Asche zu Asche
Hände seinem Griff und ballte sie zu Fäusten. „Du unterschätzt mich, oder? Ich bin keine Leibeigene. Ich kann weder besessen noch weggenommen werden. Weder von Cyrus noch von dir und sicherlich auch nicht vom Souleater.“
Ich entspannte mich und gab meine defensive Haltung auf. „Du hast doch selbst gesagt, dass du die perfekte Waffe hast. Dass du Angst hast, sie einzusetzen. Das macht er doch. Verstehst du das nicht? Dass du Angst vor ihm hast, ist seine Art, wie er dich kontrolliert.“
„Das weiß ich.“ Nathan sah mich an, als hätte ich ihm ins Gesicht geschlagen. „Das weiß ich schon seit Jahren. Warum, glaubst du, bin ich wohl so lange alleine gewesen? Warum, glaubst du, hatte ich niemanden außer Ziggy in meinem Leben, als wir uns kennenlernten? Ich weiß, dass mein Schöpfer mich kontrolliert. Er sorgt dafür, dass ich isoliert bin. Ich kann meine Gedanken vor ihm verbergen, Carrie, aber nicht stets und ständig und nicht für immer. Früher oder später werde ich ihn hören.“
„Also, warum denn nicht heute?“ Ich hatte die Frage ausgesprochen, ohne darüber nachgedacht zu haben, aber ich bin froh, dass ich es getan hatte. Sonst hätte ich sie vielleicht nie gestellt.
Einen Moment lang schien Nathan zwischen einem emotionalen Zusammenbruch und einem Ausbruch der Entrüstung zu schweben. Dann ließ er seine Schultern hängen, riebsich den Nasenrücken und schloss müde die Augen. „Also gut.“
„Wie bitte?“ Ich dachte, ich hätte mich verhört.
Nathan legte sich auf das Bett und starrte an die Decke – nein, durch sie hindurch. „Du hast recht. Ich sollte es einfach hinter mich bringen. Sonst sind wir geliefert. Wir haben keine Alternativen, dieser Weg ist unsere einzige Waffe. Und ich bin einfach feige.“
Er schloss die Augen und holte tief Luft. Ich ergriff sein Handgelenk, um seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken. „Das hast du doch nicht jetzt gleich vor, oder?“
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“
Ich wartete und hielt die Luft an. Ich wagte nicht, mich zu bewegen, und beobachtete aufmerksam sein Gesicht. Würde er sich wieder total verändern und durchdrehen? Würde ich wieder um mein Leben rennen müssen? Ich rechnete mir aus, wie lang es dauern würde, bis ich aus dieser knienden Position in den Stand käme und loslaufen könnte, auch wenn meine Beine längst eingeschlafen waren. In diesem Moment wurde mir klar, wenn er sich wirklich wieder in ein irres Monster verwandelte, dann war ich ziemlich geliefert.
Als er eine Minute später seine Augen wieder aufschlug, schrak ich auf und atmete tief durch.
„Verdammt, Frau, hast du mich erschreckt!“ Er presste sich eine Hand auf die Brust. „Hast du mich die ganze Zeit angestarrt?“
„Nein“, log ich. „Na, ein bisschen. Für den Fall der Fälle, weißt du?“
Er lächelte. „Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss.“ „Es hat also nicht funktioniert?“ In der kurzen Zeit konnte es nicht gewirkt haben, oder?
Nathan blinzelte, als müsse er seine Augen an etwas gewöhnen. „Oh, es hat doch funktioniert. Er ist auf dem Wegzu Cyrus’ ehemaligem Herrenhaus, um Dahlia abzuholen. Und um dort wieder einzuziehen.“
„Moment mal … ich dachte, die Villa gehört …“ Ich stand auf und ging hinüber ins Wohnzimmer. Cyrus war immer noch in der Küche und studierte Dahlias Aufzeichnungen. Ich setzte mich ihm gegenüber.
„Cyrus, wem gehört deine Immobilie?“ Ich beobachtete sein Gesicht, um seine Reaktion zu sehen, aber er ließ sich nichts anmerken.
„Du meinst meine ehemalige Villa? Wenn ich einen herrschaftlichen Wohnsitz hätte, wäre ich dann noch hier?“ Lässig blätterte er um.
Ich verdrehte die Augen. „Du weißt, worüber ich rede. Das Haus auf der Plymouth Street. Wem gehört es?“
„Meinem Vater.“ Er berührte seinen Zeigefinger mit der Zunge und blätterte noch einmal um. „Warum interessiert dich das?“
„Also arbeitet Clarence für deinen Vater?“
Cyrus nickte. „Er gehört zum Haus.“
„Seit wann gehört deinem Vater die Villa, Cyrus?“ Mich überkam das deutliche Gefühl, dass ich etwas Wichtiges übersehen hatte. Sehr seltsam. „Zwanzig Jahre? Dreißig?“
„Einhundertfünfzig Jahre.“ Er streckte die Arme über den Kopf und gähnte. „Er mochte Michigan, weil ihn das Klima an England erinnerte.“
Ich lehnte mich gegen den Tisch und betrachtete die aufgeschlagene Seite. „Gibt es denn eine Verbindung zwischen dieser Gegend und dem
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