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Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Mann, das war echt langsam. Ob das gut oder schlecht war, wusste sie leider nicht, aber sie kam zu dem Schluss: Hauptsache, er lebt . Seine Augäpfel rollten immer noch unter den geschlossenen Lidern hin und her, doch sein Atem ging jetzt ruhiger, er japste nicht mehr und war auch nicht mehr so blass.
    Ich werde ihn ziehen. So hatte sie es sich überlegt. Sie holte sich mehrere Kissen von den Leichen, musterte Chris kritisch und versuchte, die Fallhöhe abzuschätzen, dann drapierte sie die Kissen so, dass er einigermaßen weich darauf landen müsste. Sie schüttelte zwei Jutesäcke aus, breitete sie über die Kissen und kletterte wieder hoch zu Chris. Nun ging sie in die Hocke, packte ihn unter den Achseln und zerrte ihn in eine halb liegende Position auf ihren Schoß. Seine Arme waren schwer, aber nachgiebig, die Hände baumelten leblos herab wie die Beine einer toten Spinne. Chris’ Kopf drehte sich zur Seite und kippte dann schlaff nach hinten, sodass sie das schwache, aber gleichmäßige Pulsieren seiner Halsschlagader sehen konnte. Die Ringe unter seinen Augen waren jetzt eher blau als grau.
    »Okay«, sagte sie sich. Mit mehreren Anläufen schaffte sie es, ihn Stück für Stück zum Rand zu bugsieren, wobei sie mit den Füßen zu ertasten versuchte, wann sie das Ende der Palette erreichten. Chris war viel schwerer, als sie gedacht hatte. Ellie brach der Schweiß aus, ihr Atem ging stoßweise. Mit aufmunterndem Schwanzwedeln verfolgte Mina, wie sich das Mädchen mit einer weiteren gigantischen Kraftanstrengung rücklings dem Rand näherte …
    Da trat ihr rechter Fuß ins Leere. Nach Luft schnappend kippte sie weg, während Chris’ ganzes Gewicht plötzlich auf ihrer Brust lastete; in ihrem linken Knie, das sie noch immer gebeugt hatte, um Chris Halt zu geben, explodierte ein jäher Schmerz, und sie fiel seitlich von der Palette. Mit dem Rücken schlug sie hart auf den Kissen auf, die Beine ungelenk gespreizt wie eine Ballerina bei einem völlig misslungenen Spagat. Der Aufprall raubte ihr den Atem, Schmerz tobte in ihren Lenden. Chris lag fast mit seinem ganzen leblosen Gewicht quer über ihrem Brustkorb. Doch immerhin war er, die Knie leicht angewinkelt, zum größten Teil von der Palette heruntergerutscht. Ellie wand sich unter ihm hervor. Als sie sich aufrappelte, durchfuhr ein schmerzhafter Stich ihr linkes Knie, aber hinken konnte sie noch, und das genügte.
    Okay, jetzt aber flott! Nachdem sie auch Chris’ Beine heruntergehievt hatte, rückte sie ihn auf dem Jutesackschlitten zurecht und drapierte alle verbliebenen Säcke und ihren Mantel um seinen Körper. Dann ging sie zu seinem Kopf, wickelte die Enden der Säcke um ihre Fäuste und begann zu ziehen, legte all ihr Gewicht hinein. Und da bewegte er sich – nicht viel, aber die Säcke rutschten knirschend über den Steinboden, und auf einmal war Chris’ Kopf ein paar Zentimeter näher an der Rampe als noch wenige Sekunden zuvor. Ächzend und schnaufend und mit Mina an ihrer Seite, zog sie Chris den ganzen Weg bis zur Schiebetür, die sie diesmal offen gelassen hatte. Direkt dahinter hatten sich Krähenschwärme versammelt, aber sie wichen in einem schwarzen Wirbel zurück, als Ellie den Jutesackschlitten auf den Schnee hinauszog. Von da an ging es leichter. Während sie Chris nach links in Richtung Bella zerrte, fasste sie den Sattel ins Auge. Ich muss ihn so nah wie möglich hinziehen, dann auf den Bauch drehen und ihm einen kräftigen Schubs geben, um seinen Oberkörper über den Sattel zu kriegen …
    Von einem Moment auf den anderen verstummten die Krähen. Völlig abrupt, als hätte jemand die Tonspur abgeschaltet. Was ist los? Im ersten Moment dachte Ellie, dass mit ihren Ohren etwas nicht stimmte. Aber dann hörte sie Mina hecheln und ihren eigenen keuchenden Atem und das dröhnende Klopfen ihres Herzens. Oje. Ihr sträubten sich die Nackenhaare. Sie verharrte noch immer in geduckter Haltung, aber jetzt ließ sie die Säcke los und richtete sich auf. Der Schnee unter ihren Stiefeln gab ein ängstliches Quietschen von sich. Chris, fest in die Stoffsäcke eingewickelt, stöhnte leise auf.
    Wie auf Kommando erhoben sich sämtliche Krähen in die Lüfte, und einer riesigen, geräuschlosen Gewitterwolke gleich stoben sie von der Schneefläche vor dem Totenhaus davon. Das erinnerte Ellie so sehr an den Tag, als alles zugrunde ging, dass sie unwillkürlich die Arme über den Kopf schlug und kreischte: »Nein, nein, nicht schon wieder!« Doch der

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