Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
Muriel konnte sich ein Gähnen nicht verkneifen, als sie die Hand ausstreckte, um das Licht zu löschen. Vor dem frühen Aufstehen am nächsten Morgen grauste ihr jetzt schon. »Sicher ist sicher«, murmelte sie und stellte die Lautstärke ihres Radioweckers etwas höher ein. Vergessene Hausaufgaben waren ärgerlich, aber zu spät zu kommen war einfach nur peinlich.
Sie gähnte noch einmal, zog sich die Decke bis zum Kinn und löschte das Licht. Das seltsame Erlebnis mit Ascalon kam ihr noch einmal in den Sinn, aber sie war viel zu müde, um sich weiter den Kopf darüber zu zerbrechen. Noch während sie überlegte, ob die Bilder, die sie gesehen hatte, wohl einen tieferen Sinn haben könnten, übermannte sie der Schlaf und trug sie sanft ins Reich der Träume …
… Ascalon stand auf einem grünen Hügel. Das nussbraune Fell schimmerte im Sonnenlicht. Der Wind spielte sanft mit seiner blonden Mähne und fuhr streichelnd durch die langen Schweifhaare. Er hielt den Kopf stolz erhoben und schaute zu ihr herüber.
Muriel spürte, dass er sie erwartete. Voller Freude hastete sie den Hügel hinauf. Aber noch während sie die Anhöhe erklomm, änderte sich plötzlich das Wetter.
Es wurde kalt. Dicke Nebelschwaden flossen in die Niederungen zwischen den Hügeln, vereinten sich und stiegen immer höher. Muriel konnte Ascalon nur noch undeutlich erkennen. Sie rannte schneller, aber der Nebel folgte ihr wie ein lebendes Wesen und umfing sie mit seinen kalten feuchten Fingern.
Die Welt versank in tristem Grau.
Muriel keuchte vor Anstrengung. Der Hügel, der eben noch eine flache Anhöhe gewesen war, nahm kein Ende. Sie hätte die Kuppe, hätte Ascalon längst erreichen müssen, doch es schien, als würde der Hügel mit jedem Schritt, den sie machte, weiter wachsen und immer steiler werden.
Verbissen kämpfte sie sich voran, getrieben von einem Gefühl der Dringlichkeit, das sie fast körperlich spürte.
Aus den Augenwinkeln sah sie einen menschlichen Schatten, der sich im Nebel bewegte. Er blieb stehen und Muriel spürte, dass er sie ansah.
Die Angst verlieh ihr ungeahnte Kräfte. So schnell wie nie hetzte sie den Hügel hinauf. Aber der Schatten bewegte sich ebenso schnell. Was sie auch tat, sie konnte ihn nicht abschütteln.
Von irgendwoher hörte sie ein leises Murmeln. Fremd und unheimlich. »Komm! Komm zu mir!«, schien es zu raunen.
Furcht umklammerte Muriels Herz und ein eisiger Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Sie wollte schreien und um Hilfe rufen. Doch der Nebel erstickte die Laute, noch ehe sie ihren Lippen entflohen.
»Komm!« Körperlos schwebte die Stimme durch den Nebel zu ihr. Sie war jetzt ganz nah.
Muriel zuckte erschrocken zusammen. Sie wusste, dass die Worte ihr galten. Furchtsam blickte sie sich um, konnte aber niemanden entdecken. Der Schatten war fort.
Noch während sie sich umsah, begann der Boden unter ihren Füßen zu schwanken und sie fand sich auf den hölzernen Planken eines Bootes wieder. Lautlos glitt es durch den Nebel. Der hohe Bug ragte mannshoch vor ihr auf. Es gab keinen Fährmann und keine Ruderer.
Sie war allein.
»Komm zu mir!«
Allein mit der unheimlichen Stimme.
Fröstelnd schlang Muriel die Arme um den Oberkörper.
Dann ganz plötzlich lichtete sich der Nebel und das Boot glitt auf eine grüne Anhöhe zu. Dort stand eine Gestalt. In den langen dunklen Gewändern sah sie fast wie eine Nonne aus. Muriel erkannte sie sofort. Es war die Frau, die sie schon einmal gesehen hatte! Die Frau aus der Vision!
Als sie Muriel entdeckte, schritt sie den Hügel hinab zum Ufer. Unter der weiten Kapuze war ihr Gesicht nicht zu erkennen.
»Komm her!« Sie trat ins Wasser und hob die Hände an die Kapuze, um ihr Gesicht zu enthüllen …
» … können wir uns heute wieder auf einen sonnigen Frühlingstag freuen. Die Temperaturen liegen bei …«
Wie elektrisiert schoss Muriel in die Höhe und knallte noch in der gleichen Bewegung die Hand auf die Aus-Taste ihres Radioweckers. Warum war das verdammte Ding so laut? Da bekam man ja einen Herzinfarkt!
Keuchend saß sie im Bett und wartete darauf, dass sich ihr hämmernder Herzschlag beruhigte. Sie hasste es, so geweckt zu werden, aber auch der Albtraum hallte noch in ihr nach.
Muriel runzelte die Stirn. Normalerweise erinnerte sie sich nie an ihre Träume. Diesmal jedoch war ihr alles noch so gut in Erinnerung, als hätte sie gerade einen Film gesehen.
Da hab ich wohl ganz schön was durcheinandergeworfen, überlegte sie und
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