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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Esche und mit irgendeinem seltsamen Amish-Zauber gesegnet –, das Hannah auf die Stelle gelegt hatte, wo der tödliche Nagel Chris durchbohrt hatte. Ich spüre das wirklich.
    Ihre Hand wanderte zurück zu dem Stern. Jetzt, da sie sich Zeit nahm, um zu verweilen, sich zu konzentrieren, bemerkte sie ein sehr schwaches, aber deutliches Flattern, wie der Flossenschlag eines Goldfischs in einem zu großen Glas. Hannah sagte, beim Pulsnehmen müsse man aufpassen, nicht den eigenen Herzschlag mit dem der anderen Person zu verwechseln. Also drückte Ellie ihre Hand etwas fester auf die Brust der Leiche. Das flossenschlagartige Zappeln war wieder zu spüren, jetzt sogar stärker, als wäre der Zauberbeutel ein Herz, das sich mit Blut füllen wollte.
    »O!« Keuchend zuckte Ellie zurück, denn es … der Stern … »Bewegt sich«, flüsterte sie. »Du bewegst dich wirklich.« Die Worte klangen banal, aber es gab keinen Zweifel. Das Hexenzeichen hob und senkte sich: nicht durch das Auf und Ab der Lungen, die gute Luft einsaugten und schlechte ausstießen, sondern wie eine sanfte Woge, als würde etwas da unten hindurchkriechen. Ein Tier. Sie spürte, wie ihr Verstand sich auf diese Vorstellung stürzte. Eine Maus oder sogar eine Schlange. Und ihr sollte bloß keiner mit dem Einwand kommen, dass Schlangen sich bei Frost nicht rauswagten. Da musste ein Tier drin sein. Es war die einzig vernünftige Erklärung.
    Aber die Leiche ist warm, Ellie, sagte die leise Stimme in ihrem Hinterstübchen. Sie ist nicht gefroren oder eiskalt, sie ist  …
    Doch Ellie hörte nicht mehr, was die Stimme noch sagte.
    Denn aus dem Leichentuch drang ein leises Stöhnen.

26
    Es war nicht Alex.
    Ein Junge starrte Tom entgegen. Starrte durch ihn hindurch, hinauf in die rote Kuppel des Abendhimmels. Wären Blicke Geräusche, dann wäre der des Jungen Stille. Seine Augen waren leer, wirkten matt und trüb wie Steine in tiefem Wasser, ohne jeglichen Ausdruck. Das fast farblose Gesicht war zu einer Totenmaske erstarrt, sein Mund weit aufgerissen wie bei einem blutleeren Schrei. Vielleicht war er an diesem Eisball erstickt, der in seinem Mund steckte wie der Apfel im Maul eines Spanferkels, oder an dem Schnee, der beide Nasenlöcher verstopfte.
    »Neeein«, stöhnte Tom. Ein seltsames Ohnmachtsgefühl ergriff von ihm Besitz. In einer gesünderen Gemütsverfassung wäre er vielleicht froh gewesen, dass es nicht Alex war. Jede Sekunde, die er sie nicht fand – begraben in Eis, zerfetzt unter der Schneedecke, zermalmt zwischen Steinen –, bedeutete einen weiteren Augenblick Hoffnung, dass sie noch am Leben sein könnte. Diese Chuckies hatten genug Zeit gehabt. Sie hatten Alex geholt, sie ihm gestohlen, sie verschwinden lassen. Aber für ihn war es wieder genau wie damals auf der Anhöhe: Er hatte das Gefühl, die Erde würde sich heben und senken und zerbrechen, und dann keuchte er, zitterte, blickte aus tränennassen Augen auf den toten Jungen, und das helle Feuer in seiner Brust explodierte in einem Schrei: »O Gott, warum? Warum tust du das, warum, warum?«
    Tom sah rot. Er erinnerte sich nicht, dass er den Stein aufgehoben hatte, der, wie er später feststellte, gezackt war und so groß wie der Kopf einer Axt, genau richtig für seine Zwecke. Die Zeit kam kreischend, ruckelnd zum Stillstand …
    Und als er wieder zu sich kam, war es wegen der Geräusche, hart, scharf und gläsern: das gefrorene Fleisch des Jungen zerhackt, Gesicht und Schädel zerschmettert, in Stücke geborsten. Oder vielleicht war es nur Toms Verstand, der am Ende zerplatzte, das schwarze Ding in seinem Inneren, das ihn zerriss, um mit einem gequälten, leidvollen Brüllen geboren zu werden.
    »Nein, Gott, nein, nein, nein!« Auf Knien bäumte er sich auf, seine Arme sausten hinab, das Beil aus Stein durchschnitt die Luft mit einem Pfeifen, als er zertrümmerte und zerschlug und zerstörte: »Fick dich, fick dich, fick dich!«
    Warum hörte er auf? Wenn er das nur gewusst hätte. Aber plötzlich verflog dieser Ausbruch manischer Energie, all seine Muskeln begannen zu zittern und gaben nach, er konnte nicht mehr. Der Felsbrocken fiel ihm aus der Hand, und Tom kippte nach hinten, seine Lungen pumpten, der Schweiß rann ihm in Strömen über Gesicht, Hals und Brust. O Gott, er brannte. Er fummelte an seinem Parka, bis er es schaffte, den Reißverschluss nach unten zu ziehen und sich aus dieser beklemmenden Enge zu befreien.
    Natürlich war es nicht Alex. Du wusstest, dass es ein

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