und Kinder begleitet, die nicht allein zu Hause bleiben wollten, solange ein Einfall der Sachsen drohte.
    Melwas bestand darauf, mit seinen eigenen Kriegern in Venta zu bleiben, um die verfallenden Mauern der Stadt zu verteidigen. Das bedeutete, daß Griffid die Landwehr gegen den Feind führen mußte. Da Melwas keine Ahnung hatte, wo sich die Sachsen gegenwärtig aufhielten, drang Griffid blindlings in die tiefen Wälder östlich von Venta vor. Wir waren eher ein ungeordneter Haufen als ein Kriegsheer - schon der Anblick eines Hirsches löste jeweils eine wilde, kreischende Verfolgungsjagd aus, die jeden Feind im Umkreis von einem Dutzend Meilen alarmiert hätte, und diese Jagd endete unfehlbar damit, daß die Truppe weit in den Wäldern verteilt war. Auf diese Weise verloren wir nahezu fünfzig Mann, entweder weil sie auf ihrer sorglosen Jagd in die Hände der Sachsen fielen oder weil sie sich schlicht verirrten und kurzerhand beschlossen, nach Hause zurückzukehren. In diesen Wäldern hielten sich eine Menge Sachsen auf, auch wenn wir anfangs keine

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