Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
sich Regenpfützen gesammelt. Ich fragte mich, ob Pferde auch von der Schlacht träumten; dann fragte ich mich, ob die vor kurzem in der Anderwelt eingetroffenen Toten noch immer erschauerten, wenn sie an den Schwertstreich oder den Speerstoß dachten, der ihre Seele über die Schwerterbrücke geschickt hatte. »Gundleus ist tot, nehme ich an«, unterbrach Arthur meine Gedanken.
    »Er ist tot, Lord«, bestätigte ich. Der König von Siluria war am frühen Abend gestorben, aber ich hatte Arthur seit dem Moment, da Nimue das Lebenslicht ihres Feindes auslöschte, nicht mehr gesehen.
    »Ich habe ihn schreien hören«, sagte Arthur mit unbeteiligter Stimme.
    »Ganz Britannien muß ihn schreien gehört haben«, gab ich ebenso trocken zurück. Nimue hatte dem König die finstere Seele Stückchen um Stückchen entrissen, während sie dem Mann, der sie einst vergewaltigt und ihr ein Auge genommen hatte, leise ihre Rache ins Ohr flüsterte.
    »Also braucht Siluria einen neuen König«, sagte Arthur und blickte das langgestreckte Tal hinab bis dahin, wo die schwarzen Erscheinungen in Dunst und Rauch dahintrieben. Die Flammen warfen Schatten auf sein glattrasiertes Gesicht, die es hager und eingefallen aussehen ließen. Er war kein schöner Mann, aber er war auch nicht häßlich. Sein Gesicht war einzigartig – schmal, knochig und kraftvoll. In Ruhe war es ein nachdenkliches Gesicht, das von Verständnis und Rücksicht zeugte, im Gespräch aber belebten es Begeisterung und ein stets bereites Lächeln. Damals war er noch jung, gerade erst dreißig Jahre alt, und in seinem kurzgeschnittenen Haar war noch kein Grau zu finden. »Kommt!« Er berührte meinen Arm und zeigte das Tal entlang.
    »Ihr wollt unter den Toten wandeln?« Erschrocken wich ich zurück. Ich hätte lieber gewartet, bis die Morgendämmerung die Dämonen verjagte, bevor ich den Schutz des Feuerscheins verließ.
    »Wir haben sie zu Toten gemacht, Derfel, Ihr und ich«, gab Arthur zurück. »Deswegen sollten sie eher uns fürchten, meint Ihr nicht auch?« Er war kein abergläubischer Mensch, nicht wie wir anderen, die wir Segenssprüche begehrten, Amulette verwahrten und ständig nach Vorzeichen Ausschau hielten, die uns vor Gefahren warnten. Durch diese Geisterwelt bewegte sich Arthur wie ein Blinder. »Kommt«, wiederholte er und berührte abermals meinen Arm.
    Also gingen wir ins Dunkel. Sie waren nicht alle tot, die da im Nebel lagen; einige schrien ganz erbärmlich um Hilfe, aber Arthur, sonst gütig wie kein anderer, war taub für ihre schwachen Schreie. Er dachte an Britannien. »Morgen reite ich nach Süden«, erklärte er. »Ich muß Tewdric aufsuchen.« König Tewdric von Gwent war unser Verbündeter, hatte sich aber geweigert, seine Männer nach Lugg Vale zu schicken, weil er überzeugt war, es könne keinen Sieg für uns geben. Der König stand nunmehr in unserer Schuld, denn wir hatten den Krieg auch für ihn gewonnen, doch Arthur war kein Mensch, der lange grollte. »Ich werde Tewdric bitten, Männer gen Osten zu schicken, gegen die Sachsen«, fuhr Arthur fort, »aber ich werde auch Sagramor schicken. Damit dürfte die Grenze während des Winters gesichert sein. Eure Männer –« – er schenkte mir ein flüchtiges Lächeln – »haben ein bißchen Ruhe verdient.«
    Das Lächeln sagte mir, daß es keine Ruhe geben würde. »Sie werden tun, was immer Ihr ihnen auftragt«, antwortete ich pflichtschuldigst. Wegen der wirbelnden Schatten ging ich mit steifen Schritten und machte mit der Rechten das Zeichen gegen das Böse. Manche der eben erst aus ihren Körpern gerissenen Seelen finden den Eingang zur Anderwelt nicht gleich, sondern wandern auf der Suche nach ihren alten Körpern und nach Rache an ihren Mördern ruhelos auf der Erde umher. Solche Seelen gab es im Lugg Vale in jener Nacht viele, und ich fürchtete mich vor ihnen; aber Arthur, der dieser Bedrohung nicht achtete, schlenderte achtlos durch das weite Feld der Toten, während er mit einer Hand den Saum seines Mantels raffte, um ihn vor dem nassen Gras und dem tiefen Schlamm zu schützen.
    »Ich brauche Eure Männer in Siluria«, erklärte er energisch.
    »Oengus Mac Airem wird das Land plündern wollen, aber er muß im Zaum gehalten werden.« Oengus war der irische König von Demetia, der in der Schlacht die Seite gewechselt, Arthur so zum Sieg verholfen hatte und zum Lohn dafür Sklaven und Schätze aus dem Reich des toten Gundleus forderte. »Er darf sich einhundert Sklaven nehmen«,

Weitere Kostenlose Bücher