Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
nichts davon zu sagen, daß das Kind Arthur heißen sollte, denn das würde den Heiligen nur verärgern, und das Leben in Dinnewrac ist leichter, wenn Sansum bei guter Laune ist.
»Ich habe nach neuen Nachrichten gefragt«, fuhr Sansum mich an,
»nicht nach Weibergewäsch über ein Kind. Was ist mit den Feuern? Hat Dafydd etwas über die Feuer gesagt?«
»Er weiß nicht mehr als wir, Bischof«, antwortete ich, »aber König Brochvael glaubt, daß es die Sachsen sind.«
»Gott schütze uns!« sagte Sansum und trat an mein Fenster, von dem aus die Rauchsäule im Osten gerade noch zu sehen war. »Gott und seine Heiligen mögen uns schützen«, betete er; dann kam er zu meinem Schreibtisch und legte das seltsame Bündel oben auf das Pergament. Er nahm das Tuch ab, und ich sah zu meinem Erstaunen und fast zu Tränen gerührt, daß es Hywelbane war. Ich wagte meine Rührung jedoch nicht zu zeigen, sondern bekreuzigte mich, als sei ich entsetzt über den Anblick einer Waffe in unserem Kloster. »Es sind Feinde in der Nähe«, verkündete Sansum als Erklärung für das Schwert.
»Ich fürchte, Ihr habt recht, Bischof«, sagte ich.
»Und Feinde schaffen hungrige Menschen in diesen Bergen«, fuhr Sansum fort. »Also werdet Ihr in der Nacht im Kloster Wache stehn.«
»So sei es, Lord«, gab ich demütig zurück. Aber ich? Wache stehen?
Ich bin weißhaarig, alt und schwach. Statt sich auf mich zu verlassen, könnte man genausogut ein Krabbelkind als Wachtposten aufstellen. Aber ich protestierte nicht, und sobald Sansum den Raum verlassen hatte, zog ich Hywelbane aus seiner Scheide. Dabei dachte ich mir, wie schwer das Schwert während der langen Jahre geworden sei, die es in der Schatztruhe des Klosters verbringen mußte. Es war schwer und unhandlich, aber es war immer noch mein Schwert. Ich betrachtete die gelblichen Schweineknochen, die in das Heft eingelassen waren, und dann den Liebesring, der um den Knauf geschmiedet war, und auf diesem flachgehämmerten Ring sah ich die winzigen Goldsplitter, die ich vor so langer Zeit vom Kessel gestohlen hatte. Es rief so viele Erinnerungen zurück, dieses Schwert! Auf der Klinge entdeckte ich einen winzigen Rostfleck, den ich mit dem Messer, das ich zum Zuspitzen meiner Federkiele benutzte, sorgfältig abschabte. Dann hielt ich das Schwert lange im Arm und stellte mir dabei vor, ich sei wieder jung und noch stark genug, es zu schwingen.
Aber ich? Wache stehen? In Wirklichkeit wollte Sansum gar nicht, daß ich Wache stand, sondern daß ich dastand wie ein Narr, der geopfert wird, während er mit dem heiligen Tudwal in der einen und dem Klostergold in der anderen Hand durch die Hintertür verschwand. Aber wenn das mein Schicksal sein soll, werde ich mich nicht beklagen. Wie mein Vater sterbe ich lieber mit dem Schwert in der Hand, auch wenn mein Arm schwach und das Schwert stumpf ist. Das wäre zwar nicht das Schicksal, das Merlin sich für mich gewünscht hätte, noch das, was Arthur wollte, aber es ist kein schlechter Tod für einen Soldaten, und obwohl ich so viele Jahre lang schon Mönch und noch längere Jahre Christ gewesen bin, bin ich in der Tiefe meiner sündigen Seele doch immer noch ein Speerkämpfer des Mithras. Also küßte ich Hywelbane und freute mich, es nach all diesen Jahren wiederzusehen. Und so werde ich nun das Ende dieser Geschichte mit meinem Schwert an meiner Seite niederschreiben und hoffe, daß mir noch Zeit bleibt, diese Geschichte über Arthur, meinen Lord, zu beenden, der hintergangen und geschmäht und, nach seinem Abschied, vermißt wurde, wie kein anderer Mann in der gesamten Geschichte Britanniens jemals vermißt worden ist.
Nachdem ich meine Hand verloren hatte, fiel ich in einen Fieberschlaf, und als ich erwachte, entdeckte ich, daß Ceinwyn an meinem Bett saß. Anfangs erkannte ich sie nicht, denn ihre Haare waren kurz und so weiß wie Asche geworden. Aber es war meine Ceinwyn, sie war am Leben, und ihre Gesundheit kehrte allmählich zurück. Als sie das Licht in meinen Augen sah, beugte sie sich vor und schmiegte ihre Wange an die meine. Ich legte den linken Arm um sie; erst dann merkte ich, daß ich keine Hand mehr hatte, mit der ich ihr den Rücken streicheln konnte, sondern nur einen mit blutigen Tüchern verbundenen Stumpf. Ich fühlte die Hand, ich spürte sogar, wie sie juckte, aber es war keine Hand da. Sie war verbrannt worden.
Eine Woche später wurde ich im Fluß Usk getauft. Bischof Emrys vollzog die Zeremonie, und sobald er mich
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