Asche zu Asche
keinerlei Furcht. „Du hast Angst.“
„Ich habe keine Angst.“ Natürlich musste er am Ende so tun, als könne nichts seiner Tapferkeit und Männlichkeit etwas anhaben. Obwohl sie keinen Grund hatte, das zu bezweifeln, schließlich versuchte er nur, sie davor zu schützen, getötet zu werden. „Hör mal, mein Knie ist total kaputt. Und dir ist gerade etwas Scheußliches widerfahren. Lass uns einfach ein Zimmer nehmen und uns etwas ausruhen. Ich muss mich sowieso für einige Tage schonen.“
„Deine Blutrationen werden nicht ausreichen“, warf sie besorgt ein. „Und ich werde es nicht zulassen, dass du Blut von mir trinkst.“
Mit einem Lachen versuchte er seine Frustration zu überspielen. „Als würde ich das wollen. Ich mag menschliches Blut sowieso lieber. Ich bin bekannt dafür, dass ich einmal von einer Kuh getrunken habe, und ich würde es wieder tun. Aber ich habe noch nie einen Hund probiert.“
Bellas Gesichtsausdruck veränderte sich völlig. Statt der streitsüchtigen Zicke kam das hinterhältige kleine Mädchen zum Vorschein. „Doch, hast du.“
Mehr brauchte es nicht – eine leichtherzige Anspielung auf all die schmutzigen, wunderbaren Dinge, die sie getan hatten – und schon fehlten ihm die Worte. „Ich will nicht weiterfahren, weil das Orakel dich bedroht hat, als du … bewusstlos warst.“
„Was hat sie gesagt?“ Bellas Kinn zitterte, und sie sah aus, als müsse sie sich zusammenreißen, um nicht wieder zu weinen.
Es hatte keinen Sinn, sie vor der Wahrheit schützen zu wollen, insbesondere da es so verdammt schwierig war, sie überhaupt zu beschützen. „Sie hat gesagt, sie wird stärker, je näher wir ihr kommen.“
„Das hat sie gesagt?“ Bella schüttelte den Kopf. „Das kann nicht sein. Daran erinnere ich mich nicht.“
„Erinnerst du dich an irgendetwas, das passiert ist, als sie das letzte Mal in deinen Körper gefahren ist? Kannst du dich daran erinnern, dass du mein Knie zermalmt hast?“ Max hatte nicht vorgehabt, seine Stimme zu erheben, aber er war wirklich wütend und ziemlich verstört durch diesen Vorfall. Er konnte sich nicht länger beherrschen. „Bella, ich habe doch direkt neben dir gesessen.“
Schweigend starrten sie einander an. Verzweifelt wartete er darauf, dass sie zuerst etwas sagte, aber wenn es um Bella ging, dann hatte seine Dickköpfigkeit ihre Grenzen. „Hör zu. Wir können weiterfahren, dann wirst du umgebracht, oder wir kehren um, machen ein, zwei Tage Pause und überlegenuns einen Plan. Gib mir zumindest die Zeit, bis mein Knie wieder verheilt ist, damit ich wenigstens die Chance habe, kämpfen zu können, sollte es so weit kommen.“
„Gut. Wir halten heute Nacht an. Aber wir können nicht noch mehr Zeit verlieren. Ich glaube nicht, dass ich …“ Sie wedelte mit der Hand in der Luft herum. „Ich bin müde. Ich rede Unsinn. Du hast recht, wir sollten umkehren.“
Er startete den Wagen und fuhr zurück auf den Highway, dankbar, dass nicht viel los war. Die nächste Abfahrt fuhr er herunter, und als sie wieder sicher auf der entgegengesetzten Fahrbahn waren, drehte er die Musik etwas lauter.
Scheiß Carole King , dachte er und zog eine Grimasse.
Schweigend fuhren sie weiter, nur Tapestry lief im Hintergrund. Schließlich seufzte Bella müde auf und begann zu reden: „Ich habe etwas gesehen.“ Sie ließ die Schultern hängen, sodass ihr einige Strähnen ins Gesicht fielen. Er konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen.
Diese ungewöhnlich schüchterne und ruhige Bella wurde immer normaler. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Straße zu. „Sollte ich wissen, was?“
„Das Orakel ist angekommen. Sie ist in Danvers. So heißt der Ort. Kennst du ihn?“
„Nie gehört. Nicht, dass ich Vorurteile gegen Streber habe, aber ich wette, Nathan hat ein Buch mit vielen Informationen über Danvers.“ Max lehnte sich zur Beifahrerseite hin, um sein Mobiltelefon aus dem Handschuhfach herauszunehmen.
Bella erschrak und versuchte, seiner Hand aus dem Weg zu gehen. „Oh, es tut mir leid, ich bin nur noch … vorsichtig.“
„Das verstehe ich.“ Das war gelogen. Jetzt hasste er das Orakel mehr denn je, einfach dafür, dass zwischen Bella und ihm nun diese Distanz bestand.
Bella griff in das Handschuhfach und holte sein Telefonheraus, aber sie gab es ihm nicht sofort. „Da gibt es noch etwas.“
Max wusste nicht, wie lange er das noch ertragen sollte. „Raus damit.“
„Sie hat etwas mit einem Kurier geschickt. Ein Paket.“
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