Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
Sie warf dem Toast einen missbilligenden Blick zu und nahm sich eine Banane aus der Obstschale. »Kann ich ein Pony haben?«
Onkel Vik lachte. »Was mein, ist dein. Immerhin sind wir eine Familie.«
»Was ist mit diesen Freaks, die für ihn arbeiten?«, gab Ash zu bedenken. »Zum Beispiel dieser dürre Typ, Jat – du kannst mir doch nicht erzählen, dass der normal ist.«
»Bodyguards«, erklärte Vik. »Lord Savage ist ungeheuer reich und Indien ist nicht wie London, Ash. Er braucht Leute, die ihn beschützen.«
Das ergab Sinn. Trotzdem stimmte mit Savage etwas nicht. Ash aß seine Cornflakes und ließ sich den vergangenen Abend noch einmal durch den Kopf gehen. Im Morgenlicht verloren die Erinnerungen an Rakshasas und Männer mit Reptilienaugen schnell ihren Schrecken. Wenn Jat ein Leibwächter war, dann hatte er die Aufgabe, Eindringlinge abzuschrecken, und das war ihm einwandfrei gelungen. Es bedeutete nicht zwingend, dass er Ashs Augen tatsächlich essen wollte. Und ja, Savage hatte Mayar einen Dämon genannt, doch das musste ja nicht wortwörtlich gemeint sein. Onkel Vik nannte Lucky häufig seinen kleinen Affen und das hieß ja auch nicht, dass sie tatsächlich einer war.
Vielleicht hatte seine Mum recht und er sollte weniger Computerspiele zocken, weil er davon eine zu lebhafte Fantasie bekam.
Was war denn real? Oder glaubhaft? Dass Lord Savage ein todkranker Mann war, der mit komischen Dienern in einem heruntergekommenen Palast lebte und seinen Namen in den Geschichtsbüchern verewigen wollte – oder vielleicht doch, dass er ein böses Monster war und Dämonen befehligte?
Na ja, wenn man es so betrachtet …
Ash benahm sich bescheuert. Wenn er so weitermachte, würde er demnächst noch nach Ungeheuern unter seinem Bett suchen.
Nach dem Frühstück bereitete Onkel Vik sich auf den Aufbruch nach Schloss Savage vor und Ash begleitete ihn zum Auto. Vik öffnete den Kofferraum und warf seine Aktentasche hinein.
»Pass auf dich auf«, bat Ash. Trotz allem konnte er die Furcht, die ihn am letzten Abend befallen hatte, nicht einfach so abschütteln. »Du weißt schon. Fahr vorsichtig.«
»Meinst du, ich würde auch nur eine Delle in diesem Prachtstück von Auto riskieren?« Auf dem Armaturenbrett lag sogar ein Paar Lederhandschuhe für den Fahrer, die Onkel Vik mit einem zufriedenen Seufzer anzog. »Jetzt endlich wendet sich das Blatt, Ash.«
Der Wärter scheuchte die Studenten vom Tor fort und Onkel Vik fuhr rückwärts aus der Einfahrt. Ash winkte ihm, bis der Wagen in der Ferne verschwand.
Tante Anita reichte ihm die Sonnenmilch. »Schmier dich ein.«
»Wir gehen weg? Wohin denn?«
»Wir sind zwei Millionen Pfund reicher.« Anita lächelte. »Wir gehen einkaufen.«
Während Anita vollauf damit beschäftigt war, die Vorräte des Seidenwarenstands aufzukaufen, machten es sich Ash und Lucky im Cyber Café gemütlich, um im Internet zu surfen und ihre E-Mails abzurufen.
Das Seidengeschäft gehörte zu einem prächtigen, alten Regierungsgebäude, das die Engländer im 19. Jahrhundert erbaut hatten, welches jetzt aber in Tausende von kleinen unabhängigen Marktständen aufgeteilt war. Ash setzte sich an einen Platz, der direkt an die Hauptstraße grenzte, ohne jede Abschottung vom Verkehr und den unzähligen Menschen. Wie ein endloser Pilgerstrom flossen die Massen in die alte Innenstadt, zu den Tempeln und Friedhöfen.
Ash googelte »Lord Alexander Savage« und erhielt eine lange Liste von Wohlfahrtsorganisationen, Stiftungen, Unternehmen und Firmensitzen, die über den ganzen Subkontinent und den Fernen Osten verteilt waren. Es gab auch ein Foto vom aktuellen Lord Savage, der im Himalaja Tee mit dem Dalai Lama trank. Ash stieß sogar auf ein Porträt des ersten Savage: ein Pirat, Drogenhändler, Sklavenhändler und Mitglied des Hellfire Club. Ein verrückter, fieser Schurke, so wie er im Buche steht. Die eiskalten blauen Augen in dem jahrhundertealten Gemälde schienen Ash mit grausamer Gleichgültigkeit und Verachtung anzustarren.
Ash loggte sich in seinen Mailaccount ein, wo ihn Nachrichten von Josh, Sean und Akbar erwarteten. Sie hatten die ganze Nacht lang im Mehrspielermodus gezockt und fragten, ob er sich einklinken wollte, wenn er wieder da war. Darauf antwortete Ash mit einem großen, fetten »JA«. Wenn Lucky ein Pony bekam, dann würde er sich jede denkbare Computerspiele-Hardware zulegen. Jetzt, da Geld ja keine Rolle mehr spielte. Wie Onkel Vik schon gesagt hatte, sie waren eine
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