Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
gehen, und die meisten dieser Speerkämpfer hatten Familien, doch in den Booten war Platz für alle. Die Pferde mußten wir leider zurücklassen, denn Arthur hatte entdeckt, daß Pferde sehr schlechte Seefahrer sind. Während ich nach Norden gewandert war, um Nimue aufzusuchen, hatte er versucht, ein paar Pferde auf eins der Fischerboote zu laden, aber die Tiere scheuten schon bei den sanftesten Wellen, und eins fuhr mit dem Huf sogar durch den Bootsboden: also trieben wir die Tiere, bevor wir lossegelten, auf die Weiden eines fernen Bauerngehöfts und nahmen uns vor, sie zurückzuholen, sobald Gwydre zum König ernannt worden war. Einzig Morgan weigerte sich, mit uns zu kommen, sondern begab sich lieber zu ihrem Gemahl nach Gwent.
Bei Tagesanbruch begannen wir mit dem Beladen der Boote. Zunächst packten wir das Gold auf den Boden der Boote, dann häuften wir die Rüstungen und Lebensmittel über das Gold, und dann gingen wir unter einem grauen Himmel und bei frischem Wind an Bord. Die meisten Boote faßten zehn bis elf Personen, und jedes Boot fuhr, sobald es voll besetzt war, in die Flußmitte, wo es ankerte, so daß die gesamte Flotte gemeinsam lossegeln konnte.
Die Feinde kamen, als wir gerade das letzte Boot beluden. Es war das größte Boot und gehörte Balig, dem Gemahl meiner Schwester. In ihm saßen Arthur, Guinevere, Gwydre, Morwenna und ihre Kinder, Galahad, Taliesin, Ceinwyn und ich, zusammen mit Culhwch, seiner einzigen noch lebenden Gemahlin und zwei seiner Söhne. Am hohen Bug des Schiffs flatterte Arthurs Banner, am Heck wehte Gwydres Standarte. Wir waren frohen Mutes, denn wir fuhren los, um Gwydre ein Königreich zu erobern, doch als Balig gerade Hygwydd, Arthurs Diener, zurief, er solle sich beeilen und an Bord kommen, tauchten hinter uns die Feinde auf.
Hygwydd brachte ein letztes Bündel aus Arthurs Palast mit und war nur noch fünfzig Schritt vom Flußufer entfernt, als er sich umdrehte und die Reiter sah, die vom Stadttor herüberkamen. Er hatte gerade noch Zeit, das Bündel fallen zu lassen und sein Schwert zur Hälfte aus der Scheide zu ziehen, da waren die Pferde schon über ihm und ein Speer traf ihn in den Hals.
Balig zog die Landungsplanke ein, riß ein Messer aus seinem Gurt und durchschnitt die Heckleine. Sein sächsischer Matrose warf die Bugleine los, und als die Reiter das Ufer erreichten, trieb unser Boot in die Strömung hinaus. Arthur stand aufrecht und beobachtete voller Entsetzen den sterbenden Hygwydd, ich aber blickte zum Amphitheater hinüber, wo eine wilde Horde aufgetaucht war.
Es war nicht Mordreds Heer. Es war ein Schwarm Wahnsinniger, ein krabbelnder Haufen verkrümmter, zerbrochener und verbitterter Kreaturen, die rund um die Steinbogen des Amphitheaters wimmelten und unter kleinen, grellen Schreien zum Flußufer hinabhasteten. Sie waren in Lumpen gehüllt, ihre Haare waren wirr, und in ihren Augen stand fanatische Wut. Es war Nimues Heer der Wahnsinnigen. Die meisten waren mit nichts weiter bewaffnet als mit Stöcken, aber ein paar von ihnen trugen auch Speere. Die Reiter dagegen waren mit Speeren und Schilden bewaffnet und alles andere als wahnsinnig. Es waren Flüchtlinge von Diwrnachs Blutschilden, die immer noch ihre zerfetzten Mäntel sowie ihre von Blut geschwärzten Schilde trugen, und die jetzt die Wahnsinnigen auseinanderstieben ließen, als sie am Ufer entlanggaloppierten, um mit unseren Booten Schritt zu halten. Ein paar Wahnsinnige gingen unter den Pferdehufen zu Boden, andere sprangen zu Dutzenden einfach in den Fluß und schwammen unbeholfen auf unsere Boote zu. Arthur rief den Bootsmännern zu, sich von den Ankern loszumachen, und so durchschnitten die schwerbeladenen Boote eins nach dem andern die Ankertaue und trieben langsam davon. Da einige Mannschaften zögerten, die schweren Steine zurückzulassen, die ihnen als Anker dienten, und statt dessen versuchten, sie heraufzuhieven, stießen die treibenden Boote gegen die liegenden, und die ganze Zeit planschten die verzweifelten, traurigen, wahnsinnigen Kreaturen schwerfällig auf uns zu. »Speerschaft!« rief Arthur, der seinen eigenen Speer packte, umdrehte und kräftig auf den Kopf eines Schwimmers niedersausen ließ.
»An die Riemen!« schrie Balig, aber niemand hörte auf ihn. Wir waren viel zu beschäftigt, die Schwimmer von unserem Boot fernzuhalten. Ich arbeitete einhändig, stieß immer wieder Angreifer unter Wasser, aber dann packte ein Wahnsinniger meinen Speerschaft und hätte mich fast
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