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Assassino

Assassino

Titel: Assassino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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können.«
    »Dann muss sich Bernie wohl mit seinen Nachforschungen beeilen.« Bergman drückte eine Taste unter der Armlehne seines Rollstuhls, und wenige Sekunden später stand sein Assistent im Raum.
    Kati überließ die beiden Männer ihrem Vorhaben, in das sie sowieso nicht viel Hoffnung setzte.
    Ihr blieb nur eine Wahl: Sie musste Ilyas begleiten.

Das Geschenk
    Kati schreckte hoch. Durch die leicht geöffneten Vorhänge fiel ein Streifen Sonnenlicht ins Zimmer.
    Wie spät war es?
    Sie griff nach dem Wecker. Neun Uhr!
    Sie hatte verschlafen!
    Mit einem Satz war sie aus dem Bett und im Bad. Nach den ganzen durchwachten Nächten der letzten Tage hatte sie auch diesmal damit gerechnet, nur schwer in den Schlaf zu kommen, und deshalb darauf verzichtet, den Wecker zu stellen. Doch kaum hatte sie sich auf dem Bett ausgestreckt, fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf, aus dem sie kein einziges Mal erwacht war.
    Nach einer Katzenwäsche lief sie nach unten. Seamus schenkte sich gerade einen Kaffee ein.
    »Hast du Ilyas gesehen?«, bestürmte sie ihn.
    Der Ire, überrascht von ihrer Vehemenz, machte einen Schritt nach hinten und hätte sich beinahe den Kaffee auf die Hose geschüttet. Nur eine schnelle Bewegung bewahrte den edlen Stoff vor der Beschmutzung.
    »Potz Blitz!«, rief er. »Was ist denn in dich gefahren?«
    »Ilyas!« Sie hätte Seamus am liebsten gepackt und geschüttelt. »War er schon unten?«
    »Der Junge ist vor einer Stunde abgehauen, als wenn tausend Furien hinter ihm her wären«, erwiderte er. Er warf einen prüfenden Blick auf seine Hose und stellte die Kaffeetasse sicherheitshalber auf dem Tisch ab.
    »Oh nein!« Kati brach am Tisch zusammen und trommelte mit den Fäusten auf die Platte. »Ich hab es versaut!«
    Seamus studierte noch immer seine Hose. »Du hättest ihn eh nicht aufhalten können«, bemerkte er beiläufig.
    »Aber ich hätte es wenigstens versucht.« Kati packte einen Salzstreuer und schleuderte ihn mit voller Wucht gegen die Wand. Das kleine Glasgefäß prallte zurück und landete unbeschädigt auf dem Teppich vor den Füßen des Iren.
    »Nicht mal das kriege ich hin.« Kati lachte bitter.
    Seamus hob den Salzstreuer auf und betrachtete ihn gegen das Licht, so als sähe er so etwas gerade zum ersten Mal. »Geschliffenes Glas«, sagte er. »Und dick. Das hält was aus.«
    Er stellte das Gefäß zurück auf den Tisch. Dann fasste er Kati, die ihr Gesicht wieder in ihren Händen vergraben hatte, am Arm. »Komm mit. Frische Luft wird dir guttun.«
    Kati schüttelte seine Hand ab. »Lass mich.«
    Aber so einfach ließ sich Seamus nicht abschütteln. Mit sanftem Druck schob er sie zur Tür hinaus. Die Fenster in den oberen Stockwerken der gegenüberliegenden Häuser glitzerten in der Sonne und eine leichte Brise wehte vom Bosporus her. In der Luft lag die feine Feuchtigkeit, die der Wagen der Straßenreinigung hinterließ, der jeden Morgen durch das Viertel kurvte.
    »Ahhh.« Seamus sog den Duft des frischen neuen Tages ein. »Ist es nicht wunderbar zu leben?«
    Kati starrte vor sich hin. Sie wusste, dass der Ire sie aufheitern wollte, doch sie sah nur schmutzige Grautöne. Selbst der blaue Himmel erschien ihr stumpf und farblos.
    Sie folgte Seamus durch das erwachende Viertel hinunter bis zur Galatabrücke, die das Goldene Horn überspannte und deren obere Fahrbahn wie üblich von Hunderten von Autos verstopft war. Mechanisch stieg sie hinter ihm die Treppen zur Ebene darunter hinab, und als er an einem der zahlreichen Cafés stehen blieb, die einen Blick auf den Bosporus boten, setzte sie sich ebenso mechanisch hin.
    Fährboote durchpflügten das Wasser auf dem Weg zur asiatischen Seite oder in Richtung Schwarzes Meer, und im Hintergrund erhoben sich aus dem Dunst die Pfeiler der Brücke, die Europa und Asien miteinander verband. Wie ein zerfaserter Vorhang baumelten vor dem Fenster die Schnüre der Angler herab, die auf dem Oberdeck der Brücke standen und versuchten, sich ein Mittagessen zu fangen.
    Kati sah das alles zwar, nahm es aber nicht wirklich wahr und bemerkte kaum, dass ein Kellner ihnen ohne zu fragen zwei Gläser Tee und eine Schale mit Baklava hinstellte.
    Seamus nahm eine der Süßigkeiten und biss davon ab. »Mmmhh«, schwärmte er. »Wenn ich in dieser Stadt leben würde, dann wäre ich nach einem Jahr wahrscheinlich von Faruk Sen nicht zu unterscheiden.«
    Das riss Kati aus ihrer Starre. Sie legte den Löffel weg und sah ihm in die Augen.
    »Ich bin am Ende,

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