Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
»Du hattest ja nur Augen für das, was dir wichtig war, und wolltest den Helden spielen. Was du Ascalon damit antust, daran hast du nicht einen Gedanken verschwendet.«
»Ja, das stimmt. Ich habe wirklich nicht daran gedacht.« Allmählich wurde auch Muriel wütend. Die Vorwürfe der Göttin waren berechtigt und sie sah ihren Fehler ein. Auf keinen Fall aber wollte sie sich vorwerfen lassen, eigennützig gehandelt zu haben. »Wie hätte ich das denn wissen können? Sie haben es bisher ja nicht für nötig gehalten, mir dieses Zeit-Paradoxon näher zu erklären.« Sie verstummte, um Atem zu schöpfen, und fügte dann etwas leiser hinzu: »Außerdem war Ascalon damit einverstanden zurückzureiten. Ich bin sicher, dass er um die Gefahr wusste, aber er hat den Zeitsprung gewagt. Nicht weil ich es wollte oder weil ich ihn dazu gezwungen habe, sondern weil auch ihn Neros grausames Schicksal berührt hat.«
»Ich weiß.« Die Göttin seufzte und plötzlich wurde ihre Stimme sanft. »Denkst du wirklich, ich wüsste das alles nicht? Dich nicht vollständig einzuweihen, war ein Fehler, das sehe ich jetzt ein. Aber du reitest noch nicht so lange mit Ascalon und ich dachte, es hätte noch Zeit.« Sie trat näher und setzte sich zu Muriel. »Ascalon hat dich aus freien Stücken zurückgetragen, obwohl er wusste, was passieren würde. Es mag sich seltsam anhören, aber gerade das ist es, was mir Sorgen bereitet. Die enge Bindung zwischen euch ist nicht ungewöhnlich bei Gefährten, wie ihr es seid. Doch bisher war es immer so, dass Ascalon sich an die Regeln gehalten hat. Um dir zu helfen, hat er sie zum ersten Mal gebrochen.«
»Das wusste ich nicht.«
»Wie solltest du auch?« Ein Schatten huschte über das Gesicht der Göttin. »Glaubst du, die anderen hätten es nicht auch versucht? Denkst du, jene, die vor dir waren, wären nicht auch der Versuchung erlegen, ein Unglück ungeschehen zu machen, wenn jemand betroffen war, der ihnen nahestand? Welcher Sterbliche träumt nicht davon, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, um jene vor Unheil zu bewahren, die man liebt?« Sie schaute Muriel durchdringend an. »Dieser Wunsch ist so alt wie die Menschheit und er ist nur allzu verständlich. Ascalon weiß darum, doch er weiß auch, dass der große Plan nicht verändert werden darf. Wer gerufen wird, muss gehen. So war es und so wird es immer sein.«
»Bitte verzeihen Sie mir.« Muriel lauschte mit gesenktem Blick. Jetzt erst wurde sie sich der Anmaßung bewusst, die sie sich herausgenommen hatte, und sie begriff, dass der Zorn der Göttin nicht allein ihr Vergehen betraf.
»Dass Ascalon dich zurückgetragen hat, zeigt, wie nahe er dir ist«, hörte sie die Göttin sagen. »So nahe, dass er für dich sogar die höchsten Gesetze bricht und sein Leben riskiert. Das ist etwas, dass er noch nie zuvor für einen Reiter getan hat, selbst dann nicht, wenn die Geschwister, Eltern oder Kinder seiner Reiter den Tod fanden.« Sie machte eine Pause, sah Muriel prüfend an und fuhr fort: »Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, ob das eurer Aufgabe dienlich ist.«
»Sie ... Sie wollen ihn mir doch nicht wegnehmen – oder?« Plötzlich hatte Muriel Angst, Ascalon zu verlieren. »Ich tue es auch nie wieder, versprochen. Ich weiß jetzt, was passiert, und werde Ascalon nie mehr für solche Zwecke nutzen. Das schwöre ich.«
»Das schwörst du jetzt.« Die Göttin nickte bedächtig und blickte Muriel forschend an. »Aber was ist, wenn deinem Vater etwas geschieht? Deiner Mutter? Oder deinem Bruder? Wäre die Versuchung dann nicht groß, mal eben zurückzureiten und wieder helfend einzugreifen?«
»Nein ... doch ... Ach, ich weiß es nicht!« Noch während Muriel das sagte, wusste sie, dass es eine schwache Antwort war.
Die Göttin lächelte, aber es lag keine Freude darin. »Siehst du. Und genau darum weiß ich nicht, ob es klug ist, Ascalon bei dir zu lassen.«
»Bitte!« Einem plötzlichen Impuls folgend, ergriff Muriel die Hand der Göttin und schaute sie flehend an »Sie dürfen ihn mir nicht wegnehmen.«
»Du irrst dich, ich darf.« Die Göttin löste ihre Finger aus Muriels Hand und erhob sich. »Was geschehen ist, darf nicht unbeachtet bleiben. Und nun entschuldige mich, ich muss allein sein und nachdenken.«
Der verlorene Schlüssel
Die folgenden Stunden, wenn es denn Stunden waren, wurden für Muriel die qualvollsten ihres Lebens. Da die Göttin ihr nicht erlaubt hatte hinauszugehen und nach Ascalon zu sehen, blieb ihr nichts
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