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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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dir selbst dabei? Sie hatte keine Ahnung, und diese Stimme aus ihrem Hinterstübchen würde es ihr sicher nicht verraten. Mina sah sie verdutzt an, als fragte sie sich, was das ganze Theater eigentlich sollte.
    Der Stern hat sich bewegt, oder? Hatte sie sich getäuscht? Ellie kniff die Augen so fest zusammen, dass sie kleine Blitze in der Dunkelheit sah. Vielleicht war eine Wolke oder so vorbeigezogen. Die Tatsache, dass der Himmel bedeckt war und das mit der Wolke also nicht sein konnte, war … na ja, egal.
    Ach komm schon, du Riesenbaby. Sie machte die Augen wieder auf und schüttelte wütend den Kopf. Du bist durch die Krähen gelaufen. Du hast diese doofe Tür geöffnet. Also, warum stellst du dich jetzt wie ein kleines Mädchen an?
    Mit zitternden Händen hob sie ihr Gewehr auf und umklammerte es fest, quetschte die Angst aus ihrem Körper. Ihre Beine waren weich wie verkochte Nudeln, also krabbelte sie auf Händen und Knien zu der Palette und betete dabei immer und immer wieder in ihrem Kopf herunter: Tom könnte das, Alex täte es auch, Tom könnte das, Alex täte  … Aber die ganze Strecke über blieb ihr Blick auf den Boden geheftet, sie wagte nicht, zu der Leiche zu sehen, zu dem Sack … noch nicht. Stattdessen rieb sie ihren Kopf an Minas Schulter, so sanft wie der Hund immer ihre Hand anstupste, wenn er getätschelt werden wollte. Mina schnüffelte an ihrem Hals und leckte ihr dann aufmunternd über die Wange, als wollte sie sagen: Hey, ist ja gut, Ellie, jeder verliert ab und zu mal die Nerven.
    »Ja.« Ihr Gesicht in Minas Schulter vergraben, legte sie die Arme um den Hals des Hundes. Dann stieß sie einen Seufzer aus und richtete den Blick erneut auf die Palette. Der rote Stern rührte sich nicht. Der Jutesack auch nicht. Da war kein Schreckgespenst. Nur ein Toter, ein menschlicher Eiszapfen.
    Plötzlich meldete sich die kleine Stimme wieder: Ja, aber was ist mit den Vögeln und Mina  …
    »Ach, sei still.« Es war ein Schatten gewesen. Ihre überdrehte Fantasie. Eine Sekunde lang stieg so etwas wie absurde Enttäuschung in ihr auf, als wäre ihre Panik nur der Anfang einer Gefühlskette, den man erst hinter sich bringen musste, um zu den echten Gefühlen zu gelangen. Wie damals, als Opa Jack dich nach Hause gebracht und nichts von deinem Papa erzählt hat, von dem du dachtest, er sei im Irak und würde frühestens in zwei Monaten zurückkommen. Aber dann hast du die Tür geöffnet, und da war er, und Opa rief: Überraschung! Doch du warst so sprachlos, dass du erst Papas Wange berühren musstest …
    »Um sicherzugehen, dass du nicht geträumt hast. Um sicher zu sein, dass er wirklich da war.« Ihre Stimme klang belegt. Schon wieder weinte sie, und das war doch wirklich dumm. Warum kann nie mal etwas Gutes passieren? Immer noch schluchzend, ohne zu wissen warum, legte sie ihre Hand auf den Stern direkt über der leichten Wölbung des Zauberbeutels. Die Leiche regte sich nicht, aber …
    Nein. Sie blinzelte, ihre Tränen versiegten schlagartig, und sie zog die Hand zurück und musterte die Handfläche wie eine Wahrsagerin, die eine Lebenslinie studierte. Nein, das gibt es nicht.
    Na ja, sagte die Stimme aus dem Hinterstübchen, du könntest es bei einem der anderen prüfen. Und dann vergleichen, nicht?
    »Das ist doch bescheuert.« Aber sie stand so rasch auf, dass ihr rechtes Knie in der Stille knackte, und ging hinüber zu einer anderen Leiche, nur eine Reihe weiter: Travis, tot … nun ja, von seinem Leid erlöst, wie Hannah es gern nannte … erst vor einem Monat. Behutsam legte Ellie ihre Hand auf den Jutesack und den Zauberbeutel darunter. Die rote Farbe des sternförmigen Hexenzeichens war von Rissen durchzogen wie ein ausgetrocknetes Flussbett. Travis lag ruhig da. Und er war sehr, sehr kalt. Kalt wie ein Stein, wie Schnee. Wie Eis. Genau wie Rudy daneben und Mrs Rehymeyer zwei Reihen weiter.
    Sie sind alle kalt. Ellie kehrte zurück zu der letzten und frischesten Leiche, legte die Hand auf den Stern. Sie sind Eisklötze. Aber dieser hier ist  …
    »Warm.« Der Schock ging ihr durch Mark und Bein. »Du bist warm.« Nicht heiß oder fiebernd, nicht mal normal warm wie sie. Aber der Unterschied zwischen dieser Leiche und den anderen … Das ist keine Einbildung. Mit den Fingern tastete sie die Wölbungen und Vertiefungen seiner Rippen ab, las seine Brust wie eine Blinde die Brailleschrift. Weiter unten, direkt unter der letzten Rippe, erfühlte sie ein Stück Wundholz – von einer

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