Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur
ins kalte Wasser getaucht hatte, folgte mir Ceinwyn ans schlammige Ufer hinab und bestand darauf, ebenfalls getauft zu werden. »Ich werde meinem Mann überallhin folgen«, erklärte sie Bischof Emrys, und so faltete er ihre Hände über ihren Brüsten und tauchte sie rücklings ins Wasser des Flusses. Während unserer Taufe sang ein Frauenchor, und am selben Abend empfingen wir, ganz in Weiß gekleidet, zum erstenmal das christliche Abendmahl aus Brot und Wein. Nach der Messe zog Morgan ein Pergament hervor, auf dem sie mein Versprechen, ihrem Gemahl im christlichen Glauben zu gehorchen, niedergeschrieben hatte, und verlangte, daß ich meine Unterschrift darunter setze.
»Ich habe Euch bereits mein Wort gegeben«, protestierte ich.
»Ihr werdet unterzeichnen, Derfel«, beharrte Morgan, »und aufs Kruzifix werdet Ihr auch noch schwören.«
Seufzend unterzeichnete ich. Die Christen trauten der älteren Form des Eidleistens nicht, sondern verlangten Pergament und Tinte. Also erkannte ich Sansum als meinen Lord an, und nachdem ich meinen Namen unter das Dokument gesetzt hatte, bestand Ceinwyn darauf, ihren eigenen dazuzusetzen. Damit begann die zweite Hälfte meines Lebens, in der ich zwar den Eid hielt, den ich Sansum geleistet hatte, aber nicht so gewissenhaft, wie Morgan es sich erhofft hatte. Wenn Sansum wüßte, daß ich diese Geschichte aufschreibe, würde er das als Eidbruch betrachten und mich entsprechend bestrafen, aber das kümmert mich längst nicht mehr. Ich habe viele Sünden begangen, doch Eidbruch gehörte nicht dazu.
Nach meiner Taufe erwartete ich fast einen Ruf von Sansum, der sich noch bei König Meurig in Gwent aufhielt, aber der Mäuselord behielt nur die Niederschrift meines Versprechens und verlangte gar nichts, nicht einmal Geld. Zu jener Zeit nicht.
Der Stumpf an meinem Handgelenk heilte nur langsam, und ich förderte die Heilung auch nicht, weil ich darauf bestand, mit einem Schild zu üben. In der Schlacht schiebt der Krieger den linken Arm durch die beiden Schildschlaufen und packt den Holzgriff dahinter mit der Hand, doch da ich keine Finger mehr hatte, um den Griff fest zu packen, ließ ich mir statt Schlaufen Riemen mit Schnallen machen, die ich über meinem Unterarm festzurren konnte. Es war nicht ganz so sicher wie die herkömmliche Methode, aber es war besser, als gar keinen Schild zu haben, und sobald ich mich an die festen Riemen gewöhnt hatte, übte ich mich mit Schwert und Schild gegen Galahad, Culhwch oder Arthur. Ich fand den Schild unbequem, aber ich konnte kämpfen, obwohl der Stumpf nach jedem Übungswaffengang wieder zu bluten begann, so daß Ceinwyn mich besorgt ausschalt, wenn sie mir einen neuen Verband anlegte.
Der Vollmond kam, aber ich brachte weder Schwert noch Menschenopfer nach Nant Dduu. Ich wartete auf Nimues Rache, aber sie kam nicht. Als eine Woche nach Vollmond Beltane gefeiert wurde, gehorchten Ceinwyn und ich Morgans Befehlen und löschten weder unsere Feuer, noch blieben wir wach, um zu sehen, wie die neuen Feuer entzündet wurden, aber am folgenden Morgen kam Culhwch mit einem neuen Feuerbrand, den er auf unseren Herd warf. »Wollt Ihr, daß ich nach Gwent gehe, Derfel?« fragte er mich.
»Nach Gwent?« erkundigte ich mich erstaunt. »Warum?«
»Um diese kleine Kröte Sansum zu töten, natürlich.«
»Er stört mich nicht.«
»Aber das wird er tun«, knurrte Culhwch. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr ein Christ seid. Fühlt man sich anders?«
»Nein.«
Der arme Culhwch. Er freute sich, Ceinwyn gut erholt zu sehen, haßte aber den Handel, den ich mit Morgan geschlossen hatte, damit sie gesund wurde. Genau wie viele andere fragte er sich, warum ich das Versprechen, das ich Sansum gegeben hatte, nicht einfach brach, aber ich fürchtete, wenn ich das tat, würde Ceinwyn wieder krank werden, deswegen blieb ich gehorsam. Mit der Zeit wurde dieser Gehorsam zur Gewohnheit, und als Ceinwyn tot war, stellte ich fest, daß ich nicht mehr die Willenskraft besaß, das Versprechen zu brechen, obwohl ihr Tod die Macht gebrochen hatte, die das Versprechen über mich besaß. Aber das lag an jenem Tag, da die neuen Feuer die kalten Herde wärmten, noch weit in der unbekannten Zukunft. Es war ein wunderschöner Tag mit Sonnenschein und jungen Blüten. Ich erinnere mich, daß wir an jenem Vormittag auf dem Marktplatz ein paar Gänseküken kauften, weil wir dachten, unsere Enkelkinder würden gern zusehen, wie sie in dem kleinen Teich hinter unseren
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