Asche zu Asche
plötzlich hatte er das Bedürfnis, Bella zu berühren. Das alles war jetzt gleichgültig, solange er sich sicher war, dass sie neben ihm saß.
Er räusperte sich. „Ich habe eine Carol-King-CD unter dem Sitz. Tapestry . Und wenn du das jemandem verrätst, dann muss ich dich leider töten.“
Bella lachte noch einmal. Er hörte sie rumoren, während sie nach der CD suchte, dann erklang ein kleines Klicken, als sie die Disk in das Gerät schob. Sie machte die Musik leiser, als „I Feel the Earth Move“ erklang, und legte ihre Hand auf sein Knie. „Ich mag deine Mädchenmusik.“
„Ich bringe dich mit bloßen Händen um“, ermahnte er sie.
Ohne Warnung gruben sich ihre Finger in sein Fleisch, und ihr Körper verkrampfte sich. Max zog das Steuer herum und bremste scharf ab, um den Wagen auf dem Standstreifen zum Stehen zu bringen. Das war nicht so einfach, wenn man das Gefühl hatte, das eigene Knie sei in einem Schraubstock gefangen. Seine Knochen knirschten unter ihrem Griff, und während er die Handbremse zog, versuchte er verzweifelt, ihre Finger zu lockern. Er hatte davon gehört, dass Leute, die einen Krampfanfall erlitten, andere ernsthaft verletzen konnten. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war, durch den mittleren Westen zu humpeln.
„Ich habe dich gewarnt, von mir fernzubleiben!“ Die Stimme, die aus Bellas Mund drang, machte schnell klar, dass sie nicht unter einem Muskelkrampf litt.
Max hielt inne. „Wie bitte?“
Das Orakel warf Bellas Oberkörper mit so einer Wucht nach vorn, als sei sie eine leblose Puppe. Max rückte so nah es ging an die Fahrertür. Es war ihm ein wenig peinlich, vor Bella Angst zu haben.
Das Gefühl verschwand, als sie sein Knie verdrehte. DieKnochen im Gelenk knirschten grauenvoll, und er fing an zu schreien.
„Mit jedem Kilometer, den ihr euch mir nähert, wird meine Macht über euch größer.“ Als wolle sie ihre Aussage unterstreichen, flog Bellas Körper zurück. Als ihr Kopf auf das Fenster der Beifahrertür traf, gab es ein schreckliches Geräusch.
Fast in demselben Moment erlosch die Macht des Orakels. Bella zwinkerte und schlang mit verzerrtem Gesicht die Arme um sich. Panisch schrie sie auf: „Ist es wieder passiert? Hat sie es wieder getan?“
Obgleich Max Mühe hatte, sich trotz des Schmerzes aufrecht zu halten, lehnte er sich zu ihr hinüber, um sie zu trösten. Er hatte Sorge, dass er sofort anfangen würde, wie ein Baby zu weinen, wenn er den Mund öffnete … vor Schmerz oder vor Verzweiflung, weil er sie ein zweites Mal nicht hatte beschützen können.
„Was hat sie mit mir gemacht?“ Bella wehrte seine Hände ab. Mit noch schrillerer Stimme fragte sie: „Hast du gesehen, was sie gemacht hat?“
Max erschrak bei dem Gedanken, dass sie durchdrehen könnte. „Bella, du bist okay.“
„Nein, ich bin nicht okay!“ Sie schlug auf das Armaturenbrett ein und fuhr sich dann mit den Händen über ihre zum Zopf geflochtenen Haare. Dann wiederholte sie ruhiger. „Mir geht es nicht gut.“
Was sollte er nur tun? Er versuchte, sie in den Arm zu nehmen. Das funktionierte nicht. Jetzt weinte sie leise und gab sich Mühe, sich von ihm fernzuhalten, sodass er in einer ziemlich seltsamen Position war.
Und dann war da noch sein Knie. Es war verletzt, so viel stand fest. Wenn Bella sich jetzt weiterhin derartig weinerlich und autistisch verhielt, dann würde er sie nicht sicher nachBoston fahren können. Vielleicht konnte er sich noch nicht einmal selbst dorthin fahren.
Und es gab auch noch die Warnung des Orakels. Diese Drohung durfte er nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Noch vor einigen Monaten hätte er auf das Gaspedal getreten und wild gehupt, um dem Orakel zu zeigen, dass er auf dem Weg war. Aber da Bella neben ihm im Auto saß, wollte er nur noch umkehren und weglaufen. Seltsam, wie jemand einem so nahe kommen kann.
„Lass uns anhalten. Ich glaube, ich habe gerade an der letzten Ausfahrt ein Motel gesehen. Ich kann die nächste Ausfahrt nehmen und umkehren.“ Er deutete auf ein Hinweisschild mit der nächsten Ausfahrt.
Schierer Unglaube stand ihr ins Gesicht geschrieben, obwohl sie noch Tränen in den Augen hatte. „Bist du noch ganz dicht? Wir haben heute Nacht kaum dreihundert Kilometer zurückgelegt. Wenn überhaupt.“
„Ich bin noch ganz dicht. Ich …“ Er seufzte. „Ich glaube einfach, dass es nicht gut wäre, weiterzufahren, solange wir nicht wissen, was das Orakel plant.“
„Was?“ In ihrem Gesicht zeigte sich
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