Asharas Rückkehr - 19
Tochter für mich - obwohl ich ein paar sehr wenig väterliche Gedanken hatte, als ich dich zum ersten Mal in relegani-scher Aufmachung sah.« Er lächelte wehmütig und seufzte.
»Du hast den Wunsch in mir geweckt, noch mal fünfzig zu sein.« »Tatsächlich?« Sie war fasziniert von diesem Geständnis, denn der Professor hatte bisher nie zu erkennen gegeben, dass ihm bewusst war, dass sie erwachsen und eine Frau war. In seinem Benehmen ihr gegenüber war eine Verlässlichkeit, die sie davor bewahrte, sich nach der Unordnung von Liebesaffären und gebrochenen Herzen zu sehnen, die für viele ihrer Mitstudenten das tägliche Brot zu sein schienen. Nicht zum ersten Mal, aber mit einem neuen Gefühl der Überraschung, machte sich Margaret klar, dass sie beinahe drei Lebensjahrzehnte hinter sich gebracht hatte, ohne sexuell aktiv geworden zu sein. Sie war nicht prüde, und sie hatte die jammervollen Geschichten ihrer Mitstudentinnen mit Neugier und Interesse angehört, aber ohne das geringste Bedürfnis, mit irgendjemandem, den sie kennen gelernt hatte, ins Bett zu gehen. Sie blieb für sich, als gehorchte sie einem Instinkt oder Befehl. Ihr ging jetzt durch den Kopf, wie seltsam dieses Verhalten eigentlich war, aber es schien nicht von Bedeutung zu sein. Es war nicht so, dass sie das Gefühl hatte, etwas zu verpassen. »Ich bin zwar alt, meine Liebe, aber noch nicht tot! Du bist eine äußerst reizvolle Frau. Die Releganer haben dich zunächst für meine Frau gehalten oder zumindest für meine Konkubine, und sie waren sehr verwirrt, weil wir in verschiedenen Hütten geschlafen haben. Sie waren fasziniert von unserem Verhalten oder vielmehr vom Fehlen desselben, und schließlich hat mich der Hetman gefragt, ob du tabu bist. Ich habe ihnen erklärt, dass du wie eine Tochter für mich bist, was ihnen aufgrund ihres strengen Inzestverbots eingeleuchtet hat. Ist es nicht seltsam, wie universell dieses Tabu ist?«
»Eigentlich nicht; es scheint in unsere Gehirne eingebrannt zu sein. Mit ein paar bemerkenswerten Ausnahmen.« Marga
ret dachte an einige Kulturen, die sie studiert hatte, in denen Inzest nicht verboten war. Sie wusste, dass Ivor und Ida sie wie ihr Kind behandelten, aber es bewegte sie mehr, als sie gedacht hätte, als sie es ausgesprochen hörte.
Sie räusperte sich. Um ihre Rührung zu verbergen, fragte sie: »Glauben Sie, Kuttner wird je mit seiner Studie über Inzesttabus fertig?« »Möglich. Falls er nicht völlig abdreht und sich in eine Grashütte auf irgendeinem gottverlassenen Planeten am Rande der Galaxis zurückzieht. Anthropologen sind manchmal ein bisschen unberechenbar.«
»Ich weiß. Ganz im Gegensatz zu Musikforschern, die stets rein wissenschaftlich und objektiv sind.« Sie lachten beide über diesen alten Witz. Der Streit darüber, ob es möglich war, die Disziplinen einer nichtterranischen Kultur objektiv zu bewerten, tobte seit Jahrhunderten und war einer Lösung noch keinen Schritt näher gekommen. Margaret und Professor Da-vidson hingen der Überzeugung an, dass es nicht nur möglich, sondern notwendig war, eine Kultur innerhalb ihres Kontexts zu studieren. Der Professor hatte den größten Teil seiner akademischen Laufbahn damit verbracht, entfernte Welten zu bereisen, um diese These zu beweisen. Sein berühmter Zeitgenosse Paul Valery hielt dagegen, dass Feldforschung per Definition verunreinigt war. Valery verließ das behagliche Gebäude der Musikfakultät nur, um zum Essen zu gehen. Er war seit Jahrzehnten nicht mehr auf einem fremden Planeten gewesen, nicht einmal, um Auszeichnungen von anderen Universitäten entgegenzunehmen. Bei den seltenen Gelegenheiten, bei denen sich die beiden Männer in den Fluren des Gebäudes begegneten, rümpfte Valery immer seine schmale, aristokratische Nase, als würde er etwas Unangenehmes riechen, und fragte: »Na, Davidson, immer noch im Lande? Ich dachte, Sie trommeln wieder irgendwo mit einer Bande Eingeborener.«
Davidson beantwortete diese spitzen Fragen stets mit würdevollem Schweigen und verzog sich in sein Büro. Er genoss einen ausgezeichneten Ruf und sah keine Veranlassung zu einer Antwort. Margaret hingegen spürte oft das Verlangen, ihrem Mentor zu Hilfe zu eilen und Valery auf seine überzüchtete Nase zu schlagen.
Der Professor schob seine Schüssel weg. »So, ich lege mich jetzt hin«, sagte er fröhlich. »Viel Spaß beim Schneider, Mag-gie, und halte deine Ohren offen. Weber, zum Beispiel, singen oft Lieder am Webstuhl, die man zu
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