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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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über die Toten, weil das Schreiben mir die Zeit vertreibt, bis ich einer von ihnen werde: eine Zeit, in der Bruder Derfel, der demütige Mönch in Dinnewrac, wieder Lord Derfel Cadarn ist, Derfel, der Mächtige, Champion von Dumnonia und Arthurs geliebter Freund. Jetzt aber bin ich nichts als ein frierender, alter Mönch, der mit der einen Hand, die ihm geblieben ist, seine Erinnerungen niederschreibt. Und heute ist die Nacht vor Samhain, morgen beginnt das neue Jahr. Der Winter kommt. Das tote Laub liegt in regenblanken Verwehungen an den Rainhecken, auf den Stoppelfeldern tummeln sich die Rotdrosseln, Möwen kommen vom Meer her landeinwärts geflogen, und Waldschnepfen versammeln sich unter dem Vollmond. Da sich diese Jahreszeit, wie mir Igraine mitteilt, gut eignet, um über alte Zeiten zu schreiben, hat sie mir einen neuen Stapel Pergamente mitgebracht, ein Fläschchen frisch angerührte Tinte und ein Bündel Federkiele. Erzählt mir von Arthur, verlangt sie, vom goldenen Arthur, unserer letzten und schönsten Hoffnung, unserem König, der niemals König war, dem Feind Gottes und der Geißel Sachsens. Erzählt mir von Arthur.

    Ein Feld nach der Schlacht ist ein furchtbarer Anblick. Wir hatten gesiegt, doch unsere Herzen waren nicht hochgestimmt; wir empfanden nichts als Erschöpfung und Erleichterung. Zitternd saßen wir an den Feuern und versuchten, nicht an die Dämonen und Geister zu denken, die dort umherschlichen, wo die Toten von Lugg Vale lagen. Einige von uns schliefen, aber keiner schlief gut, denn uns verfolgten die Alpträume, die das Ende einer Schlacht mit sich bringt. Ich erwachte in den dunklen Stunden, aus dem Schlaf geschreckt durch die Erinnerung an einen Speerstoß, der fast meinen Bauch durchbohrt hätte. Issa hatte mich gerettet, indem er den feindlichen Speer mit dem Rand seines Schildes beiseite stieß, ich aber schlug mich immer wieder mit dem herum, was um ein Haar geschehen wäre. Ich versuchte wieder einzuschlafen, doch die Erinnerung an jenen Speer hielt mich wach, bis ich schließlich kältezitternd und übermüdet aufstand und mich in meinen Mantel wickelte. Das Tal wurde von flackernden Feuern beleuchtet, und im Dunkel zwischen den Flammen trieben Schwaden von Rauch und Flußnebel dahin. Inmitten des Rauchs bewegte sich etwas, ob es nun aber Geister oder lebende Wesen waren, vermochte ich nicht zu sagen.
    »Ihr könnt nicht schlafen, Derfel?« kam eine leise Stimme aus der Türöffnung des römischen Gebäudes, in dem König Gorfyddyds Leichnam lag.
    Als ich mich umwandte, erkannte ich, daß es Arthur war, der mich beobachtete. »Ich kann nicht schlafen, Lord«, bestätigte ich.
    Langsam suchte er sich einen Weg durch die schlafenden Krieger. Er trug einen seiner langen, weißen Mäntel, die er so liebte, und in dieser rotglühenden Nacht schien der Umhang zu leuchten. Er war weder mit Schlamm noch mit Blut bespritzt, daran erkannte ich, daß er den Mantel sicher verwahrt haben mußte, damit er nach der Schlacht etwas Sauberes anzuziehen hatte. Uns andere hätte es nicht einmal gekümmert, wenn wir den Kampf splitternackt überstanden hätten, solange wir nur am Leben waren, doch Arthur war ein anspruchsvoller Mensch. Er war barhäuptig, und in seinem Haar waren noch die Druckstellen zu sehen, die der Helm hinterlassen hatte. »Nach einer Schlacht kann ich niemals gut schlafen«, sagte er,
    »mindestens eine Woche lang. Danach kommt dann endlich eine Nacht gesegneter Ruhe.« Lächelnd sah er mich an. »Ich stehe in Eurer Schuld.«
    »Nein, Lord«, sagte ich, obwohl er in Wahrheit doch in meiner Schuld stand. Sagramor und ich hatten Lugg Vale den ganzen langen Tag über verteidigt, hatten im Schildwall gegen eine riesige Schar von Feinden gekämpft, und Arthur war es nicht gelungen, uns zu retten. Letztlich war dann doch noch Hilfe gekommen, und mit ihr der Sieg, aber von allen Schlachten, die Arthur geschlagen hatte, war Lugg Vale einer Niederlage am nächsten gewesen. Bis auf die letzte.
    »Ich jedenfalls werde diese Schuld in Erinnerung bewahren«, sagte er freundlich, »auch wenn Ihr es nicht tut. Es wird Zeit, Euch reich zu machen, Derfel, Euch und Eure Männer.«
    Lächelnd ergriff er meinen Ellbogen, um mich zu einem Fleck Erde zu führen, wo unsere Stimmen den unruhigen Schlaf der Krieger, die in der Nähe der rauchenden Feuer lagen, nicht stören konnten. Der Boden war feucht, und in den tiefen Narben, die Arthurs schwere Rösser mit ihren Hufen hinterlassen hatten, hatten

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