Assassine - Hüterin des Drachenbaums (German Edition)
vielerlei Hinsicht nicht einfach werden, denn schließlich sind unsere neuen Feinde die Freunde aus vergangenen Tagen.«
Neue Wege
ri und ihre Gefährten standen reglos da. Das Brüllen, das aus einer anderen Zeit zu stammen schien, schwoll nochmals an. Die Dunkle straffte sich. Am Rande des Abgrunds, in den der letzte Tropfen der Essenz ihrer liebsten Dinge gefallen war, entstand eine Respekt einflößende Bewegung. Die Luft flirrte und ein mächtiger Schädel schob sich in den Sichtbereich der Gefährten. Er war so groß wie eine Kutsche und das Maul konnte sicher mit Leichtigkeit ein ganzes Pferd verschlingen. Es war mit weißen Zähnen gesäumt, die lang und spitz wie Kurzschwerter waren. Dicke Schuppenplatten bedeckten den monströsen Kopf. Zwei gigantische Hörner, die wie Korkenzieher gewunden waren, ragten über dem Schädel auf. Die beiden Augen wanderten mit ungeduldig stechendem Blick über die Umgebung. Schwarze Reptilienpupillen wurden von einer goldenen Iris eingerahmt. Nervös zuckten sie hin und her, doch als sie die Gruppe erblickten, verengten sie sich und taxierten die Anwesenden. Der Kopf stieg höher über den Rand und der lange Hals schien kein Ende zu nehmen. Der Körper schillerte in einem intensiven Rot, wie es Ari bis jetzt noch nie gesehen hatte. Er strahlte auf eine seltsame Art von innen heraus, sodass es für das Auge schwer war, seine Konturen richtig zu erfassen. Die Nüstern blähten sich unablässig. Sie sogen die stickige Luft ein und stießen sie mit einem donnernden Grollen wieder aus. Eine gigantische Pranke erschien und schlug goldfarbene Krallen in den Stein. Tiefe Furchen entstanden da, wo sie entlangkratzten, als bestünde der harte Granit nur aus ranziger Butter. Der massive Fels splitterte unter der kraftvollen Berührung des Wesens. Eine zweite Pranke erschien und zerstörte einen Teil der Rinnen, durch die vorher die Opferessenz geflossen war. Der massige Körper wurde nun langsam in die Höhe gedrückt. Dieses Ungeheuer aus längst vergangenen Zeiten richtete sich zu voller Größe auf und warf den Kopf in den Nacken. Wieder ein Brüllen, das die Erde erzittern ließ und die Gefährten mit seiner Lautstärke regelrecht lähmte. Sie hielten sich die Ohren zu, um vor dem unglaublichen Lärm ein wenig geschützt zusein. Zwei titanische Schwingen wurden ausgebreitet und schlugen dreimal vor und zurück. Der so entstandene Sturm fegte Ari fast von den Beinen. Sie wusste genau, was sich da vor ihnen aufgebaut hatte und missmutig auf sie herabstarrte. – Ein Drache!
Aus den alten Geschichten ihres Volkes wusste Ari, dass dieser zu den Ältesten in ganz Tiro gehören musste. Seine goldenen Krallen und der strahlende Körper verrieten es ihr. Die Assassine erlangte als Erste ihre Beherrschung zurück. Zorn blitzte in ihren Augen auf und sie fixierte Argo. Mithilfe ihrer Magie erschien sie augenblicklich hinter dem Erzmagier, der mit weit ausgebreiteten Armen dastand, den Kopf in den Nacken gelegt. Sie packte den Schädel des Zauberers mit einer Hand und zog ihn zur Seite, gleichzeitig legte sie einen Arm um seinen Hals. »Du hast uns hintergangen, alter Mann. Wir haben einen Drachen erweckt und nicht den Großmeister des Ordens. Mach dich bereit, deinen Göttern entgegenzutreten«, zischte die Assassine dem überraschten Argo ins Ohr. Ihre Muskeln spannten sich, um das Genick des Greises zu brechen.
Unvermittelt jedoch vernahm sie eine Stimme direkt in ihrem Kopf. Sie war weich, warm und ein beruhigender Unterton schwang in ihr mit: »Halte ein, Enrai, ich bin nicht dein Feind, auch wenn dein Volk und meinesgleichen einstmals Todfeinde waren.«
Ari verharrte mitten in der Bewegung und starrte über Argos Schulter den Drachen an. Dieser legte die Flügel an den Körper und fixierte die Assassine. Es lag nichts Böses oder Hinterhältiges in seinen Augen, eher Freundschaft und Barmherzigkeit. Sie spiegelten unendliches Wissen und Weisheit wider. Ari wusste nicht, was sie denken sollte, fühlte aber, dass der Drache die Wahrheit sprach. Sie lockerte den Griff um Argos Hals und ließ ihn gehen. Ihr war nicht ganz wohl, dass sie gerade ihr einziges Druckmittel hatte laufen lassen. Der Erzmagier ging zu der mittlerweile kampfbereiten Gruppe und hob beschwichtigend die Hände. Einige kurze Worte wurden gewechselt und die Gefährten verließen mit Argo die gewaltige Felsenhöhle.
Seltsamerweise verspürte Ari keine Angst. Die Stimme in ihrem Kopf bat sie, sich in die Mitte des
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