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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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Grandpa Frederick und auch nicht braun wie Granny Addies, sondern leuchtend hellblau. «Deine Mutter hat dir wohl gar nichts erzählt?»
    Clemmie spitzte die Ohren. «Über Granny Addie?» Diese Tabletten … Ihr gefiel das nicht. Überhaupt nicht.
    Tante Anna presste die Lippen zusammen. «Das ist wieder mal typisch Marjorie.» Sie tippte mit dem Fuß im Prada-Schuh immer wieder auf Granny Addies Axminster-Teppich. «Ich kann’s einfach nicht glauben, dass sie dir nichts gesagt hat.»
    «Was denn?», fragte Clemmie erschrocken.
    Tante Anna legte ihr die Hand auf den Arm. «Wann gehst du morgens in die Kanzlei?»
    «Halb zehn», antwortete Clemmie automatisch. «Meistens. Warum?»
    Tante Anna verdrehte die Augen. «Ich muss wahrscheinlich froh sein, dass du nicht bei einer Bank bist. Also gut. Komm morgen früh so gegen acht bei mir vorbei. Die Adresse hast du?»
    «Hm, ja, ich glaube schon.» Ihre Mutter sah mit Glubschaugen zu ihnen herüber. Wenn es um Granny Addies Zustand ging, dann wollte Clemmie es sofort wissen.
    «Gut. Dann können wir reden. Ohne beobachtet zu werden.» Sie bedachte Clemmies Mutter mit einem strahlenden Lächeln und einem kleinen Winken als Zugabe. Mutter sah nicht erfreut aus. «Morgen dann.»
    «Tante Anna …» Aber ihre Tante schwebte schon in ihrer Parfümschwade davon. «Ach, verdammt.»
    Vom anderen Ende des Raums blickte sie zu Clemmie zurück.
Morgen früh
, sagte sie lautlos, das Wort mit den Lippen formend.
    Und Clemmie nickte.
     
    Typisch Tante Anna, ohne etwas Drama ging bei ihr nichts.
    Verspätet und verärgert humpelte sich Clemmie mit der offenen Blase an der Ferse zu Tante Annas Wohnung durch, die ganz drüben in der East End Avenue lag, in der Nähe des Asphalt Green Parks, ungefähr so weit entfernt von Granny Addie, wie es ging, ohne auf eine Upper-East-Side-Adresse verzichten zu müssen. An der fünften Tür einen langen, schmalen Gang hinunter läutete Clemmie, energischer als nötig.
    Doch nicht Tante Anna öffnete ihr.
    «Was tust du denn hier?», fragte Clemmie.
    «Dir auch einen schönen Morgen», sagte Jon. Er trug Boxershorts mit Schneemännern darauf und ein ausgeleiertes T-Shirt mit dem schon rissigen Schriftzug
Yale University
. Seine Beine waren nackt und dünn behaart. So viel hatte Clemmie von Jon nicht mehr zu sehen bekommen, seit sie in Kindertagen im Schwimmbecken des Landhauses von Tante Annas viertem Mann herumgetobt hatten. «Anna lässt mich hier wohnen, bis ich was Eigenes finde.»
    «Ach ja», sagte Clemmie langsam. Er hatte am vergangenen Abend erzählt, dass Caitlin das Haus behalten hatte. Clemmie fragte sich, ob sie ihn rausgeschmissen hatte. «Das hatte ich ganz vergessen. Columbia.»
    «Genau», sagte Jon und holte zu einer schwungvollen Geste aus, die an Sir Walter Raleigh erinnerte. «Möchtest du reinkommen, oder willst du meine beruflichen Aussichten lieber hier zwischen Tür und Angel diskutieren?»
    «Reinkommen», antwortete Clemmie und drängte sich an ihm vorbei. «Keinesfalls möchte ich deine Unaussprechlichen länger als nötig dem Auge der Öffentlichkeit aussetzen.»
    «Das sind Schneemänner.» Jon schloss die Tür hinter ihr und sperrte ab. «Und an ihnen ist nichts Unaussprechliches.»
    Clemmie hielt es für klüger, Schluss zu machen, solange sie, zumindest dem Anschein nach, noch die Oberhand hatte. Sie nahm ihren rotbraunen Kaschmirschal ab. «Ist Tante Anna da? Wir sind verabredet.»
    Jon zog beide Brauen hoch. «Ich habe mir gleich gedacht, dass du nicht gekommen bist, um meine Wenigkeit zu sehen. Oder meine Schneemänner.» Clemmie spürte, wie sie rot wurde, das Elend der Hellhäutigen. Bevor sie kontern konnte, sagte er: «Anna schläft noch. Im Moment wirst du also mit mir vorliebnehmen müssen.»
    «Oh.» So viel zu
morgen gegen acht
. «Glaubst du, sie schläft noch lang?» Im Büro häufte sich die Arbeit.
    Jon schnitt ein Grimasse. «Sie hat gestern eine Schlaftablette genommen. Da wird sie so schnell nicht wieder ansprechbar sein.»
    Ihre Mutter hätte jetzt gesagt, sie habe es nicht besser verdient, wenn sie im Ernst geglaubt hatte, sich auf Tante Anna verlassen zu können. Clemmie kam sich vor wie eine komplette Idiotin, so wie sie hier in Tante Annas Flur stand, ihren Schal in der Hand, ihren Mantel zur Hälfte aufgeknöpft. «Hör mal, Jon, wenn Tante Anna dir irgendwas über Granny –»
    «Gib mir den», sagte Jon, nahm ihr den Schal ab und hielt ihr die andere Hand hin, um sich den Mantel geben zu

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