Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
ihre Speere lagen am Boden und daneben ihre Schilde. Der Wahnsinn war wie ein Gewitter über Dumnonia hinweggefegt, aber er war vorüber; Arthur hatte gesiegt, und unter uns wartete im Schein der Sommersonne ein ganzes Heer kniend auf seine Gnade. Das war es, wovon Guinevere einstmals geträumt hatte: Dumnonia zu Arthurs Füßen und sein Schwert auf dem Krönungsstein. Nun aber war es zu spät. Zu spät für sie.
Aber für uns, die wir unseren Eid gehalten hatten, war es, was wir uns immer gewünscht hatten, denn jetzt war Arthur in allem, nur nicht im Namen, endlich unser König. Anmerkungen des Autors
Kesselgeschichten gibt es in den keltischen Volksmärchen viele, und ganze Scharen von Kriegern machten sich auf, sie an den finstersten, unheimlichsten und gefährlichsten Orten zu suchen. Auch Cuchulain, der große Held der Iren, soll zum Beispiel einen Zauberkessel aus einer mächtigen Festung gestohlen haben, und in den Waliser Sagen kommen immer wieder ähnliche Themen vor. Die Quelle jener Sagen ist heute fast unmöglich aufzuspüren; aber wir können relativ sicher sein, daß die populären mittelalterlichen Erzählungen von der Suche nach dem Heiligen Gral nichts weiter waren als eine christianisierte Bearbeitung der weit älteren Kesselmythen. Eine dieser Sagen rankt sich um den Kessel von Clyddno Eiddyn, der eins der dreizehn Kleinodien Britanniens war. Diese Kleinodien sind aus den modernen Nacherzählungen der Arthursage verschwunden, waren in früheren Zeiten jedoch fest in ihr verankert. Da die Liste der Kleinodien von Quelle zu Quelle variiert, habe ich ein mehr oder weniger repräsentatives Beispiel zusammengestellt. Nimues Erklärung ihrer Ursprünge ab Seite 147 ist allerdings frei erfunden.
Kessel und magische Kleinodien zeigen uns, daß wir uns auf heidnischem Territorium befinden, und das läßt es seltsam erscheinen, daß die späteren Arthursagen so stark christianisiert worden sind. War Arthur der »Feind Gottes«? Einige frühe Erzählungen deuten in der Tat an, daß die keltische Kirche Arthur feindselig gegenüberstand; so heißt es im Life of St. Padarn zum Beispiel, Arthur habe die rote Tunika des Heiligen gestohlen und erst versprochen, sie zurückzugeben, nachdem der Heilige ihn bis zum Hals in der Erde vergraben hatte. Auch soll Arthur den Altar des heiligen Carannog gestohlen haben, um ihn als Speisetafel zu benutzen; ja, in vielen Heiligenlegenden wird Arthur als Tyrann dargestellt, dem nur die Frömmigkeit oder die Gebete des Heiligen Einhalt gebieten können. Der heilige Cadoc war offenbar ein berühmter Gegner Arthurs, dessen Lebensbeschreibung mit der Anzahl seiner Siege über Arthur prahlt. Darunter findet sich eine eher geschmacklose Geschichte, in der Arthur, von einem fliehenden Liebespaar beim Würfelspiel gestört, das Mädchen zu vergewaltigen versucht. Dieser Arthur, ein Dieb, Lügner und Möchtegern-Vergewaltiger, ist eindeutig nicht der Arthur der modernen Sage; aber die Erzählungen lassen darauf schließen, daß Arthur sich irgendwie die starke Abneigung der frühen Kirche zugezogen hat, und die einfachste Erklärung für diese Abneigung ist die, daß Arthur eben ein Heide war. Dessen können wir allerdings nicht sicher sein, ebensowenig, wie wir erraten können, welche Art Heide er war. Das Druidentum, die heimische Religion der Britannier, war durch vier Jahrhunderte römischer Herrschaft so untergraben worden, daß es im späten fünften Jahrhundert nur noch eine leere Hülle war, obwohl es in den ländlichen Gebieten Britanniens zweifellos noch länger standhielt. Der schmerzlichste Schlag für das Druidentum war das Schwarze Jahr 60 nach Christus, als die Römer Ynys Mon (Anglesey) stürmten und damit das Kultzentrum des Glaubens zerstörten. Llyn Cerrig Bach, der See der Kleinen Steine, hat existiert, und die Archäologen hielten ihn für einen wichtigen Ort der druidischen Rituale; aber leider wurde der See mitsamt seiner Umgebung während des Zweiten Weltkriegs zerstört, weil der Stützpunkt Valley Airfield erweitert werden mußte.
Die Religionen, die zu Rivalen des Druidentums wurden, waren von den Römern eingeführt worden, und der Mithraskult stellte eine Zeitlang sogar eine echte Bedrohung für das Christentum dar. Andere Götter wie Merkur und Isis lebten zwar ebenfalls noch lange fort, aber das Christentum war der bei weitem erfolgreichste all dieser Importe. Sogar nach Irland war es vorgedrungen, Patrick (Padraig), ein britannischer Christ, der
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