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Ashford Park

Ashford Park

Titel: Ashford Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Willig
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Addie hatte den Eindruck, dass er gar nicht mehr anwesend war und dass sich alles Vergnügen, das er vielleicht an ihrer Gegenwart gehabt hatte, verflüchtigt hatte.
    Auf einem Eisengitter zwitscherte ein Vogel. Auf der Straße rumpelte ein Omnibus vorbei.
    Addie holte Atem. «Bitte sagen Sie es nicht weiter, aber ich muss es einfach jemandem erzählen, sonst platze ich. Ich habe eine Arbeit. Na ja, eine richtige Arbeit ist es nicht, mehr eine unbezahlte Lehrstelle, auf Probe, aber es ist immerhin
etwas

    «Lassen Sie mich raten», sagte Captain Desborough. «Sie haben eine Anstellung in einem Modehaus. Nein. Warten Sie. Als Klatschreporterin bei einem Boulevardblatt.»
    Addie schüttelte den Kopf. «Nein, nichts dergleichen. Ich könnte einen Kleiderschnitt nicht vom anderen unterscheiden. Und der Klatsch wäre längst abgestanden, bevor er bei mir ankommt.»
    «Wo dann?», fragte er unbewegt.
    Die letzten Sonnenstrahlen, die über die weißen georgianischen Häuser fielen, trafen direkt ihre Augen. Sie hob eine Hand zu ihrer Hutkrempe. «Bei der
Bloomsbury Review
», sagte sie mit Genugtuung.
    «Donnerwetter.» Captain Desborough fragte nicht, wie Marcus das getan hätte, was das sei. Er zog die Augenbrauen hoch, eher neugierig als schockiert. «Bei der
Bloomsbury Review

    «Na ja, sie hat noch nicht den Ruf wie der
Mercury
, aber die Leute dort sind alle unheimlich interessant», erklärte Addie. «Die meisten sind neuere Autoren und Kritiker, Leute, die es nicht in den
Mercury
schaffen. Ich weiß, dass es dafür die
Wheels
gibt, aber die kommt nur einmal im Jahr heraus und bringt nur Lyrik. Wir machen auch Kurzgeschichten, Besprechungen, Philosophie und, ach, alles Mögliche.»
    «Subversive Lektüre für eine junge Dame. Weiß Ihre Familie, dass Sie so etwas lesen?»
    Addie tanzte praktisch die Straße entlang. «Ich werde es nicht nur lesen. Ich werde es redigieren. Na ja, wenn ich Glück habe. Die meiste Zeit werde ich wahrscheinlich Tee kochen und solche Sachen. Wie es sich für den jüngsten Lehrling eben gehört.»
    «Ist Bloomsbury nicht ein bisschen weit vom Schuss?»
    «Für mich nicht.» Sie dachte an das schmale Haus in der schmalen Straße, von der Erinnerung in rosiges Licht getaucht, und an den Duft von Plätzchen und Pfeifenrauch. Im Lauf der Jahre war das Bild flach und blass geworden, bis es nur noch aussah wie die pastellfarbene Illustration eines Kinderbuchs. «Ich bin in Bloomsbury aufgewachsen. Ganz in der Nähe vom Russell Square.»
    Er sah sie an, sah sie richtig an, plötzlich interessiert wie ein Kunstexperte, der feststellt, dass ein Bild, das man ihm gezeigt hat, spannender ist, als er zunächst angenommen hatte. «Ich dachte, Sie wären eine echte Gillecote. Die Familie ist ja nicht unbedingt …»
    «Sie sind wahnsinnig konventionell, ich weiß», stimmte Addie zu. «Pferde und Fuchsjagden und Diener bei Tisch. Mein Vater war das schwarze Schaf der Familie. Er hat sich in eine Romanschriftstellerin verliebt und ist mit ihr durchgebrannt. Mein Onkel und meine Tante fanden das natürlich unmöglich.»
    «Ja», murmelte Captain Desborough, «das kann ich mir vorstellen. Wer war die Schriftstellerin?»
    «Helen Layton. Sie hat unter H. R. Layton geschrieben.»
    Er blieb verblüfft stehen. «Sie stecken wirklich voller Überraschungen.»
    Addie versuchte, wie eine berühmt-berüchtigte Bohemekünstlerin auszusehen. Hoffentlich merkte er nicht, dass nichts von dem Ruhmesglanz ihr wirklich zustand. Natürlich war es schick, eine Mutter zu haben, die skandalumwitterte Romane geschrieben hatte. Es waren jedoch so wenig Addies Romane, wie die Artikel in der
Bloomsbury Review
ihre Artikel sein würden. Aber vielleicht strahlte ja etwas ab …
    Er ging weiter, das Buch locker in der leicht schwingenden Hand. «Sie haben nicht zufällig einen Onkel namens Picasso?»
    Er hatte nicht mehr den etwas gönnerhaften Ton wie am Anfang. So, wie er jetzt mit ihr sprach, klang es leicht und scherzend, beinahe, als ob … Flirtete er etwa mit ihr? Addies Herz klopfte schneller vor Aufregung und bangem Zweifel.
    «Nein, und ich habe auch keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen zu den Tänzern im Russische Ballett», gab sie im gleichen scherzhaften Ton zurück. «Es sind nur meine Eltern. Mein Vater hat auch geschrieben, geschichtliche Bücher.»
    ‹Umstürzlerisch› nannte Tante Vera sie, allerdings nicht im Beisein von Onkel Charles. Onkel Charles ließ nicht zu, dass jemand etwas gegen

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