Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
prächtigsten Teil der Burg wieder. Prunkvolle Kronleuchter voller Kerzen warfen ihr mildes Licht auf dicke Teppiche. Kunstvolle Statuen und Wandbehänge sowie stilvolle Möbel schmückten diesen Bereich von Camelot. Der Anblick war absolut königlich und ließ keinen Zweifel daran, dass der Posten sie nicht in die Irre geführt hatte. Vor einer Biegung blieb der Wachtposten stehen und deutete um die Ecke. »D...da i...ist es«, stotterte er. »U...um d...die E...ecke.«
»Danke.« Muriel nickte ihm zu und lächelte. »Keine Sorge, ich werde nichts verraten – sofern ich Lillian noch rechtzeitig finde.«
Der Stotterer drehte sich um und eilte ohne ein Wort des Abschieds davon. Muriel sah ihm nach, bis er um eine Ecke verschwand. Dann war sie allein. Vorsichtig spähte sie in den Gang, an dem die Gemächer von König Mordred lagen und hielt staunend den Atem an. Er war hell erleuchtet. Dutzende Kerzen brannten in den Halterungen an den Wänden und den Leuchtern, die von der Decke herabhingen, und ein warmer Luftzug ließ vermuten, dass die Kamine in den Räumen Tag und Nacht befeuert wurden. Es sah aus wie in einem Märchenschloss. Überall glänzte Gold und Silber. Der weiße Marmor von Büsten und Skulpturen schimmerte seidig. Banner und Standarten schmückten die Wände im Wechsel mit Wandteppichen und riesigen Bildern, während der Boden mit einem dicken purpurnen Teppich ausgelegt war. Doch trotz aller Pracht und Herrlichkeit wirkte dieser Bereich verlassen. Und anders als in den übrigen Teilen der Burg schien es hier niemand eilig zu haben. Muriel sah einen grauhaarigen Bediensteten, der gemessenen Schrittes von einer Tür zur anderen ging und sich im Vorbeigehen die Zeit nahm, eine verstaubte Büste zu polieren. Ein junger Page entstaubte derweil ohne Hast die marmornen Skulpturen mit einem Federbüschel.
Das war ungewöhnlich, aber irgendwie auch verständlich, immerhin war der König mit dem Heer ausgezogen und gab der Dienerschaft damit die Gelegenheit zum Müßiggang ...
Muriel hatte den Gedanken noch nicht zu Ende geführt, als im hinteren Teil des Gangs eine Tür geöffnet wurde. Gleich darauf hörte sie Frauenstimmen, die ihr als gedämpftes Gemurmel an die Ohren drangen.
Lillian?
Muriel wich zurück und lauschte. Die Stimmen kamen näher und endlich konnte sie auch etwas verstehen.
»... niemand von uns kann so reiten wie du. Du hast es versprochen«, sagte die eine Frau gerade.
»Ich weiß. Es ist nur ...« Das war Lillians Stimme, offenbar plagten sie im letzten Augenblick Zweifel.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte die andere Frau. »Mordred wird dich für deine Dienste königlich belohnen. Der Stallmeister hat das schnellste Pferd für dich bereitgestellt. Damit hast du das Heer eingeholt, ehe es dunkel ist. Und nun beeile dich, ehe Lady Guinevere Verdacht schöpft.«
Die Stimmen waren nun ganz nah. Hastig suchte Muriel Schutz hinter der mannshohen Marmorstatue eines römischen Feldherren. Es war ein dürftiges Versteck, aber das einzige weit und breit. Wenn Lillian nach rechts ging, würde sie Muriel sofort entdecken.
Muriel reckte sich und spähte zwischen Schild und Schwertarm des Feldherren hindurch. Einige Sekunden geschah nichts, dann erhaschte sie einen kurzen Blick auf eine in Dunkelblau und Weiß gekleidete Gestalt, die aus Mordreds Gemächern kommend auf den Gang einbog und sich nach links wandte.
Eine Zofe im gelben Gewand begleitete sie. »Du schaffst das«, sagte sie zum Abschied. »Niemand hier reitet wie du, unser aller Hoffen begleitet dich.«
»Ich werde den König nicht enttäuschen.« In Lillians Stimme schwang eine harte Entschlossenheit mit. Ohne ein Wort des Abschieds drehte sie sich um und eilte davon. Die Zofe schaute ihr kurz nach, dann kehrte sie in die königlichen Gemächer zurück.
Muriel zögerte. Wenn sie Lillian diesmal aus den Augen verlor, würde ihr niemand mehr den Weg weisen können. Sie atmete tief durch und zählte langsam bis zehn. Dann schlenderte sie wie zufällig an Mordreds Gemächern vorbei, beschleunigte ihre Schritte und versuchte Lillian unauffällig zu folgen. Das Gespräch hatte auch den letzten Zweifel ausgeräumt: Lillian war die Verräterin – und sie hatte den Schlüssel.
Immer darauf bedacht, nicht entdeckt zu werden und keine verräterischen Geräusche zu machen, hastete Muriel durch die Gänge Camelots.
Zweimal musste sie blitzartig in Deckung gehen, als Lillian kurz zurückschaute, ansonsten schien die Zofe es aber so eilig
Weitere Kostenlose Bücher