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Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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und verzog das Gesicht beim Geschmack des toten veränderten Mädchens. Er sammelte genug Speichel, um auszuspucken, hatte aber nicht mehr die Kraft dazu, sodass ihm der zähflüssige Schaum aufs Kinn tropfte. »Was haben d-die Ihnen getan?«
    »Peter … « Finn tat ihm den Gefallen, nicht zu lächeln. »Das fragst ausgerechnet du? Aber keine Sorge. Mir würde nicht im Traum einfallen, dich zurückzulassen. Du kommst mit uns, Junge. Ich möchte, dass deine Leute dich gründlich in Augenschein nehmen können. Aber vorher wollen wir uns mal um diese hässliche Bisswunde kümmern. Und dich waschen und aufpäppeln, damit du ein bisschen Fleisch auf die Rippen kriegst. Dann siehst du wieder tipptopp aus. Ein neuer Morgen, ein neuer Tag, eine neue Welt.« Finn wickelte sich die Tragegurtschlaufe eines Tornisters um die Hand, grub in den Taschen seiner Cargohose und zog einen klingelnden Schlüsselbund hervor. Er steckte einen der Schlüssel ins Schloss der Zellentür. »Ich habe großen Respekt vor dir. Du hast eine ziemliche Tortur hinter dir, eine Reise in die dunkle Mitte deiner Seele.«
    Okay, bei diesem Typen war wirklich eine Schraube locker. Peter spannte alle Muskelfasern an, als sich die Tür unter dem Quietschen der Eisenscharniere öffnete. Trippelnd wich der Alte der Blutlache aus, dann ging er in die Hocke, sodass sie auf gleicher Augenhöhe und kaum einen Meter voneinander entfernt waren.
    »Es heißt, jeder Mensch hat seine Belastungsgrenze. Aber deine habe ich nicht gefunden, Peter – noch nicht«, sagte Finn. »Du bist wie ein Stehaufmännchen, nicht kleinzukriegen. Und das bewundere ich an dir, Junge. Aber vielleicht gibt es da einen Unterschied zwischen dem, was andere dir antun, und dem, was du dir selbst antust. Vielleicht hab ich mit meiner Hypothese ja völlig falschgelegen.«
    »Was … « Peters Mund war so trocken, dass er nur mit Mühe weitersprechen konnte. »Wovon zum T-Teufel reden Sie?«
    »Nun, ich habe nachgedacht«, erklärte Finn. Er griff in den Tornister und brachte eine durchsichtige, mit Wasser gefüllte Plastikflasche zum Vorschein. Offenbar hatte man die Flasche zum Kühlen in den Schnee gestellt, denn es waren zitternde Kondenswassertröpfchen daran, die der Schwerkraft folgten und an dem Plastik entlang auf Finns Finger tropften. »Es gibt Druck von außen – durch Folter, Umwelteinwirkungen und so weiter – , und es gibt Druck, unter den man sich selbst setzt.«
    Peter hörte nur mit halbem Ohr zu, er konnte den Blick nicht von diesen Tropfen abwenden, von Finns Fingern, dem Eisbröckchen, das an der Oberfläche all dieses kühlen Wassers schwamm. Das Bedürfnis nach Wasser war so überwältigend, dass er sich nur mit äußerster Willenskraft zurückhalten konnte, nicht die Hand des Alten zu packen und die Feuchtigkeit daran abzulecken.
    »Ich glaube, ich habe bei meiner ursprünglichen Hypothese einen gravierenden Fehler gemacht«, fuhr Finn fort, während er die Verschlusskappe aufschraubte. »Der Überlebenswille übt einen ganz eigenen Druck aus. Bis jetzt hattest du Wände, gegen die du treten konntest, Hindernisse, die du überwinden musstest, jemanden, den du hassen konntest. Was ich dabei jedoch nicht in Betracht gezogen habe, ist, was passiert, wenn diese Wände plötzlich verschwinden.« Finn hielt ihm die geöffnete Flasche hin. »Wenn niemand mehr da ist, den du hassen kannst, außer dir selbst.«
    Er gibt mir Wasser. Die Wachen sind weg, Davey ist auch nicht da, und er will mich nicht umbringen. Mehr konnte er nicht denken. Das absurde, irrationale Gefühl grenzenloser Dankbarkeit ließ ihn beinahe in Tränen ausbrechen. Er ließ zu, dass Finn die Flasche an seine Lippen hielt und ihn im Nacken stützte, während er gierig trank. Eisiges Wasser schoss in seinen Mund und seinen Rachen hinab und detonierte förmlich in seinem leeren Magen, sodass er vor Schmerz stöhnte.
    »Langsam, Junge, nicht so schnell«, murmelte Finn beinahe zärtlich. Er nahm ihm die Flasche nicht weg, sondern redete weiter, während Peter mit großen Schlucken trank. »Also dachte ich mir: Finn, vergiss das mit den Drohungen und dem Druck. Wenn du den Jungen um sein Leben kämpfen lässt, erfährst du vielleicht trotzdem nicht, was du wissen willst.«
    »Und … das wäre?«, keuchte Peter. Er hatte die Flasche bis zum letzten Tropfen geleert und lehnte sich nun mit einem Seufzer zurück. In seinem Bauch schwappte es. Wahrscheinlich würde ihm schlecht werden, vielleicht erbrach er sogar

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