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Aschenpummel (German Edition)

Aschenpummel (German Edition)

Titel: Aschenpummel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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von Männern bewundert wurde, ausgerechnet von so einem Mann ein Kompliment zu bekommen. Als würde ich nicht im Übungsbecken schwimmen lernen, sondern direkt im offenen Meer. Gleichzeitig ärgerte es mich, dass ich so gar keine Souveränität und anscheinend auch null Stolz besaß. Also versuchte ich, zum Trotzgefühl von vorhin zurückzufinden. »Es war aber auch nicht nett von Ihnen, so zu hupen. Mein Auto macht Probleme, wissen Sie.«
    »Natürlich weiß ich das. Das hätte ja jeder Blinde gemerkt. Darum habe ich ja gehupt. Ich habe Sie beim Einsteigen gesehen, wusste also, dass Sie es waren, und habe Ihnen bedeutet, dass Sie rechts ranfahren sollen, damit ich mir Ihr gutes Stück ansehen kann.«
    »Ach so«, hauchte ich. Das dumme Grinsen würde ich wohl nie mehr loswerden. Strohmann rieb sich die Hände. »Wenn ich Sie jetzt bitten dürfte, die Motorhaube zu öffnen.«
    »Mmhm«, machte ich und ging voraus. Die Motorhaube war vorne, das wusste ich, denn hinten war ja der Kofferraum. Ich stellte mich also vor mein Auto und begann dort herumzufummeln, wo ich es für richtig hielt. Der Zahnarzt kam an meine Seite. Er nahm meine rechte Hand in seine und zog sie zu sich. Seine Haut fühlte sich rau und männlich an. Ich sah zu ihm hoch, und es war, als durchdringe sein Blick jede Pore meiner Haut. Fast hätte ich panisch an mir heruntergesehen, um mich davon zu überzeugen, dass ich noch angezogen war.
    So fühlte es sich also an, wenn man im Begriff war, einen begehrenswerten Mann zu küssen. Mitten auf der Straße.
    »Darf ich?«, fragte er sanft, und ich schluckte und nickte ergeben – ich würde den Piraten ja nicht betrügen, sondern nur ein bisschen für ihn üben –, dann schloss ich die Augen und öffnete leicht die Lippen. Der Zahnarzt nahm mir den Autoschlüssel ab, den ich in der rechten Hand gehalten hatte, ging zum Fiat und setzte sich auf den Fahrersitz.
    Dort drückte er auf irgendeinen Zauberknopf, der mir bis dahin verborgen gewesen war, und im nächsten Moment klackte die Motorhaube einen Spalt weit auf. Er startete den Motor und ließ ihn einige Male aufheulen. Dann stieg er aus und öffnete die Haube zur Gänze.
    Ich verzog mich auf den Gehsteig und lehnte mich an die Hausmauer, wobei ich versuchte, möglichst lässig auszusehen. Mein Herz klopfte zum Zerspringen. Während der nächsten Viertelstunde hatte ich genügend Zeit, den Zahnarzt zu beobachten. Er war mit Eifer bei der Sache, schien sich nicht daran zu stören, dass sein weißes Poloshirt schwarze Flecken bekam, und fluchte nur ganz leise, als er sich die Finger einklemmte.
    Dunkelblonde Haarsträhnen hingen in seine Stirn, auf der mittlerweile Schweißtropfen standen. Ein Bild von einem Mann. Wenn einer mein Auto in Schuss kriegen konnte, dann er, davon war ich überzeugt. Der Mechaniker hatte gemeint, dass mein Fiat einfach ein alter, irreparabler Kübel sei. Ha, der hatte noch nicht Bekanntschaft mit dem Zahnarzt gemacht.
    Zwei junge Mädchen mit sehr dünnen Beinen wackelten an mir vorbei, und als ich die Blicke sah, die sie auf Strohmann warfen, fühlte ich wieder diesen unvernünftigen Stolz in mir aufsteigen, den ich schon heute Vormittag in seiner Begleitung verspürt hatte. Ich wünschte, der Pirat würde vorbeikommen, meine Bekanntschaft mit dem Superstar müsste selbst auf ihn Eindruck machen.
    »Frau Kis, ich fürchte, da ist nichts zu machen.«
    »Nichts?«, wiederholte ich fassungslos. »Bitte, ich –«, doch diesen Satz konnte ich nicht beenden, was hätte ich denn sagen sollen? Dass ich mich zu Tode fürchtete? Vor Mama?
    Doch Strohmann bemerkte offensichtlich meine Bestürzung. Er lehnte sich neben mich an die Hausmauer und sagte: »Schauen Sie, ich mache Ihnen einen Vorschlag: Ich habe einen alten Peugeot in meiner Garage stehen. Baujahr 98, hat nicht viele Kilometer drauf. Kein schlechtes Auto, guter Zustand, aber er verstellt mir den Platz, und ich wollte ihn ohnehin loswerden.«
    Ich schüttelte den Kopf. Heftig. Nie würde ich mir dieses gute Auto mit den wenigen Kilometern leisten können. Und selbst wenn, wie sollte ich denn damit fahren?
    Strohmann lächelte mich an. Er hatte diese wunderbare Angewohnheit, beim Lächeln die Augen sanft zuzudrücken, ganz kurz nur, doch es flößte sofort Vertrauen ein. »Ich schenke Ihnen den Wagen«, sagte er.
    »Nein«, rief ich erschrocken. »Warum sollten Sie? Ich meine –«
    »Warum nicht?«, konterte er. »Wie gesagt, der Peugeot verstellt mir den Platz. Außerdem

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