Ascalon – Das magische Pferd, Band 1: Ascalon – Das magische Pferd. Die Wächter des Schicksals (German Edition)
schmunzelte. Die Frau im Nebel, der Schatten, das Boot, Ascalon … Die Ereignisse des vergangenen Tages hatten sie ganz offensichtlich bis in den Schlaf verfolgt und sich dort zu einem wirren Traum zusammengefügt.
Ascalon!
Der Gedanke machte Muriel schlagartig munter. Am liebsten wäre sie sofort wieder in den Patientenstall gelaufen, um das geheimnisvolle Pferd zu besuchen. Mehr denn je war sie davon überzeugt, dass er etwas Besonderes war. Nicht nur besonders schön, wie Vivien meinte, nein, da war auch noch etwas anderes. Etwas, das sie noch immer nicht in Worte fassen konnte, das sie aber unbedingt herausfinden wollte.
Dabei gab es nur zwei Probleme: Sie musste zur Schule und außerdem hatte ihre Mutter es ihr streng verboten, Ascalon noch einmal zu besuchen. Muriel seufzte, schlug die Bettdecke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. »Was soll’s«, murmelte sie leise vor sich hin, griff nach ihrer Jeans und einem Sweatshirt und machte sich auf den Weg ins Badezimmer. Die Nachforschungen musste sie erst einmal auf Eis legen. Unten wartete Teresa sicher schon mit dem Frühstück auf sie. Wenn sie pünktlich zur Schule kommen wollte, musste sie sich beeilen.
Eine wundersame Begegnung
Die folgenden drei Tage kamen Muriel wie eine kleine Ewigkeit vor. Von einer rastlosen Unruhe erfüllt drückte sie sich immer wieder in der Nähe des Patientenstalls herum oder lief, wie ein Tiger im Käfig, auf dem Hof auf und ab. Selbst Nadine, die für so etwas normalerweise nur wenig Gespür hatte, bemerkte, dass sie bei ihren gemeinsamen Unternehmungen nicht mit den Gedanken bei der Sache war.
»Man könnte meinen, du bist schwer verliebt«, sagte sie einmal im Scherz zu Muriel, die das Ganze lachend als Unsinn abtat.
Dennoch, ganz unrecht hatte Nadine nicht.
Zwar beschäftigte Muriel sich in Gedanken nicht mit einem Jungen, da sie aber ständig an Ascalon und den seltsamen Traum denken musste, lief es am Ende wohl auf das Gleiche hinaus. Sie war abgelenkt und unkonzentriert und schien so manche Frage erst dann zu verstehen, wenn Nadine sie in einer Lautstärke wiederholte, als spräche sie mit einer Schwerhörigen.
Dafür war Muriel sofort ganz Ohr, wenn es um Ascalon ging. Jeden Abend bestürmte sie ihre Mutter beim Essen mit denselben Fragen, nur um immer wieder dieselben Antworten zu erhalten: Ascalon gab sich nach wie vor bockig und war für eine Therapie nur schwer zugänglich. Er sprach auf nichts an, verweigerte nun auch noch die Nahrung und schien eine dicke Abwehrmauer um sich herum errichtet zu haben. Mit jedem Tag, der verstrich, wurde er schwieriger und ihre Mutter ratloser. Einmal klagte sie sogar, dass das Pferd jeden Therapeuten zum Wahnsinn treiben müsse. Mit Fachwissen aus Lehrbüchern und psychologischem Sachverstand sei ihm nicht beizukommen.
Sie nannte Ascalon einen besonders schwierigen Patienten und ließ durchblicken, dass sie fürchtete, den Fall aufgeben zu müssen. Dabei vergaß sie nie zu erwähnen, dass sich die Kinder, dabei wanderte ihr Blick jedes Mal zu Muriel, unbedingt vom Patientenstall fernhalten sollten. Ascalon hatte seine Box mit den Hufen schon so demoliert, dass sie um die Standfestigkeit der hölzernen Boxentür fürchtete.
»Vielleicht möchte er einfach nur raus«, sagte Vivien mit einem Anflug von Mitleid in der Stimme, als sich das Gespräch am Donnerstagabend wieder Ascalon zuwandte. »Er ist doch schon so lange eingesperrt. Bestimmt sieht er, wie schön die Sonne draußen scheint, und möchte auch mit Nero, Matador und den anderen auf die Weide. Und außerdem«, ihre Stimme nahm wieder diesen übertrieben wichtigen Tonfall an, den sie immer dann anschlug, wenn sie etwas besonders Schlaues zum Besten geben wollte, »hat Andrea mir erzählt, dass Pferde Herdentiere sind. Sie werden krank, wenn sie keine Gesellschaft haben.«
»Das ist alles richtig, Liebes.« Renata Vollmer lächelte. »Glaub mir, auch ich würde ihn gern mit auf die Weide lassen. Aber so, wie er sich aufführt, fürchte ich, dass wir ihn nicht einmal bis zum Gatter bekommen.«
»Aber er ist doch auch ganz brav mit dir in den Stall gegangen«, sagte Vivien.
»Das war etwas anderes«, erklärte ihre Mutter. »Da hatte er die lange Fahrt im Anhänger hinter sich und war erschöpft. Außerdem hat Madame de Chevalier mir vorgestern am Telefon erzählt, dass er am Morgen eine Beruhigungsspritze bekommen hat, weil sie die Fahrt mit ihm sonst nicht gewagt hätte.« Sie blickte Vivien an und
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